Bundesliga

Toppmöller geht das Herz auf, Chandler fliegen sie zu

Eintracht Frankfurt fordert selbstbewusst den BVB

Toppmöller geht das Herz auf, Chandler fliegen sie zu

Vereinsliebe pur: Timothy Chandler wird von den Fans und der Mannschaft gefeiert.

Vereinsliebe pur: Timothy Chandler wird von den Fans und der Mannschaft gefeiert. IMAGO/Jan Huebner

Schon bei seiner Einwechselung ertönte sein Name im Rund des Waldstadions in einer ganz eigenen Dezibel-Dimension. Bei jedem Ballkontakt stieg die Geräuschkulisse beinahe in Regionen, als wäre ein Tor gefallen. Die Rede ist von Timothy Chandler, der am Donnerstagabend mal wieder die volle Dröhnung Fan-Liebe spüren durfte. Für die nach dem Theater um Randal Kolo Muani arg gebeutelte Seele der Frankfurter Fußball-Romantiker sind Momente wie diese purer Balsam.

Zum ersten Mal in dieser Saison durfte das Urgestein ran. Und dabei bewies der 33-Jährige einmal mehr, dass er viel mehr kann, als nur die Stimmung in der Kabine oben zu halten. In jeder Sekunde versprühte Chandler den absoluten Willen, das beim Stand von 5:0 längst schon entschiedene Spiel weiter nach vorne zu treiben. Seine Einstellung ist beachtlich. Er ist inzwischen weit weg von der ersten Elf und geht trotzdem in jedem Training ans Limit. Um in dem Moment, da zu sein, in dem er gebraucht wird. Wie am Donnerstagabend in der Europa Conference League.

Chandlers Einsatz: Kein Geschenk

"Sein Einsatz war kein Geschenk," stellt Trainer Dino Topmöller dar und fühlt sich bestätigt: "Er hat unserem Spiel extrem viel Energie gegeben." Immer wieder machte Chandler auf der rechten Seite auf sich aufmerksam und krönte sein Spiel mit der starken Torvorlage zum 6:0. "Er ist so ein geiler Typ, der sich diesen Einsatz so verdient hat", sagte Kevin-Trapp-Vertreter Jens Grahl und sprach damit das aus, was sich annähernd 55.500 Zuschauer dachten.

Spiele von Eintracht Frankfurt

Dass diese Emotionen, die bei Chandler-Sprechchören nach dem Spiel vor der Kurve ihren Höhepunkt fanden, überhaupt möglich waren, war der konzentrierten, schnörkellosen und effizienten Leistung in der ersten Stunde zu verdanken.  "Genau so haben wir uns das vorgestellt, wir wollten auf beeindruckende Art und Weise gewinnen. Und das war es", so Toppmöller. Am beeindruckendsten waren die Standardsituationen von Fares Chaibi. Nach einer Freistoßflanke folgte ein Handelfmeter, aus Eckbällen resultierten zwei Tore, einen direkten Freistoß kratzte Helsinkis Kepper Jesse Öst von der Linie.

Dortmund ist jetzt das "perfekte Spiel"

"Wir haben die Standards zuletzt öfter trainiert, das trägt jetzt Früchte", erklärt Topmöller, wohlwissend um den entscheidenden Faktor: "Wir haben mit Fares jetzt jemanden, der die Bälle überragend gut reinspielt." Die Standardsitzung im jüngsten Training, angeleitet von Co-Trainer Stefan Buck, verfolgte Toppmöller aus der Ferne. Dabei sah er schon vielversprechendes. Umso größer war seine Freude, dass sich das direkt im Spiel niederschlug. "Die Situationen haben wir im Training schon so gespielt und zwei, drei Tore gemacht. Umso schöner, dass wir Kapital daraus schlagen konnten."

Am Freitagmittag, etwas mehr als 12 Stunden nach dem Abpfiff der Conference-League-Partie, war diese kein Thema mehr. Der volle Fokus bei der Eintracht gilt dem Spiel gegen Borussia Dortmund am Sonntag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker). Für Toppmöller jetzt das "perfekte Spiel, um zu sehen, wie weit wir in unserer Entwicklung sind". Es ist der erste richtige Gradmesser in dieser Saison. Nicht nur ergebnistechnisch, nach zuletzt drei Pflichtspielsiegen in Serie, glaubt Toppmöller, sein Team sei bereit für das Duell mit den Borussen.

Hauges exemplarische Reaktion

"Die Jungs wirken sehr zufrieden, wenn man sie auf dem Platz sieht. Diese Freude, wie wir uns nach Toren freuen, wie sich jeder für den andren freut und ihm das persönliche Glück gönnt. Wir sind als Truppe extrem zusammengewachsen in dieser kurzen Zeit", beschreibt der Trainer und greift exemplarisch eine Situation vom Vorabend auf. Jens Petter Hauge wäre spätestens nach der klaren Führung gegen die Finnen ein Kandidat für Spielpraxis gewesen. Doch andere bekamen den Vorzug. "Ich habe ehrliche Freude bei ihm gesehen, wie er den anderen anderes etwas gönnt. Da geht mit das Herz auf. Er hat im Spielersatztraining eine top Reaktion im Training gezeigt", so Toppmöller.

Gegen die Borussen kann die Eintracht personell aus dem Vollen schöpfen. Einzig Sebastian Rode muss weiterhin passen. Kevin Trapp fühle sich gut, habe beim Training einen guten Eindruck gemacht und stehe laut Topmöller vor der Rückkehr ins Tor. In der Offensive sind nach neun Toren in zwei Spielen wenige Änderungen zu erwarten. Chaibi und Omar Marmoush sind gesetzt. Mario Götze steht in Konkurrenz zu Hugo Larsson, Eric Junior Dina Ebimbe zu Aurelio Buta. Ansgar Knauff dürfte erneut auf dem linken Flügel beginnen.

Tuta als Schlüsselspieler

"Wir haben eine gute Struktur, die Jungs kommen zurecht. Die Abläufe werden immer besser, die Automatismen greifen immer mehr", sagte Toppmöller, dessen aktuelles Spielsystem situativ als 4-3-3 oder 3-4-3 interpretiert werden kann. Schlüsselspieler ist Verteidiger Tuta, der zwischen der Position des rechten Außenverteidigers und dem dritten Innenverteidiger pendelt - und das wirklich gut, was er nicht nur wegen seines Tores am Donnerstag unterstrich. "Wichtig ist, dass wir eine Variabilität haben in unserem Spiel, da ist Tuta ein extrem wichtiger Spieler. Er weiß genau, in welchen Räumen er sich zu bewegen hat. Das gibt uns verschiedene Möglichkeiten", erklärt Toppmöller. Wie gut alle Abläufe tatsächlich sitzen, wissen alle Beteiligten am Sonntag so gegen 17.30 Uhr.

Moritz Kreilinger

Toppmöller: "Die Automatismen greifen immer mehr"

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