Bundesliga

Debütant Röhl: Streichs Lob nach komplizierter Anfangszeit

Freiburgs Sommerzugang: "Es hat alles ein bisschen gedauert bei mir"

Debütant Röhl: Streichs Lob nach einer komplizierten Anfangszeit

Merlin Röhl feierte in Gladbach sein Bundesliga-Debüt.

Merlin Röhl feierte in Gladbach sein Bundesliga-Debüt. picture alliance / SVEN SIMON

Es hätte ein absoluter Traumeinstand werden können. Beim 0:0 in Gladbach lauerte Merlin Röhl in der 89. Minute am langen Pfosten auf den mutmaßlichen Siegtreffer, doch eine gute Hereingabe von Nicolas Höfler konnte Alassane Plea gerade noch vor dem Freiburger Debütanten zur Ecke klären.

Er hat es sich im Training verdient.

Christian Streich

Dennoch war es eine beachtliche Premiere für den 20-Jährigen, der in der 77. Minute für Maximilian Eggestein eingewechselt wurde. "Er hat es sich verdient im Training. Jetzt haben wir ihn gebracht - auch beim Stand von 0:0 in so einer heißen Atmosphäre. Das ist mir egal. Er hat Präsenz auf den Platz gebracht und seine Dynamik gezeigt. Ich gratuliere ihm herzlich", betonte Christian Streich, wie sehr ihn Röhls jüngste Entwicklung überzeugt hat.

Bis zu diesen ersten Glücksmomenten auf der großen Bundesligabühne musste Röhl allerdings eine komplizierte Anfangszeit im Breisgau überstehen. Es war Mitte August 2022 zwar intern der klare Plan, den Mittelfeldspieler behutsam und ohne Druck, vornehmlich im Training und in den Drittligapartien der U 23, an den Freiburger Fußball heranzuführen. Doch durch die Sockelablöse von etwa 2,9 Millionen Euro, die der SC an Drittligist Ingolstadt für den zuvor auch intensiv von Gladbach Umworbenen zahlte, konnte sich Röhl nicht unbeobachtet unter die anderen Talente mischen.

Der Körper setzte dem Ehrgeiz ein Stoppschild

"Es hat alles ein bisschen gedauert bei mir, ich musste mich an die neuen Spielsituationen gewöhnen und an das Training, die Intensität ist höher", sagte Röhl Mitte Januar, als er im Gespräch mit dem kicker seine ersten fünf Monate im neuen Verein rekapitulierte. Auch wenn kein Verantwortlicher rasche Einsatzzeiten bei den historisch erfolgreichen SC-Profis vom jungen Neuling erwartete, wollte sich dieser so schnell wie möglich Streich empfehlen. Röhl musste allerdings seinem großen Ehrgeiz Tribut zollen, der Körper setzte ein Stoppschild.

Auch deutlich erfahrenere SC-Zugänge offenbarten in den vergangenen Jahren immer wieder physische Anpassungsprobleme. "Das hat man bei mir gesehen, ich war viel verletzt. Ich hatte zu Beginn etwas Überlastungsprobleme, weil ich mich viel zeigen wollte, viel zusätzlich trainiert habe, vielleicht ein bisschen zu viel", erzählte Röhl: "Ich habe mich zunächst durchgebissen, kurz vor einem Spiel mit der U 23 dann aber gemerkt, dass es nicht mehr ging und eine Pause jetzt das Richtige ist."

Mentaltrainer im Fußball sind "wichtig und nötig"

Die dauerte, vor allem wegen Rückenbeschwerden, gute zweieinhalb Monate. Eine zusätzlich komplizierte Zeit, da der gebürtige Berliner, ohnehin in Deutschland fast maximal weit weg von der Familie im Potsdam, aufgrund des schwierigen Freiburger Wohnungsmarktes die ersten drei Monate im Hotel wohnen musste.

Die Distanz zur Heimat kennt Röhl zwar schon, seit er mit 16 Jahren ins Ingolstädter NLZ wechselte. Dennoch tauscht er sich neben den Gesprächen mit Familie, Freunden und seinen Beratern auch regelmäßig mit einem Mentalcoach aus. "Gerade junge Spieler sind offener für dieses Thema, treiben es voran. Manche sind mental so stark und brauchen es nicht. Das ist schön für sie. Aus meiner Sicht sind Mentaltrainer im Fußball aber wichtig und nötig", findet Röhl.

Mein Traum ist es, ein Box-to-Box-Spieler zu sein.

Merlin Röhl

In der Winterpause fand er eine Wohnung, seit dem Trainingslager im Januar ging es auch sportlich bergauf. Die beiden Testspiele in Spanien gegen Basel und den HSV waren seine ersten Einsätze im Profiteam. Da half der 1,92-Meter-Mann als Innenverteidiger aus, im Mittelfeldzentrum sieht sich der Rechtsfüßer am besten aufgehoben, gerne in offensiver Rolle.

"Mein Traum ist es, irgendwann ein Box-to-Box-Spieler zu sein. Ich habe zurzeit in beiden Bereichen noch Defizite, an denen ich arbeite, ob es der Abschluss ist, das Verteidigen oder Kopfballduelle", beschreibt Röhl sein aktuelles und das gewünschte Profil: "Ich denke, dass ich in Zukunft die Stärken einbringen kann, mit einem hohen Laufpensum in die Box zu gehen, aber auch mit guter Mannorientierung zu verteidigen."

Vorbild Höfler

Vieles versucht er sich beim im SC-Zentrum gesetzten Höfler abzuschauen: "Chicco hat so viel Erfahrung und ist bei vielen Dingen ein Vorbild: Vororientierung, Ruhe am Ball, das Lösen von schwierigen Situationen, das Abdrehen mit dem gegnerfernen Fuß, wobei er immer den Ball beschützt und er gewinnt auch sehr viele Kopfballduelle."

Seine Ablöse betrachtet Röhl differenziert

Röhl, der in Ingolstadt sein Abitur bestand, ist ein unaufgeregter Zeitgenosse und hat seine Situation mit einer für sein Alter bemerkenswerten Reife analysiert. Auch die für ihn gezahlte Ablöse betrachtet er differenziert: "Ich bin überzeugt, dass ich was kann und Potenzial habe. Ich möchte weiter hart arbeiten und so weit wie möglich damit kommen, aber nicht denken, was ein Verein für mich ausgegeben hat und ob meine Aktionen auf dem Platz dem gerecht werden. Es ist trotzdem schön, wenn ein Verein einen unbedingt haben möchte und bereit ist, dafür eine Ablöse zu bezahlen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass die Freiburger das gemacht haben und ich beim SC gelandet bin."

Den eigenen Druck hatte er im Januar schon runtergefahren. "Für die Rückrunde ist mein einziges Ziel, gesund zu bleiben und gut zu trainieren. Davon kann der Rest kommen, den ich mir schon für die Hinrunde gewünscht habe." In Gladbach ist Röhl der erste Schritt in diese Richtung gelungen. Nun gilt es beharrlich, aber geduldig dranzubleiben und auch künftige Spiele bei der U 23 für die eigene Entwicklung zu nutzen. Drei stabile Auftritte in der 3. Liga im Januar und Februar hatten schließlich den Weg zum Einsatz am Samstag geebnet.

Carsten Schröter-Lorenz

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