Bundesliga

Hertha-Trainer Pal Dardai: "Offensiv war es zu dünn"

Hertha arbeitet die Derby-Pleite auf - Darida fehlt weiter

Dardai: "Offensiv war es zu dünn"

Kündigte nach der Derbyniederlage einen "ehrlichen Dialog" an: Hertha-Trainer Pal Dardai. 

Kündigte nach der Derbyniederlage einen "ehrlichen Dialog" an: Hertha-Trainer Pal Dardai.  imago images

Den "ehrlichen Dialog", den Pal Dardai mit Herthas Profis nach jedem Spiel führt, erlebt der Ungar auch im Privatleben. Eine Niederlage im Derby, die zweite im fünften Bundesliga-Duell der beiden ungleichen Klubs, sei natürlich schmerzhafter als eine Niederlage in Hoffenheim, sagte Dardai am Sonntag: "Da gehe ich raus in meinen Garten, und dann kommt der alte Nachbar mit dem Hund, und da kommt gleich die böse Kritik." Weil der Herr von nebenan bei Siegen "aber gleich einen Glückwunsch" ausspricht, ist ein Umzug im Hause Dardai kein Thema.

Ein Thema ist und bleibt für die nächsten Tage dagegen der ungefährliche, in Teilen verzagte Auftritt am Samstagabend beim Stadt-Rivalen aus Berlin-Köpenick. Mit dem 0:2 war Hertha unterm Strich noch gut bedient. "Die sind momentan gut und machen es richtig gut", sagte Dardai über Union. "Wir arbeiten weiter. Wir haben uns vorgenommen, eine neue Mannschaft zu bauen und eine neue Mentalität." Rückschläge sind da eingepreist, wenn auch womöglich nicht in dieser Häufigkeit.

Vorn brauchst du diese Frische. Die war irgendwie nicht da.

Pal Dardai

Das 0:2 im Derby erinnerte Dardai in vielem an die 0:2-Niederlage bei der TSG Hoffenheim drei Wochen zuvor. Offensiv kam Hertha in beiden Spielen nicht zur Geltung. Über die Gründe rätselte Dardai am Sonntag ein wenig: "Wir haben letzte Woche nur offensiv geübt und sehr viele Abschlüsse trainiert. Trotzdem hast du (im Spiel, d. Red.) nicht viel gesehen. Ich habe die Jungs gefragt, ob wir zu viel trainiert haben. Die Mannschaft war nicht spritzig. Diese Spritzigkeit, diese Dynamik brauchst du für das offensive Spiel. Vorn brauchst du diese Frische. Die war irgendwie nicht da. Ob das wegen des Derbys war, wegen der Aufmerksamkeit, ob wir zu viel, zu wenig trainiert haben, was eigentlich nicht der Fall sein kann - da müssen wir nochmal gemeinsam einen ehrlichen Dialog führen."

Am Samstag richtete er in der Kabine nach dem Abpfiff einige Sätze an seine Spieler, am Sonntag ließ er sie in Ruhe, der Montag ist frei. "Bei der Re-Analyse" am Dienstag will Dardai "ehrlich sein" und ein Feedback des Teams hören.

Dardai hat auch die Körpersprache "nicht gefallen"

Die Themen, an denen sich Dardai und sein Staff abarbeiten, sind seit Monaten dieselben: das Suchen und Bauen einer neuen Achse, Körpersprache („Die hat mir gegen Union nicht gefallen“), Kommunikation, das Verhalten bei Standards, offensive Automatismen. Die Lernkurve ist flacher, als sich mancher im Verein womöglich erhofft hat. Aber der Trainer predigt unentwegt Geduld. "Noch nicht stabil genug" sei die Mannschaft nach unruhigen Jahren und dem neuerlichen Umbruch im Sommer: "Wenn ein Kind zum ersten Mal allein mit dem Fahrrad in die Schule fährt, fährst du als Papa auch erstmal hinterher und beobachtest - bis das Kind sagt: Papa, es reicht. Wir sind in einer Phase, wo wir noch nicht so stabil sind. Nach dem 3. Spieltag haben wir gesagt: neuer Kader, neue Mannschaft, neues System - dafür haben wir gut gepunktet."

Das 0:2 bei Union, das Herthas Chancenlosigkeit noch nicht mal angemessen widerspiegelt, lag aus Dardais Sicht "nicht am System", auch "nicht an der Mentalität". Seine Zwischenbilanz nach 13 Punkten aus zwölf Spielen: "So schlecht sind wir nicht, wenn man auf die Entwicklung seit dem 3. Spieltag schaut. Aber gestern war es offensiv nicht genug. Welcher Offensivspieler war gut bei uns? Wer hat einen oder zwei ausgedribbelt?" Die Werte - Sprints, Zweikämpfe, Laufleistung - "haben gepasst", und dennoch: "Offensiv war es zu dünn."

Ist Jovetic gegen Augsburg wieder eine Option?

Über die Flügel kamen zu wenig Aktionen, im Zentrum erfuhr Suat Serdar keine kreative Unterstützung, im Angriff castet Dardai im laufenden Betrieb, weil sich keiner der Bewerber auf der Mittelstürmer-Position bislang als Dauerlösung empfahl. Der vor der Länderspielpause gegen Leverkusen (1:1) als Neuner reüssierende Stevan Jovetic war nach einem neuerlichen positiven Corona-Test im Derby unpässlich. Ob er am kommenden Samstag gegen den FC Augsburg zurückkehrt, ist offen. "Da warten wir auf die Testergebnisse", sagte Dardai am Sonntag, "und ein bisschen trainieren muss er dann auch noch."

Abgeschrieben hat er fürs Duell gegen den Bayern-Bezwinger bereits Vladimir Darida, der an einer Verletzung am Oberschenkelknochen laboriert: "Vladi bleibt nächste Woche noch im Da Vinci (Rehazentrum, d. Red.)." Richten müssen es gegen den FCA im Wesentlichen die, denen gegen Union in Ballbesitz kaum etwas einfiel.

Steffen Rohr

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