Nach zwei 1:0-Siegen über Haiti und Dänemark ging die englische Frauen-Nationalmannschaft als Tabellenführer in der Gruppe D in das entscheidende dritte Spiel gegen China. Fest stand: Mit einem Punkt wäre Platz eins und das Achtelfinale sicher. Bei einer Niederlage würde allerdings sogar Rang drei und das Vorrundenaus drohen.
Die englische Trainerin Sarina Wiegman musste im letzten Gruppenspiel auf Abräumerin Walsh verzichten, die sich am zweiten Spieltag am Knie verletzt hatte. Außerdem nahmen Toone und Kelly zunächst auf der Bank Platz. Carter, Zelam und Hemp rückten in die Anfangsformation.
Die Chinesinnen hatten sich dagegen zuletzt in mehr als 60 Minuten Unterzahl ein 1:0 gegen Haiti erkämpft. Trainerin Shui Qingxia ersetzte nach dem Kraftakt die rotgesperrte Rui Zhang mit Siegtorschützin Shuang Wang. Die restliche Startelf erhielt weiterhin das Vertrauen - und eine klare Aufgabe: Es brauchte einen Sieg, um an den Engländerinnen vorbeizuziehen und das Weiterkommen aus eigener Kraft zu sichern. Andernfalls war man auf Schützenhilfe aus Haiti angewiesen und brauchte ein besseres Ergebnis als die Däninnen.
Doch wer die große Spannung im Kampf um das Achtelfinale erwartet hatte, der wurde schnell enttäuscht. Die Chinesinnen zeigten sich von Beginn an extrem passiv - und das nutzten die Lionesses eiskalt aus. Schon nach vier Minuten brachte Russo den ersten Abschluss der Partie im Tor unter.
Englands Offensiv-Trio nutzt den Raum
3. Spieltag, Gruppe d
Obwohl China den Sieg unbedingt brauchte, überließen sie den Europameisterinnen auch anschließend die völlige Spielkontrolle und standen mit zwei engen Viererketten tief. Die Engländerinnen, die mit einer Dreierkette agierten und offensiv auf die Doppelspitze Russo-Hemp mit James dahinter als Spielmacherin setzten, bekamen immer wieder viel Platz und hatten teilweise minutenlange Ballstaffetten in ihrem Spiel.
Besonders das Dreieck im Angriff stand im Mittelpunkt. Nach einer Balleroberung von Bright war es James, die Hemp bediente. Vor dem Tor blieb die Stürmerin cool und schob zum 2:0 ein (24.). Noch vor der Pause legte dann die völlig freigelassene James, die nach einem Freistoß von der Eckfahne bedient wurde, von der Strafraumkante per Direktabnahme mit rechts das 3:0 nach (41.).
Beinahe wäre es für China sogar noch bitterer gekommen, denn in der Nachspielzeit war es erneut James, die von außerhalb des Strafraums - diesmal mit links - verwandelte. Nach längerem Videobeweis wurde das Tor jedoch aufgrund einer Abseitsstellung von Bronze in der Entstehung aberkannt (45.+7).
Auch im zweiten Durchgang blieb China lange passiv. In Minute 53 musste Englands Torhüterin Earps nach einen Distanzschuss von Wu erstmals eingreifen und zur Ecke parieren. Der anschließende Eckball sollte noch einmal für Aufregung sorgen. Bronze sprang die Kugel am ersten Pfosten an den Arm und so gab es nach VAR-Einsatz Strafstoß für China. Shuang Wang schob mittig ein und besorgte den Anschluss (57.).
Zwei Tore und drei Vorlagen für Matchwinnerin James
Kurz darauf wirkte es, als wären die Chinesinnen aufgewacht. Sie wurden etwas griffiger und kamen für kurze Zeit zu eigenen Offensivaktionen. Doch die Phase nahm ein schnelles Ende, als James eine Hereingabe von Carter direkt aus der Luft mit links zum 4:1 verwertete (67.).
Fortan war die Luft bei China wieder raus. Ein riesiger Bock von Torhüterin Zhu, die nach einem langen Ball von James am Ball vorbeilief, wodurch Kelly unbedingt ins leere Tor einschieben konnte, besorgte dann das 5:1 (77.) - und den fünften Scorerpunkt im Spiel für die überragende James (zwei Tore, drei Vorlagen), die nur wenig später Feierabend hatte (81.). Doch auch ohne James sollte noch ein Tor fallen - Daly erzielte per Volley das 6:1 (84.).
Bei dem letztlich auch in der Höhe nicht unverdienten Kantersieg sollte es - trotz elf Minuten Nachspielzeit - bleiben. Für die Chinesinnen nimmt das Turnier damit ein Ende, Dänemark gab sich parallel gegen Haiti keine Blöße (2:0). Die Engländerinnen treffen derweil im Achtelfinale am Montag (9.30 Uhr) auf Nigeria.