Bundesliga

Hoffenheims Manager Alexander Rosen zur Trennung von Alfred Schreuder

TSG: Hintergründe zur Schreuder-Trennung

Rosen: "Wir wissen, dass dafür nicht immer Applaus zu erwarten ist"

Unterschiedliche Ansichten führten zur Trennung: Alfred Schreuder.

Unterschiedliche Ansichten führten zur Trennung: Alfred Schreuder. imago images

Der Montagabend wurde lang und länger für Alexander Rosen und Alfred Schreuder. Irgendwann muss in beiden die Erkenntnis gereift sein: Es wird nicht mehr weitergehen. Ab sofort. Am Dienstagmorgen dann folgte die überraschende Pressemitteilung, in der die Geschäftsführer Frank Briel und Peter Görlich und eben Rosen dem Niederländer dankten - und das sofortige Ende der Zusammenarbeit verkündeten.

Von Differenzen in der künftigen Ausrichtung des Klubs war die Rede. "Vor einer Woche war das noch nicht absehbar", sagte Rosen später in einer Telefonschalte mit Journalisten. Das lässt einen großen Knall vermuten, doch bislang dringt dahingehend nichts durch. Rosens Darstellung lautet: "Am Wochenende nach dem Spiel kam eine große Dynamik rein, die uns letztlich zu dem gemeinsamen Entschluss kommen ließ, nach Saisonende einen neuen Cheftrainer zu installieren."

Dass es dann doch zum direkten Schnitt kam, sei den Gesprächen am Montagabend geschuldet gewesen, erklärte der 41-Jährige: "Es war nicht das eine Thema, die Dynamik ist nicht anhand eines Themenbereichs zu definieren." Wer daraus schlau werden möchte, der muss in den Sommer zurückgehen, in den Juni. In die Tage, als Schreuder seinen ursprünglich auf drei Jahre ausgelegten Vertrag bei der TSG antrat.

Schreuders schwierige Lage zum Start

Nachdem bereits im Mai klar war, dass mit Nico Schulz (BVB) und Kerem Demirbay (Bayer 04) zwei absolute Top-Leistungsträger den Klub verlassen würden, ging der Aderlass gefühlt ungebremst weiter: Joelinton verkaufte die TSG für eine Rekordablöse zu Newcastle United - nachvollziehbar und doch für einen Trainer in einer Phase, in der der Gesundheitszustand der beiden verbliebenen Topangreifer Andrej Kramaric und Ishak Belfodil unklar war, ein Schlag. Dass auch noch Nadiem Amiri nach Leverkusen ging, wird nicht zur Stimmungsaufhellung beigetragen haben.

Insofern hatte der Niederländer neben den enormen Fußstapfen, die Julian Nagelsmann hinterlassen hatte, mit einem zweifelsohne talentierten, aber eben ziemlich durcheinandergewürfelten Kader eine weitere Hypothek. Schon nach dem verkorksten Saisonstart wuchsen die Zweifel im Umfeld, Rosen aber hielt Schreuder die Stange.

Und der zahlte zurück: Nach dem 2:1 beim FC Bayern startete seine Elf eine Serie, schob sich vor auf Rang fünf. So richtige Konstanz wollte zwar nie rein in diese Truppe, doch in einer als Übergang deklarierten Saison irgendwo eine Normalität. Und: Der aktuelle Trend, der eher in Richtung Europa zeigt als in Richtung Mittelmaß, rückt den Zeitpunkt der Vertragsauflösung in ein den Bereich "schwer zu greifen".

Es gab keine Eskalationen oder Vorfälle, die uns zu dem Schritt genötigt hätten.

Alexander Rosen

Das Verhältnis Trainer-Mannschaft? Bezeichnet Rosen als intakt: "Es gab keine Eskalationen oder Vorfälle, die uns zu dem Schritt genötigt hätten." Die genannten Differenzen über die Ausrichtung des Klubs werfen natürlich die Frage auf, ob sich die Klubphilosophie in den vergangenen zwölf Monaten dramatisch verändert oder ob man bei den Vertragsgesprächen im Frühjahr offenkundig aneinander vorbeigeredet hat? Müsste man dies beantworten, landete man eher bei Letzterem. Denn dass Schreuder anders als Nagelsmann nicht permanent einen höchst attraktiven Hurra-Stil pflegte, war Teil der Stellenausschreibung, weil dies vergangenes Jahr eben auch Punkte im Rennen um Europa gekostet hatte.

Knackpunkte: Kadergröße und Entscheidungskompetenzen

Nach kicker-Informationen sollen etwa die Vorstellungen in den Bereichen Kadergröße in der kommenden Saison und Entscheidungskompetenzen des Trainers auseinandergegangen sein. Auch die mitunter überraschenden taktischen Maßnahmen des Coaches sollen nicht jedem gefallen haben. Tatsächlich sorgte so manche Idee für Stirnrunzeln, etwa Kevin Akpoguma als Außenstürmer einzusetzen.

Andererseits: Schreuder hatte den Mut, den als rechten Flügelspieler geholten Robert Skov zum Linksverteidiger umzuschulen. Und der Däne machte es ordentlich auf einer Position, auf der dieser Kader keine wirklich gute Nachfolgeregelung der Schulz-Lücke bot. Zudem setzte der Niederländer stringent auf eigene Nachwuchsakteure (Melayro Bogarde, Maximilian Beier, Ilay Elmkies) oder baute diese zu Stammkräften auf (Christoph Baumgartner, Stefan Posch).

"Es ging nicht um Einzelpersonalien, auch wenn es klar ist, dass Spielerpersonalien in der täglichen Kommunikation ein Thema sind", sagt Rosen auf konkrete Fragen zu Personalien wie Kevin Vogt, mit dem sich Schreuder entzweit hatte und der daraufhin eine Leihe bei Werder Bremen antrat.

Welche Rolle spielte Hopp?

Gerüchte um unterschiedliche Auffassungen in der Frage, ob künftig Stammkeeper Oliver Baumann oder der derzeit an den VfB Stuttgart verliehene Gregor Kobel das Tor hüten solle, als Brandbeschleuniger verdichteten sich bislang nicht. Welche Rolle Mäzen Dietmar Hopp (Rosen: "Er ist nicht Teil der Operative, aber natürlich ist er in solche Prozesse eingeweiht und dient uns als Ratgeber.") spielt, darüber lässt sich ebenfalls nur mutmaßen. Im Herbst soll der Gesellschafter den schwachen Saisonstart seiner TSG auch am Trainer festgemacht haben.

"Wir wissen, dass dafür nicht immer Applaus zu erwarten ist", verteidigte Rosen die Trennung in beiderseitigem Einvernehmen zu einem mehr als ungewöhnlichen Zeitpunkt. Der Direktor Profifußball wird nun noch näher ans Team rücken, das mit Ausnahme des ebenfalls scheidenden Co-Trainers Dick Schreuder von den bisherigen Assistenten Mathias Kaltenbach, Timo Gross (Analyse) sowie Michael Rechner (TW) von U-19-Trainer Marcel Rapp und Kai Herdling (U 16) bis Saisonende gecoacht wird. Für die Zeit danach kündigte der Manager eine externe Lösung an - mit der es keine Differenzen in der Frage der künftigen Ausrichtung geben sollte.

Benni Hofmann