Motorsport

Alfa Romeo Tonale Plug-in-Hybrid Q4: Erste Testfahrt

Mit 280 PS und Allradantrieb - Preise ab 51.000 Euro - Marktstart 2023

Alfa Romeo Tonale Plug-in-Hybrid Q4: Erste Testfahrt

Alfa Romeo Tonale: Er teilt sich die Plattform mit dem Jeep Compass.

Alfa Romeo Tonale: Er teilt sich die Plattform mit dem Jeep Compass. Hersteller

Pomigliano d‘Arco ist für Alfa Romeo ein besonderer Ort. Mit dem Bau des dortigen Automobilwerks sollte die strukturschwache Region um Neapel vor Jahrzehnten einen Aufschwung erhalten. Und so kam es, dass in Pomigliano ab 1972 eines der sagenumwobensten Alfa-Modelle überhaupt vom Band lief - der Alfasud. Schön war er und sportlich, leider aber auch rapide rostend, weswegen bald Etiketten wie "Alfaschutt" oder "Alfa Rosteo" an ihm kleben blieben.

Auch in anderer Hinsicht erwarb sich Pomigliano einen unrühmlichen Ruf. Die Streikquote war hoch, und die Legende will es, dass während eines Fußballspiels der italienischen Nationalmannschaft rund 40 Prozent der Beschäftigten nicht zur Arbeit erschienen ist.

Fünfzig Jahre später sieht es im Werk "Giambattista Vica" aus wie geleckt. Mit großer Ernsthaftigkeit widmet sich die Belegschaft einem SUV, das in neuwagenglänzenden Farben wie "Rosso Alfa" oder "Verde Montreal" an hochtechnisierten Arbeitsplätzen vorbeidefiliert, bevor es stichprobenartig einer sorgfältigen Qualitätskontrolle unterzogen wird.

Neues Topmodell

Gerade beim Tonale muss alles sitzen. Seit diesem Sommer wird er ausgeliefert, er ist das neue Topmodell im Alfa-Programm. Und es geht um noch mehr. Im Stellantis-Konzern, zu dem bekanntlich unter anderem auch Opel, Peugeot, Jeep und Fiat gehören, sei Alfa Romeo die Premium-Marke, sagt deren Chef Jean-Phillippe Imparato, man werde sie auf allerhöchstes Qualitätslevel bringen.

Alfa Romeo Tonale PHEV

Teilzeitstromer: Der Plug-in-Hybrid schlägt die Brücke zum vollelektrischen Tonale, der für 2024 avisiert ist. Hersteller

Der Tonale - und hier wollen wir den Exkurs in den italienischen Mezzogiorno beenden - ist ein 4,53 Meter langes, überaus wohlgeformtes Midsize-SUV, das den berühmten "Scudetto" im Gesicht trägt und dessen Name ganz und gar nichts mit Musik zu tun hat, sondern sich auf einen Alpenpass bezieht. Die bislang angebotene Maximal-Leistung von 160 PS wollte indes nicht dem Sportsgeist aller Alfisti gerecht werden. Richten soll es jetzt das neue Topmodell: Der teilzeitstromernde Tonale Plug-in Hybrid Q4.

Bei seinem Antrieb tun sich ein 1,3-l-Vierzylinder-Turbobenziner mit 132 kW/180 PS und ein 90 kW/122 PS starker Elektromotor zu einer Systemleistung von 206 kW/280 PS zusammen. Die Arbeitsteilung sieht so aus, dass der Verbrenner die Vorderachse antreibt, während die E-Maschine die Hinterachse bedient. Ein Allradantrieb also, bei dem Benziner und Elektromotor nicht physisch miteinander verbunden sind, sondern auf einen elektronischen Koordinator zurückgreifen.

Elektrisch tanken in zweieinhalb Stunden

Neben der Leistung interessiert den PHEV-Fahrer vor allem die elektrische Reichweite. In der Stadt liegt sie bei über 80, im Mix bei rund 60 Kilometern, sagt Alfa. Eine erste Testfahrt ließ eher 50 Kilometer als plausibel erscheinen, da haben andere (BMW X1) die Nase vorn. Bereitgestellt wird die elektrische Energie von einem 15,5-kWh-Akku, der sich an der Wallbox mit 7,4 kW laden lässt. Für PHEV-Verhältnisse ist das sehr ordentlich, in zweieinhalb Stunden hat der Tonale seine E-Reserven so wieder aufgefüllt.

Von der Theorie zur Praxis: Das Mixed-Team bringt den Plug-in-Tonale vielleicht nicht ganz so explosiv auf Trab, wie es die fast 300 PS in der Hinterhand erwarten lassen könnten. Mit Nachdruck geht es aber allemal voran, die Kraftreserven unterstützen auch eine gewisse Relaxtheit beim Fahren. Ebenfalls Lob verdient die ausgewogene Fahrwerksabstimmung, die den Spagat zwischen SUV-gerechtem Reisekomfort und Alfa-angemessener Sportlichkeit prima hinbekommt.

