Er ist erst 18 Jahre jung. Insider, die seine Entwicklung bis zum Bayern-Wechsel vergangenen Sommer beobachtet haben, bescheinigen ihm ein großes Talent. Tanguy Nianzou bringt tatsächlich vieles mit, um ein gestandener Innenverteidiger zu werden. Er ist 1,87 groß, robust, antrittsschnell, resolut in der Zweikampfführung, in der Ballverwertung technisch gut. Nur zeigen konnte er es im Dress der Münchner bislang noch nicht. Weil die Saison 2020/21 für ihn einerseits verletzungsbedingt nie wirklich begann; und andererseits, jetzt, nachdem er wieder einsatzfähig wäre, wegen der roten Karte beim 6:0 gegen Mönchengladbach und der damit verbundenen Zwei-Spiele-Sperre frühzeitig beendet ist.
Flick und die Kollegen trösteten Nianzou
Ja, das erste Jahr des Franzosen beim FC Bayern hätte besser laufen können. Oder etwas drastischer formuliert: Es hätte kaum schwieriger sein können. Erst plagte ihn eine Oberschenkelverletzung, dann ein Muskelbündelriss, später eine zähe Reha. So kam Nianzou bis zu seinem Comeback gegen Union Berlin, 1:1, nur zu einem Kurzauftritt am 9. Spieltag in Stuttgart, 3:1. Das war am 28. November. Am 10. April, als er dann nach viereinhalb Monaten gegen die Hauptstädter zurückkehrte, war er bei seinem 16-minütigen Einsatz auch noch direkt am späten Gegentreffer zum Ausgleich beteiligt. Trainer Hansi Flick und Mannschaftskollegen trösteten ihn nach der Partie.
Seither stand er in vier weiteren Spielen insgesamt nur 78 Minuten auf dem Feld. Gegen Gladbach holte er sich fünf Minuten nach seiner Einwechslung den Platzverweis ab. Da steckte keine böse Absicht dahinter, auch keine krasse Dummheit, er war bei seinem Foul nun mal der letzte Mann. Blöd gelaufen. Und die restliche Saison dahin. Mund abputzen, abhaken, vergessen, neustarten. Mehr bleibt dem Youngster, der auch als Sechser im Zentrum spielen kann, derzeit nicht.
Nianzou wird in der kommenden Saison gebraucht
Für die Bayern, den Klub, war seine Abwesenheit, seine diesjährige Nebenrolle noch kein allzu großes Problem. Weil Chef-Coach Flick ohnehin mit David Alaba und Jerome Boateng auf das bewährte Abwehr-Duo setzte. Doch die beiden doppelten Triple-Sieger verlassen den Verein im Sommer genauso wie Javi Martinez, der in seiner Abschiedssaison ebenfalls Teilzeit in der Innenverteidigung jobbte. Heißt: Drei Defensivspieler fallen weg, und Nianzou wird in der kommenden Saison gebraucht. Mit ihm - neben Lucas Hernandez und Dayot Upamecano, der aus Leipzig kommt - wird fest geplant. Hinter der Zukunft von Niklas Süle, dessen Arbeitspapier bis 2022 gültig ist, stehen noch ein paar Fragezeichen.
Jetzt bleiben dem von Paris St. Germain gewechselten Nianzou ein paar Monate, um durchzuatmen, um sich und seinen Körper zu stabilisieren. Um dann zum Ligaauftakt als gefühlt zusätzlicher Neuzugang nicht nur neu-, sondern auch endlich durchstarten zu können.