Bundesliga

SC Freiburgs Günter: "Bis zur letzten Sekunde an die Kante gegangen"

Freiburgs Linksverteidiger über das erste Geisterpiel und ein fast erreichtes Ziel

Günter: "Bis zur letzten Sekunde an die Kante gegangen"

Christian Günter führte den SC Freiburg in Leipzig als Kapitän an.

Christian Günter führte den SC Freiburg in Leipzig als Kapitän an. imago images

kicker: Christian Günter, Sie haben den SC Freiburg am Samstag in Leipzig beim ersten Geisterspiel als Kapitän angeführt. Lief es besser oder schlechter als erwartet?

Christian Günter: Es war besser als erwartet. Man wusste vorher nicht, ob es ein bisschen Freundschaftsspielcharakter haben würde, das war aber überhaupt nicht der Fall. Im Spiel war Tempo drin, es gab aggressive Zweikämpfe. Aber insgesamt war es natürlich etwas ganz anderes, als wenn das Stadion voll ist.

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kicker: Wie ordnen Sie das 1:1 beim Champions-League-Klub ein?

Günter: In der ersten Halbzeit haben wir ein richtig gutes Spiel gemacht. Da hatte Leipzig ein bisschen Probleme damit, wie wir defensiv standen, und wir konnten wie geplant unsere Nadelstiche nach vorne setzen. In der zweiten Halbzeit haben sie umgestellt, damit sind wir nicht mehr so richtig klargekommen. Da haben wir zu viele Torchance zugelassen. Durch deren Chancenübergewicht war es schlussendlich eher ein glücklicher Punkt für uns.

Man hat gesehen, dass Leipzig eine unfassbare Qualität hat.

Christian Günter

kicker: In weiten Teilen der zweiten Hälfte kam der SC kaum noch ins Angriffsdrittel. War das nur dem Leipziger Druck und der höheren Präzision in deren Spiel geschuldet oder haben die eigenen Kräfte nach etwa einer Stunde ein wenig nachgelassen?

Günter: Da hat beides mit reingespielt. Sie hatten das Übergewicht und wir kaum noch Zugriff. In der zweiten Halbzeit hatten wir anders als in der ersten Halbzeit kaum noch Ballbesitzphasen und haben kaum noch Entlastung gefunden. Man hat gesehen, dass Leipzig eine unfassbare Qualität hat. Da lief es glücklich für uns, aber unsere Leistung in der ersten Halbzeit war sehr gut. Darauf können wir aufbauen und den Punkt nehmen wir liebend gern mit, auch wenn es am Ende bei der knappen Abseitsposition ja fast noch zu drei Punkten gereicht hätte.

kicker: Mit etwas Abstand, wie bewerten Sie die Rahmenbedingungen und die Atmosphäre rund um das erste Geisterspiel?

Günter: Von Seiten der DFL und von den Leipziger Gastgebern war alles sehr gut organisiert, es wurde alles dafür getan, dass wir auch im Innenraum genug Abstand halten konnten. Das hat alles sehr gut funktioniert. Für uns Spieler war es angenehm, sich durch die gute Organisation keine Sorgen um die Hygiene- und Sicherheitsvorgaben machen zu müssen.

kicker: Welche Rückschlüsse ziehen Sie für die kommenden Partien?

Günter: Wir wissen, wenn es gerade im Heimspiel mal nicht laufen sollte, sind keine 20.000 Leute da, die uns nach vorne peitschen und das letzte aus einem rauskitzeln. Das muss von innen herauskommen, von jedem Einzelnen. Dass wir das können, haben wir in Leipzig gezeigt, wo wir bis zur letzten Sekunde gekämpft haben und an die Kante gegangen sind. Diese Fähigkeit steckt in unserer Mannschaft, das brauchen wir auf jeden Fall aber auch in den nächsten Wochen.

kicker: Christian Streich hat noch aktiver gecoacht als sonst, weil seine Kommandos jetzt deutlich hörbar sind. Fühlten Sie sich wie er auch an die Zeiten in der A-Jugend erinnert, als Sie bereits unter seiner Leitung spielten?

Günter: (schmunzelt) Ja, diese Erinnerungen kommen wirklich wieder hoch. Man hört ihn, man hört auch jedes Kommando vom Nebenmann, man selbst kann in dieser Hinsicht mehr mitwirken. Das macht das Spiel ab und zu einfacher, weil man frühzeitig etwas hört, was man sonst im Stadion nicht wahrnimmt.

Ich nehme an, dass die Tabelle noch durcheinandergewirbelt werden kann, weil das Saisonfinale ein Stück weit unberechenbar ist.

Christian Günter

kicker: Der Re-Start mit allem was dazugehört ist das dominierende Thema und überlagert derzeit noch fast alle sportlichen Aspekte. Heimlich, still und leise hat der Sport-Club nun aber schon 37 Punkte gesammelt, braucht nur noch einen Sieg, um die magische Nicht-Abstiegsmarke und damit das alljährliche Ziel zu erreichen. Was bedeutet diese komfortable Lage acht Spieltage vor Schluss?

Günter: Das ist in der aktuellen Saison noch wichtiger als sonst. Aus meiner Sicht fallen jetzt echte Heimspiele weg, es fühlt sich fast jedes Spiel an, als finde es an einem neutralen Ort statt. Wie schon erwähnt, können dir die eigenen Fans in wichtigen Situationen keinen Impuls von außen geben, der dir sonst im Abstiegskampf manchmal helfen kann, den Bock umzustoßen. Das ist für die Teams unten drin natürlich schwierig. Ich nehme an, dass die Tabelle noch durcheinandergewirbelt werden kann, weil das Saisonfinale ein Stück weit unberechenbar ist. Umso besser für uns, dass wir schon genügend Abstand nach unten haben.

kicker: Die einwöchige Hotel-Quarantäne ist beendet, alle Profis dürfen nun wieder zu Hause wohnen und müssen die DFL-Regeln befolgen. Das potenzielle Ansteckungsrisiko ist dadurch erhöht. Wie wird es beim SC gehandhabt: Lassen sich die Angehörigen der Spieler auf das Coronavirus testen oder führen sie das ansonsten vorgeschriebene Aktivitätsprotokoll?

Günter: Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Wir haben diese Woche noch eine Informationsvideokonferenz zu diesem Thema. In meinem Fall muss das meine Frau auch für sich selbst entscheiden, weil sie das Protokoll ja dann auch führen müsste. Weil sich bei uns gerade so gut wie alles um unsere kleine Tochter dreht, und wir zu niemandem wirklich Kontakt haben, wäre das mit dem Protokoll aber ziemlich einfach.

Interview: Carsten Schröter-Lorenz

Bilder zur Partie RB Leipzig - SC Freiburg