Bundesliga

DFL: Das Nein zum Investor und die Folgen

DFL: Welche Klubvertreter im Plenum vortrugen

Das Nein zum Investor und die Folgen

Der VfB Stuttgart und Präsident Claus Vogt haben sich gegen den Investor-Einstieg positioniert.

Der VfB Stuttgart und Präsident Claus Vogt haben sich gegen den Investor-Einstieg positioniert. IMAGO/Sportfoto Rudel

Christian Seifert versteht es sehr gut, sich nicht in den Vordergrund zu drängen und dennoch seine Botschaften an den Mann zu bringen. So kam der langjährige Liga-Geschäftsführer am Mittwochabend bei einem Talk der Frankfurter Anwaltskanzlei Klinkert & Partner natürlich nach einem Referat zu seinem neuen Baby, Dyn Media, nicht um einen Kommentar zum DFL-Mitgliederentscheid gegen einen Investor herum, den seine ehemaligen Mitstreiter am Nachmittag getroffen hatten. Er habe damit gerechnet, sagte der 54-Jährige.

In Seiferts Augen sind die Ausprägungen und Zielsetzungen zwischen den 36 Klubs der Bundesliga und 2. Liga zu unterschiedlich, was einleuchtend klingt. Allerdings falle die deutsche Beletage nach dem Nein nun auch nicht auf das Niveau von Portugal oder den Niederlanden zurück. Seifert sieht offenkundig einen Reformbedarf in der Struktur - was im Endeffekt nichts anderes hieße als eine Trennung zwischen erster und zweiter Liga.

Glaubt man den Aussagen der Befürworter des Deals, allen voran dem doch sehr verärgerten Liga-Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke, läuft es zu Ende gedacht darauf hinaus. Zwar nahm der BVB-Geschäftsführer am Mittwoch das Wort Abspaltung nicht in den Mund, doch Watzkes Botschaft war klar: In der nächsten Zeit brauche niemand mehr mit Solidarität kommen bei den Großen, gemeint waren vor allem Borussia Dortmund und der FC Bayern.

Außer den Protagonisten trugen nur vier Vertreter vor

Watzke und die DFL-Interimsbosse Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg) vermuten hinter den elf Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen vor allem die 2. Liga. Damit dürften sie richtig liegen.

Die Frage ist aber auch: Gab es denn wirklich eine lebhafte Diskussion aller 36 Klubs am Mittwoch, die dieser massiv die Zukunft beeinflussenden Frage gerecht geworden wäre? Nach kicker-Informationen trugen neben den Protagonisten Watzke, Hellmann und Leki im Plenum lediglich vier Vertreter vor: Fernando Carro, der Sprecher der Geschäftsführung von Bayer Leverkusen, machte sich für den Deal stark. Wohingegen Rostocks Vorstandschef Robert Marien, St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich, Köln-Geschäftsführer Christian Keller und der Stuttgarter Aufsichtsratschef Claus Vogt in Sachen contra in die Bütt gegangen waren.

Dürfen zwei Zweitligisten und zwei Traditionsklubs, die im vergangenen Jahrzehnt auch schon mal ins Unterhaus abgestürzt waren, ein solches Thema kritisch hinterfragen? Aus demokratischer Sicht kann es nur eine Antwort geben: ja. Müssen sie dann mit diesen scharfen Reaktionen rechnen? Wahrscheinlich, auch weil diese Branche halt doch ein sehr spezielles Geschäft ist, das auch immer ein bisschen unter den Aktualitäten, also der Tabelle, leidet.

750 Millionen Euro sollen nötig sein

Die Ja-Fraktion befürchtet nun erhebliche Probleme für den deutschen Fußball. Zutage treten könnten diese schon zur bald anstehenden nächsten Rechte-Ausschreibung, zumal die aktuellen Partner Sky - Mutter Comcast möchte verkaufen - und DAZN - defizitär, ein Begriff, den der ein oder andere Klubmanager schon mal gehört haben soll - auch so ihre Problemchen mit sich herumschleppen.

Mit den Investoren-Milliarden hatte man gehofft, die Braut Bundesliga aufzuhübschen nach einer international wenig ruhmreichen Saison. Vor drei Jahren hatte die DFL 4,4 Milliarden Euro für die laufende Vier-Jahres-Periode der nationalen Rechte herausgeschlagen, ein minimaler Rückgang von zuvor 4,64 Milliarden, der aber inmitten der Pandemie nachvollziehbarerweise als Erfolg gefeiert wurde.

Nichtsdestotrotz sehen wohl alle Klubs Investitionsbedarf, besonders für eine Streamingplattform, um Märkte im Ausland zu erschließen. 750 Millionen Euro, diese Zahl wurde mehrfach genannt, seien nötig für die Zukunftsfähigkeit der Liga-Vermarktung und die Internationalisierung, wobei das ja ein Begriff ist, mit dem nicht jeder Vereinsvertreter etwas anfangen kann - im Übrigen ist auch das nachvollziehbar.

Wird sich die Bundesliga von der 2. Liga lossagen?

Investoren-Kritiker plädieren für eine Fremdkapital-Aufnahme, was Watzke, der als Sanierer des einst hoch verschuldeten BVB ein gebranntes Kind ist, und Hellmann, der die Haftungsrisiken ungleich verteilt sieht, kategorisch ausschlossen. Ebenso nachvollziehbare Argumente, genauso nachvollziehbar allerdings sind die Einlassungen der Gegner, die einen Vorgriff auf künftige Einnahmen im Jetzt gesehen hätten mit dem Beteiligungsgeschäft.

Quo vadis, Bundesliga? Wird es eine Spaltung geben? Einen Auszug der Bayern und vielleicht der Dortmunder in eine - noch zu bauende - Super League? Das scheint schwer vorstellbar, zumal die Fanszenen der beiden Schwergewichte des deutschen Fußballs als äußerst kritisch gelten. Wird sich die Bundesliga von der 2. Liga lossagen? Das scheint schon realistischer und doch nur mit sehr viel Fantasie denkbar, zumal einen solchen Schritt nahezu alle Fanszenen höchst kritisch begleiten würden.

Am Ende wird sich der am Mittwoch eskalierte Konflikt niederschlagen in der Diskussion um den nächsten Verteilerschlüssel, sowohl unter den Spitzen- und Mittelklasseklubs als auch zwischen Bundesliga und 2. Liga, die sich, auch das ist nicht wegzudiskutieren, einer erheblichen Querfinanzierung aus dem Oberhaus erfreut. Es wird also um eines gehen: das liebe Geld. Wie am Mittwoch. Und irgendwie wie immer.

Benni Hofmann