Bundesliga

Hertha-Coach Pal Dardai: "Ein Weckruf für uns alle"

Hertha arbeitet das 0:6-Debakel auf

Dardai: "Ein Weckruf für uns alle"

Gefragter Mann am Tag nach dem 0:6: Hertha-Coach Pal Dardai.

Gefragter Mann am Tag nach dem 0:6: Hertha-Coach Pal Dardai. imago images/Matthias Koch

Nur Rune Jarstein arbeitete am Sonntagmorgen auf dem Trainingsplatz, neben sich Torwarttrainer Andreas Menger und über sich herrlichste Spätsommer-Sonne. Die Mannschaft ging laufen auf dem Gelände des Olympiaparks. Am Rande des Trainingsplatzes ordnete Pal Dardai in einer Medienrunde derweil das 0:6 vom Vortag ein, das in der Art und Weise des Zustandekommens - mal wieder - Fragen grundsätzlicher Art aufgeworfen hat. "Wir haben den Gegner selbst aufgebaut", sagte Dardai. "Und was wir für Tore bekommen haben in der ersten Halbzeit, das ist zu einfach, das geht nicht. Darüber haben wir schon hundertmal gesprochen und hundertmal gezeigt, und trotzdem kommt es wieder. Von diesen Sachen musst du natürlich lernen." Spätestens mit dem in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs kassierten 0:3 war das Spiel gelaufen, wie der Coach anmerkte: "Da brauchst du nicht viel Analyse machen, ob Fünferkette, Viererkette, Zweikampfwerte, Schnelligkeit. Da können wir tausend Sachen erzählen. Man hat gesehen, dass Bayern oder Leipzig für uns einen Tick zu viel ist."

Keine Spur von Amtsmüdigkeit beim Trainer

0:5 in München Ende August, 0:6 vier Wochen später in Leipzig: wieder 90 Minuten, die ein Monument der Berliner Wehr- und Hilflosigkeit waren. Doch während sich Dardai am Tag nach dem Bayern-Spiel ohne Not öffentlich selbst zur Disposition gestellt ("Ich hänge nicht an meinem Sitz, ich helfe gerade aus. Ich will hier keine Last sein.") und sich dafür intern und öffentlich einen Konter seines Vorgesetzten, des Sport-Geschäftsführers Fredi Bobic, eingefangen hatte ("Sein emotionaler Ausbruch war unnötig, der war nicht gut."), klang der Ungar am Tag nach dem Leipzig-Debakel aufgeräumt und klar - und ließ nicht mal Spurenelemente von Amtsmüdigkeit oder Ratlosigkeit erkennen: "Ich komme jeden Tag mit vollem Akku und motiviert zum Training und versuche, jeden Spieler zu verbessern. Ich bin auch heute mit guter Laune und vollem Elan gekommen." Geärgert, sogar gewaltig geärgert hat ihn die Darbietung gegen RB trotzdem. "Wir wollen besser sein", sagte Dardai. "So ein Gefühl wie nach dem Spiel gestern wünsche ich keinem Sportler, das ist nicht schön."

Nach den beiden Siegen gegen die Aufsteiger Bochum (3:1) und Fürth (2:1) ist Hertha zurück im Krisenmodus. "Einen absolut gebrauchten Tag" hatte Bobic - wie alle - gesehen und gesagt: "Jeder ist auf dem Platz seinen Ansprüchen ganz weit hinterhergehinkt. Wir müssen uns bei den Fans entschuldigen für den Auftritt. So einen Auftritt möchte ich in der Form eigentlich nicht mehr sehen." Dardai ging gnädiger um mit dem Team. "Diese zwei großen Niederlagen (in München und Leipzig, d. Red.), das ist schon ein Weckruf für uns alle. Diese Top-Gegner haben uns richtig weh getan." Die vor allem in der Abwehr nach den Ausfällen von Dedryck Boyata, Jordan Torunarigha, Lukas Klünter und dem für die Startelf in Leipzig eingeplanten und im Abschlusstraining wegen einer Adduktorenverletzung ausgefallenen Youngster Linus Gechter ausgedünnte Personaldecke ist einer der Faktoren, die ins Gewicht fallen. Lucas Tousart rückte in die Innenverteidigung, ehe Dardai ihn nach der Pause - und der Umstellung auf ein 4-2-3-1 - ins angestammte defensive Mittelfeld beorderte. Jetzt wackelt mit Rechtsverteidiger Deyovaisio Zeefuik, der wegen anhaltender muskulärer Beschwerden im Adduktorenbereich zum MRT muss, der nächste Defensivspieler. Trotzdem gilt für das Heimspiel gegen den SC Freiburg am Samstag, was Dardai sagt: "Da musst du punkten." Am besten dreifach.

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