Motorsport

Auf zwei oder vier Rädern - Nervenkitzel bis ins Ziel

Wieder fährt viel Prominenz mit beim 70. Macau Grand Prix

Auf zwei oder vier Rädern - Nervenkitzel bis ins Ziel

Enge Kiste: Die GT-Autos beim Macau Grand Prix im Vorjahr.

Enge Kiste: Die GT-Autos beim Macau Grand Prix im Vorjahr. AFP via Getty Images

Eine Stadt, in der sich alles ums Glücksspiel dreht und in der an diesem Wochenende auf einem Straßenkurs der Motorsport zu Gast ist? Las Vegas! Ja klar, denn dort rast erstmals seit 1982 wieder die Formel 1. Aber auch Macau ist richtig. Denn in der Metropole am Südchinesischen Meer findet die 70. Auflage des Macau Grand Prix statt.

Dass Chinesen Glücksspiele lieben, ist bekannt. Davon lebt Macau, denn anders als auf dem Festland, wo Casinos verboten sind, darf in der ehemaligen portugiesischen Kolonie, heute wie das nahe Hongkong eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China, nach Herzenslust gezockt werden. Vor Corona wurde in Macau fast fünfmal soviel Umsatz mit Glücksspielen gemacht wie in Las Vegas. In diesem Jahr gibt es voraussichtlich erstmals nach der Pandemie wieder einen neuen Rekord.

Senna war der erste Sieger in der Formel 3

Etwas Glück braucht auch, wer in den Rennen des Macau Grand Prix erfolgreich sein will. 1954 wurde die Veranstaltung als Sportwagenrennen zum ersten Mal ausgetragen, nachdem einige rennsportverrückte Briten die Straßen auf dem Guia-Hügel von Macau als geeignete Strecke erkannten. Seitdem findet in Macau alljährlich eine Motorsportveranstaltung statt. Seit 1961 wird mit Formel-Autos gefahren, seit 1983 ist die Formel 3 die Kategorie, die im Mittelpunkt steht. Erster Formel-3-Sieger in Macau war Ayrton Senna, später gewannen auch Michael Schumacher und David Coulthard das Formel-3-Rennen. Weitere deutsche Erfolge gab es durch Ralf Schumacher, Jörg Müller und Sascha Maaßen.

Michael Schumacher

Jubel nach dem Sieg: Michael Schumacher gewann 1990 den Macau Grand Prix für Formel-3-Autos. imago images/Motorsport Images

Jahrelang war der Macau Grand Prix am Ende der Motorsportsaison ein Aufeinandertreffen der erfolgreichsten Fahrer aus den diversen Formel-3-Meisterschaften in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan. Nicht selten kehrten auch Fahrer, die bereits in höhere Klassen aufgestiegen waren, nur für das Rennen in Macau zurück. Seitdem es keine Formel 3 auf nationaler Ebene mehr gibt, sondern die Formel 3 unter der Regie des Welt-Motorsportverbands FIA nur noch im Rahmen der Formel 1 fährt, hat die Bedeutung des Rennens etwas nachgelassen.

Flörsch nach ihrem schweren Crash wieder dabei

Dennoch ist ein Erfolg in Macau mit viel Prestige verbunden. Mit dabei ist Sophia Flörsch, die 2018 einen schweren Unfall in Macau überlebte. Wie damals fährt sie am Wochenende für das niederländische Team Van Amersfoort Racing, das einst ein Auto für den mittlerweile dreimaligen Formel-1-Weltmeister Max Verstappen in der Formel 3 einsetzte. Auch der unlängst zum Red-Bull-Juniorfahrer ernannte Oliver Goethe startet unter deutscher Lizenz in Macau.

Seit 2008 wird in Macau auch mit GT-Autos gefahren, im Jahr 2015 erhielt das Rennen ein offizielles Weltcup-Prädikat von der FIA. Die wuchtigen GT3-Boliden fahren auf dem engen Streckenteil in der Stadt am Limit, viele Kurven sind nicht einsehbar, immer wieder kommt es zu Karambolagen. Spektakulär war die Einlage des Belgiers Laurens Vanthoor beim Rennen 2016, der sich auf der langen Geraden mit seinem Audi überschlug, aber dennoch als Sieger geehrt wurde, da nach dem Rennabbruch die Reihenfolge aus der vorherigen Runde, wie üblich, für das Ergebnis herangezogen wurde.

Mittlerweile fährt Vanthoor für Porsche und ist auch nun in Macau wieder mit dabei, genau wie alle weiteren Fahrer, die das Weltcup-Rennen dort gewinnen konnten, namentlich Maro Engel (Mercedes-AMG, 2015), Edoardo Mortara (Mercedes-AMG, 2017, in diesem Jahr wieder mit Audi), Augusto Farfus (BMW, 2018) sowie Raffaele Marciello (Mercedes-AMG, 2019). Wegen der Pandemie und den rigiden Einreisebestimmungen in China wurde das Rennen seit 2019 nicht mehr als Weltcup ausgetragen, dieses Jahr wird, wie in der Formel 3, erstmals wieder unter FIA-Flagge gefahren.

21 Autos, 5 Marken, 2 DTM-Champions

Gemeldet sind insgesamt 21 Fahrzeuge von den Herstellern Audi, BMW, Ferrari, Mercedes-AMG und Porsche. Neben den genannten ehemaligen Siegern gehören auch die beiden DTM-Champions Thomas Preining (Porsche) und Sheldon van der Linde (BMW) zu den Teilnehmern. Neben Engel hält Christopher Haase im Audi die deutsche Fahne hoch.

Seit 1963 gehören Tourenwagenrennen in Macau ebenfalls zum Programm. Bereits im zweiten Jahr gab es einen deutschen Erfolg durch Eugen Böhringer, der im Mercedes 300 SE siegte. Auch Erich Waxenberger, Dieter Glemser, Herbert Adamczyk, Hans-Joachim Stuck, Manfred Winkelhock, Helmut Greiner, Altfrid Heger, Joachim Winkelhock, Frank Biela, Michael Bartels und Jörg Müller gehören zu den deutschen Tourenwagen-Siegern in Macau.

In diesem Jahr ist Macau Austragungsort für das Finale der Premierensaison der TCR World Tour, in der mit frontgetriebenen Tourenwagen nach TCR-Reglement gefahren wird. Deutsche Fahrer sind nicht am Start, dafür Audi als deutscher Hersteller, der den Belgier Frederic Vervisch und den Briten Rob Huff unterstützt. Huff führt vor dem Saisonfinale punktgleich mit dem Franzosen Yann Ehrlacher die Fahrerwertung an und kann sich mit einem Erfolg in Macau zum Champion küren lassen. Immerhin war der Brite in unterschiedlichen Serien bereits zehnmal siegreich in Macau.

Auch Motorräder starten in Macau

Und dann fahren in Macau seit Anfang der Sechzigerjahren auch noch Motorräder. Unter den Teilnehmern sind viele Fahrer, die auch das legendäre TT-Rennen auf der Isle of Man bestreiten, das Feld ist auch in Macau überwiegend britisch. Immerhin ist mit David Mario Datzer ein deutscher Fahrer mit dabei. Bei den Motorradrennen gibt es in Macau traditionell auch die meisten Unfälle, das Risiko ist groß: Insgesamt neun Motorradfahrer kamen im Laufe der Jahre in Macau ums Leben. Dennoch lieben die Fahrer die Herausforderung. Und etwas Glück braucht man in Macau eben auch, nicht nur am Roulettetisch.

René de Boer