Bundesliga

Herthas Bobic: "Der Markt ist gerade sehr wild"

Hertha denkt an Nachverpflichtungen fürs Tor und die Abwehr

Bobic: "Der Markt ist gerade sehr wild"

Herthas Geschäftsführer Fredi Bobic sucht noch einen Torwart.

Herthas Geschäftsführer Fredi Bobic sucht noch einen Torwart.

Die Eigenheiten der letzten Augusttage, wenn es auf die Zielgerade der Transferperiode geht, kennt Fredi Bobic nur zu gut. "Spannend" nennt Herthas Geschäftsführer Sport diese Zeit, in denen der Markt für viele Volten sorgt und kaum beherrschbar scheint.

Vor Jahresfrist platzte am finalen Tag der Sommertransferperiode die geplante Leihe von Milans Samu Castillejo (jetzt FC Valencia), während in die andere Fahrtrichtung viel Betrieb war: Javairo Dilrosun (damals Leihe nach Bordeaux, inzwischen verkauft an Feyenoord Rotterdam) und Daishawn Redan (damals Leihe nach Zwolle, seit Sommer verliehen an Utrecht) verließen Berlin seinerzeit praktisch in letzter Minute. Mancher denke "hintenraus, man kann noch die ganz großen Schnäppchen machen", sagt Bobic. "Der Markt ist sehr wild gerade. Es werden unheimlich viele Spieler angeboten. Wenn man sagt, man hat auf der einen oder anderen Position die Überlegung nachzubesetzen, dann bekommst du gleich hundert Spieler angeboten. Da sieht man, was los ist im Markt. Das ist dann schon verrückt."

Bobic: "Es ist eine ganz verrückte Zeit"

Nach dem Ende von Champions- und Europa-League-Qualifikation nehme das Geschehen "nochmal richtig Fahrt auf - die, die sich für die Wettbewerbe qualifiziert haben, wollen nachlegen und die anderen, die es nicht geschafft haben, wollen abgeben. Es ist eine ganz verrückte Zeit, die ich am liebsten verkürzen würde auf den 1. August. Aber das werden wir nicht hinbekommen in Europa."

Auch - und gerade - bei Hertha ist noch mit Bewegung zu rechnen. Im Sturm wird weiter händeringend nach einem Abnehmer für Topverdiener Krzysztof Piatek gesucht, auch im Fall von Angeboten für Davie Selke, Stevan Jovetic oder Myziane Maolda wären die Berliner gesprächsbereit. Sollte man im Offensivressort jemanden von der Payroll bekommen, ist der Transfer eines weiteren Angreifers denkbar.

Hertha will im Tor nachlegen

Das Hauptaugenmerk in den internen Planspielen gilt aber aktuell zwei anderen Positionen: der Innenverteidigung und dem Tor. Mit Rune Jarstein (37), der nach seiner von den Bossen als unverzeihlicher Affront gewerteten Verbalattacke gegen Torwarttrainer Andreas Menger suspendiert wurde, laufen weiterhin die Gespräche über eine Auflösung des bis 2023 datierten Vertrages. Zugleich scannt Hertha den Markt - und will noch einen Keeper holen. Bobic klingt zuversichtlich, dass das gelingt: "Wir schauen uns auf der Position um. Wir loten gerade die Möglichkeiten aus, die der Markt hergibt, welcher Torwart am besten passen könnte: ein jüngerer oder ein erfahrener. Wir werden schauen, ob wir bis zum 1. September was zustande bringen. Wenn's nicht so ist, dann ist es nicht so. Aber wir sind guter Dinge, dass wir da vorankommen."

Klar ist: Gesucht wird ein Schlussmann, der die Qualität hat, mit Oliver Christensen (23) in einen Konkurrenzkampf um die Nummer 1 zu treten - und zugleich die Loyalität, sich hinter dem erst im Sommer zur Nummer 1 beförderten Dänen auch klaglos auf die Bank zu setzen. Bei aller Wertschätzung für die Talente Tjark Ernst (19) und Robert Kwasigroch (18): Hertha will im Tor nachlegen.

Bayern wieder verantwortlich: Die höchsten Bundesliga-Niederlagen der 18 Erstliga-Klubs

Auch in der Innenverteidigung könnte sich noch etwas tun, auch wenn Bobic aktuell bemüht ist, auf dieser Position öffentlich den Fuß vom Gas zu nehmen: "Ich glaube nicht, dass es so wichtig ist, jetzt unbedingt in der Innenverteidigung was zu holen. Wir haben vier Innenverteidiger, das reicht normalerweise für eine Spielzeit aus: zwei erfahrene Spieler, zwei junge Spieler." Das Problem: Filip Uremovic ist fürs Dortmund-Spiel nach seiner in Mönchengladbach (0:1) kassierten Gelb-Roten Karte gesperrt und seit Montag zudem am Knie verletzt, ein wirklich überzeugendes Spiel hatte der kroatische Neuzugang bisher auch noch nicht im Portfolio. Linus Gechter hat wegen eines Infekts seit zehn Tagen kein Mannschaftstraining bestritten - und fällt seit Monaten immer wieder aus. Coach Sandro Schwarz will beim Youngster das Abschlusstraining am Freitag abwarten, aber aktuell spricht gegen den BVB im Abwehrzentrum viel für ein Linksfüßer-Tandem mit Marc Oliver Kempf und Marton Dardai, der eine komplizierte Saison hinter sich hat.

"Das ist jetzt eine unglückliche Situation"

"Wir überlegen uns natürlich, ob wir vielleicht was machen - aber nicht aus der Panik heraus", sagt Bobic. "Das ist jetzt eine unglückliche Situation, dass der eine krank war und der andere Gelb-Rot hat. Deshalb musst du ja nicht gleich einen neuen Spieler holen." Trotzdem beobachten die Berliner, die zuletzt ihre Überhangmandate in der Innenverteidigung abbauten (Boyata nach Brügge, Alderete nach Getafe, Torunarigha nach Gent, Stark nach Bremen), intensiv den Markt. Bobics Marschroute ist klar: "Wenn wir unseren Kader verbessern können und es Sinn macht, werden wir was tun - wenn nicht, nicht. Am Ende des Tages hat der Trainer immer eine gute Auswahl, und die Besten werden spielen - ganz einfach."

Gegen Dortmund - im zweiten Heimspiel der Saison - muss es ohnehin das vorhandene Personal richten. Im Dezember 2021 gelang Hertha unter Schwarz' Vor-Vorgänger Tayfun Korkut ein überraschender 3:2-Heimsieg gegen die Borussia. In dieser Woche filtert Schwarz viel von dem heraus, was er beim couragierten, aktiven Auftritt seines Teams in Mönchengladbach sah: "Was die Leistung angeht, war das Spiel in Gladbach sehr ordentlich. Viele Inhalte, die wir da gebracht haben, brauchen wir auch am Samstag." Die gleiche Hingabe und ein anderer Ertrag: So soll es für Hertha gegen die andere Borussia laufen.

Steffen Rohr