Bundesliga

Ruhnert über Kruse und Co.: "Wenn es mir zu bunt wird, sage ich es"

Union Berlins Manager im Interview, Teil 2

Ruhnert über Kruse und Co.: "Wenn es mir zu bunt wird, sage ich es"

Schlitzohr auf und neben dem Platz: Union Berlins Neuzugang Max Kruse.

Schlitzohr auf und neben dem Platz: Union Berlins Neuzugang Max Kruse. picture alliance

Herr Ruhnert, wie sieht es auf der Torhüterposition aus? Ist Andreas Luthe die Nummer 1?

Es ist Aufgabe der Trainer, das zu entscheiden.

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Kruse

Kruse Max

Anders gefragt: Sehen Sie den Kader auf der Torhüterposition gut aufgestellt? Lennart Moser will noch gehen.

Wenn Lennart geht, sind wir nicht ausreichend aufgestellt.

Und wenn er - überraschend - bliebe?

Lennart Moser ist ein richtig guter Torwart. Ich sehe ihn absolut in der Lage, in der Bundesliga ins Tor zu gehen. Da habe ich überhaupt keine Bauchschmerzen. Der Torwart ist gut, für sein Alter von erst 20 Jahren sogar sehr gut. Mit seiner Erfahrung in Belgien (Moser war zuletzt an Cercle Brügge verliehen, d. Red.) hat er das untermauert. Wir sind überzeugt, dass wir mit den drei Torhütern durchaus arbeiten könnten. Ich habe da deutlich weniger Bauchschmerzen als der eine oder andere in der Öffentlichkeit.

Ruhnert: "Manuel Neuer war zu teuer, außerdem schon 34"

Mit Rafal Gikiewicz, der 32 ist, haben Sie sich nicht auf eine Vertragsverlängerung geeinigt. Dafür holten Sie Andreas Luthe, der 33 ist, aus Augsburg. Das überrascht zunächst. Inwieweit haben Sie Verständnis für Verwunderung über oder gar Kritik an diesem Vorgehen?

Manuel Neuer war zu teuer, außerdem schon 34. Da habe ich mir gesagt: So einen alten Torwart holst du nicht (lacht). Im Ernst: Kritik kann man erst dann anbringen, wenn es einen Grund gibt, also der Torhüter, der dann bei uns im Tor steht, deutlich schlechter hält, als es vorher der Fall war. Dann müsste ich mich der Kritik stellen, weil dann eine Entscheidung, die wir getroffen haben, nicht richtig gewesen wäre. Aber im Moment gibt es keinen Grund, Kritik anzubringen.

Keine Kritik, sondern - ganz im Gegenteil - ein Lob gab es kürzlich von Grischa Prömel. Der erzählte, dass er sich bei seinem Wechsel aus Karlsruhe zu Union im Sommer 2017 nicht habe vorstellen können, dass Union einmal Kaliber wie Kruse, Gentner oder Subotic verpflichten könne. Wie sehr überrascht es den Manager, dass Ihnen dies gelang?

Das ist ein total sozialer Haufen.

Oliver Ruhnert über die Mannschaft

Gar nicht. Wir haben in diesem Klub so viele Leute, die alle in die gleiche Richtung ziehen. Wir haben den Eindruck, dass Union ein sehr attraktiver Klub ist. Wir haben top Trainingsbedingungen, eine top Stadt, und du hast vielleicht Leute im Klub, die dir nicht so viel dummes Zeug erzählen. Das ist für Spieler auch ein Anreiz. Es spricht sich ja auch rum in der Branche, dass unsere Spieler nicht erzählen, dass es bei uns alles eine Katastrophe ist. Ein großer Pluspunkt ist auch, dass wir so stark als Gemeinschaft funktionieren. Es sind wenige, die an diesem Prozess mitwirken hier, weil es immer noch sehr familiär bei uns ist. Zudem muss ich der Mannschaft auch mal ein großes Kompliment machen. Sie macht es jedem unglaublich einfach, sich zu integrieren. Das ist ein total sozialer Haufen.

Jetzt haben Sie mit Max Kruse einen Spieler verpflichtet, der durchaus auffällt und eine extrovertierte Ader hat. Inwieweit ist das für einen Klub, den Sie als familiär beschreiben, und eine Mannschaft, die sehr stark als Kollektiv funktioniert, eine Herausforderung?

Ruhnert: "Risiko für einen Spieler wie Max Kruse viel größer ist als für uns"

Urs Fischer hat das schon ganz gut gesagt: Es ist ja nicht so, dass wir nicht wüssten, auf welche Art Spieler wir uns einlassen. Natürlich wissen wir, dass an Max Kruse ein höheres Interesse besteht als an unserem Busfahrer. Wir sind nicht naiv. Aber ich habe keine Probleme mit den Spielern dahingehend. Wenn es mir zu bunt wird, sage ich es. Ansonsten glaube ich schon, dass man sich arrangiert. Ich glaube auch, dass das Risiko für einen Spieler wie Max Kruse viel größer ist als für uns. Spieler wie er oder Gentner oder Subotic hatten eine große Karriere und lassen sich dann auf uns ein. Die hatten alle genug andere Möglichkeiten - und entscheiden sich trotzdem, unseren Weg mitzugehen. Davor ziehe ich meinen imaginären Hut.

Es dürfte wohl keinen Zweifel geben, dass Kruse der Mannschaft sportlich weiterhelfen kann, wenn er fit ist und sein altes Niveau erreicht.

Genau. Ich glaube, der Spieler wird noch mal ein richtiges gutes Niveau zeigen.

Sie kennen aber auch die Geschichten von seinen früheren Stationen, in denen es um seine Freizeitaktivitäten, seinen Lebensstil oder seine Fitness ging. Läuft es im Umgang mit Max Kruse am Ende auf die Mischung hinaus, dass man hin und wieder ein Auge zudrücken, an anderer Stelle aber auch mal die Zügel anziehen muss?

Das liegt immer am Spieler. Wenn der Spieler Leistung zeigt und der Mannschaft hilft, wird es weder in der Mannschaft noch im Umfeld ein Thema. Es gibt Regeln, an die haben sich alle zu halten. Diese Regeln akzeptiert jeder Spieler, der hier unterschreibt. Ich denke nicht, dass das für ihn ein Thema ist. Es geht immer um Grenzen. Wie weit kann ich gehen, wo muss ich aufhören? Es geht dabei eher um Abstimmungsfragen, die man im Laufe der Zeit besprechen muss.

Reicht die Zeit für Max Kruse nach seiner im März erlittenen Sprunggelenkblessur, dass er bis zum Saisonstart fit ist?

Er macht gute Fortschritte, aber diese guten Fortschritte sind schon noch auf einem Level, bei dem man klar sagen muss, dass er lange raus war. Deswegen wird das ein bisschen Zeit brauchen. Unser Reha-Trainer (Christopher Busse, d. Red.) arbeitet sehr intensiv mit ihm. Diese Intensität ist für Max erst einmal wieder neu. Es ist ein anderer Biorhythmus, das ist ja klar. Wenn du so lange verletzt bist, verschieben sich die Prioritäten. Jetzt hat er wieder eine neue Priorität in seinem Leben. Er fängt an, sich zu quälen, weil er möglichst schnell wieder aufs Feld möchte.

Lesen Sie auch den ersten Teil des Interviews:
Ruhnert: "Nicht so, dass wir Subotic hier nicht mehr sehen wollen"

Interview: Jan Reinold

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