Alfa Romeo Tonale PHEV

Tonale-Cockpit: Lenkrad mit mächtigen Schaltwippen und Start-Knopf. Hersteller

Nicht ganz so gut gefallen haben uns die 6-Gang-Automatik, die sich beim Lastwechsel mitunter zu "verschlucken" scheint, sowie die allzu leichtgängige Lenkung. Immerhin lässt sich über den "Dynamic"-Modus eine etwas direktere Arbeitsweise herbeiführen, gleichzeitig wird die volle Leistung abgerufen. Dem Ansteuern der drei Fahrprogramme dient ein Drehregler an der Mittelkonsole. Alfa bemüht hier die drei Buchstaben "DNA", sie stehen eben für "Dynamik", "Natural" (den Hybridmodus, er aktiviert gleichzeitig den Allradantrieb) sowie "Advanced Efficiency".

Straflos in die Umweltzone

Letzteres markiert das vollelektrische Programm, im dem der Tonale beispielsweise Umweltzonen straffrei befahren darf, in Italien kein unwesentliches Kaufargument, wenn es um Plug-in-Hybride geht. Per "e-Save"-Taste lassen sich die elektrischen Reserven außerdem einfrieren, nicht nur für besagte Umweltzonen, sondern auch für Situationen, in denen etwa der Nachbar nicht des nachts aus dem Schlaf gemotorgeräuscht werden soll. Nur zu solchen Zwecken macht es auch Sinn, die Batterie vom Verbrenner aufladen zu lassen, ansonsten ist das eine eher unökologische Angelegenheit.

Was noch? Natürlich kann der Plug-in-Tonale "segeln", leichtes Loslassen des Gaspedals entkoppelt den Antrieb, und wenn es steil bergab geht mit dem Italiener, hält die "eCoasting Descent Control" eine unbedenkliche Geschwindigkeit von 50 km/h ein. Beim eCoasting an sich wird auch Energie zurückgewonnen, indem das Fahrzeug abgebremst wird.

Rein elektrisch fährt der Tonale PHEV übrigens 135 km/h schnell, im Hybridmodus schafft er 206 Sachen, den Sprint von 0 auf 100 km/h bewältigt er in 6,2 Sekunden. Der Normverbrauch von 1,48 bis 1,13 l/100 km ist natürlich Quatsch und Plug-in-Folklore. Selbst wenn der E-Motor im Hybridmodus mithilft und das Streckenprofil nicht allzu strapaziös ausfällt, ist zumindest mit Fünfer-Werten zu rechnen.

Alfa Romeo Tonale PHEV

Alfa-Insignien: "Trilobo" heißt das Gesicht aus Scudetto-Kühlergrill mit beidseitig flankierenden Lufteinlässen. Hersteller

Bei den Assistenzsystemen zeigt sich der Tonale breit aufgestellt, neben einem intelligenten Abstandstempomat werden beispielsweise ein erweiterter Spurhalte- und Stauassistent, eine Querverkehrserkennung sowie eine 360-Grad-Kamera tätig. Auch Amazons Alexa fährt mit im Cockpit, dessen animierte Rundinstrumente aus schicken Tuben lugen („Cannochiale“). Was es nicht gibt, ist ein Head-up-Display. Dafür aber eine Art digitales Serviceheft: „Non-Fungible Token" heißt die Technologie, kurz NFT - sie zeichnet die wichtigsten Daten im Leben des Fahrzeugs auf - wie oft es geladen wurde beispielsweise, welcher Fahrweise es ausgesetzt war oder wie und wann die Wartung erfolgt ist. Die einen werden die Stirn runzeln von wegen Datenschutz, die anderen freuen sich über die Möglichkeit, beim Weiterverkauf sorgsamen Umgang mit dem Fahrzeug belegen zu können.

Start ohne Umweltbonus

Angeboten wird der Tonale PHEV ab 51.000 Euro, dafür fährt er als "Edizione Speziale" vor. Der "TI" kommt auf 52.000, das Topmodell "Veloce" auf 54.500 Euro. Erste Auslieferungen erfolgen im ersten Quartal 2023. Die Zeiten des goldenen Handschlags in Gestalt eines Umweltbonus sind dann zwar schon vorbei. Aber bei Alfa geht es ja ums "cuore sportivo", das sportliche Herz. Und davon hat der Plug-in-Tonale gleich ein doppeltes.

Ulla Ellmer

Alfa Romeo Tonale Plug-in Hybrid Q4 in Kürze:

Wann er kommt: Ist bereits bestellbar, erste Auslieferungen im ersten Quartal 2023

Wen er ins Visier nimmt: Cupra Formentor PHEV, Ford Kuga PHEV, Kia Sportage PHEV, Hyundai Tucson PHEV etc.

Was ihn antreibt: Plug-in-Hybrid aus 1,3-l-Vierzylinder-Turbobenziner mit 132 kW/180 PS und Elektromotor mit 90 kW/122 PS. Systemleistung 206 kW/280 PS.

Was er kostet: Ab 51.000 Euro

Was noch kommt: 2024 ein rein elektrischer Tonale

Alfa Romeo Tonale Plug-in-Hybrid Q4: Cuore Sportivo im Doppelpack