Bundesliga

Warum Gravenberch sich auch an die eigene Nase fassen muss

Bayerns Youngster nach durchwachsenem Debütjahr in München

Warum Gravenberch sich auch an die eigene Nase fassen muss

Neue Konkurrenz: Ryan Gravenberch muss sich durchsetzen.

Neue Konkurrenz: Ryan Gravenberch muss sich durchsetzen. IMAGO/Lackovic

Am Mittwochabend darf er mal wieder zeigen, was er kann. Mit der niederländischen U-21-Nationalmannschaft tritt Ryan Gravenberch zur Europameisterschaft in Georgien an und gehört im Aufgebot der Oranje zum Leistungsträger.

Als solcher war er vor fast einem Jahr nicht zum FC Bayern gewechselt, mehr als vielversprechendes Mittelfeldtalent mit großem Potenzial. Gravenberch, der sich bei Ajax früh in der Profi-Mannschaft etabliert hatte, war den Münchnern immerhin eine Sockelablöse von 18,5 Millionen Euro wert. Gedulden musste er, der oft mit Paul Pogba verglichen wurde, sich aber dennoch.

U-21-EM in Georgien

Den Box-to-Box-Spieler, der Gravenberch ist und damit Leon Goretzka ähnelt, brauchten die Bayern zum Saisonstart nicht, als jener Goretzka wegen einer Knie-OP fehlte und Marcel Sabitzer den Stabilisator neben Joshua Kimmich gab. Trainer Julian Nagelsmann lobte zwar die Trainingseinheiten Gravenberchs und hob dessen Künste am Ball hervor, bemängelte jedoch auch dessen Positionsspiel und Arbeit gegen den Ball.

Gravenberch wirkte, wenn er zumeist als Joker ran durfte, etwas verspielt, teilweise nervös und überhastet. Die großen Schritte, die ihm vornehmlich die Pogba-Vergleiche eingebracht hatten, überzeugten auf dem Weg nach vorne, in der Rückwärtsbewegung ließ der inzwischen 21-Jährige jedoch zu viele Räume offen.

Kritische Interviews - Konkurrent Laimer

Daher verwunderte etwas, dass Gravenberch im Laufe seines ersten Jahres in München nicht nur ein, sondern gleiche mehrere kritische Interviews in den Niederlanden veröffentlichen ließ. Gerade erst nach der Saison, als er beim Saisonfinale in Köln von Nagelsmann-Nachfolger Thomas Tuchel in die Startelf berufen worden war, motzte er: "Ich will einfach mehr spielen." Idealerweise bei Bayern, ansonsten aber "bei einem Verein, bei dem ich zu 100 Prozent spiele. Denn so ein Jahr wie jetzt will ich nicht noch einmal erleben."

Verständliche Ansprüche, schließlich befindet sich Gravenberch immer noch auf dem Weg nach oben und wird umgarnt von ständig aufkommenden Premier-League-Gerüchten. Bayerns Nummer 38 sollte sich jedoch auch mal an die eigene Nase fassen, anstatt immer mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wer sich ausgerechnet in dieser schwachen Saison mit einem strauchelnden Goretzka und einem zur Rückrunde verliehenen Sabitzer nicht zweimal in Folge in die erste Elf spielen konnte, hat sicherlich nicht alles richtig gemacht.

Und rosiger wird die Aussicht für Gravenberch nur bedingt: Sabitzer soll zwar verkauft werden, kehrt aber vorerst von seiner Leihe zu Manchester United zurück. Mit Konrad Laimer kommt ein weiterer Konkurrent aus Leipzig, und ein neuer Sechser wird dringlichst gesucht. Gravenberch wird also noch mehr Konkurrenz vor die Nase gesetzt, trotzdem sehen die Verantwortlichen dessen Zukunft weiterhin in München. Getreu dem Motto: weniger reden, mehr handeln.

Mario Krischel