Bundesliga

Klaus Filbry legt offen: Werder Bremen drohen 45 Millionen Euro Verlust

Bremer Profiabteilung muss erstmals Schulden machen

Filbry legt offen: Werder drohen 45 Millionen Euro Verlust

Ist sich um den Ernst der Lage bewusst: Klaus Filbry.

Ist sich um den Ernst der Lage bewusst: Klaus Filbry. picture alliance

Im Rahmen einer telefonischen Pressekonferenz gab der 53-Jährige am Freitag tiefe Einblicke in die Zahlen, die ihn und seine Geschäftsführerkollegen derzeit beschäftigen. Demnach drohen Werder durch die Krise im schlimmsten Fall rund 45 Millionen Euro an Einnahmen wegzubrechen.

Immerhin konnte Filbry aber vermelden: "Die Liquidität ist auf jeden Fall bis in den Frühherbst sichergestellt." Das gelte selbst für den worst case, also einen Saisonabbruch ohne Geisterspiele. Bedingung für die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit sind allerdings nicht nur erhöhte Kreditlinien bei den Hausbanken, sondern auch ein geplanter KfW-Kredit in zweistelliger Millionenhöhe.

Die Werder Bremen GmbH und Co.KG auf Aktien, die zuletzt vier Jahre hintereinander schwarze Zahlen geschrieben hatte, muss also erstmals seit ihrer Gründung im Mai 2003 Schulden aufnehmen. "Ein Novum", bestätigt Filbry, "aber es zeigt die Dringlichkeit in dieser nicht selbst verschuldeten Krise. Wir sind in der Pflicht, den wirtschaftlichen Fortbestand von Werder zu sichern. Und in dieser Situation sind früher oder später alle Bundesligisten." Selbst ein weiterer drastischer Gehaltsverzicht der Profis, von Teilen der Öffentlichkeit gerne als vermeintlich unkompliziertes Allheilmittel in den Raum gestellt, "würde uns nicht in die Lage versetzen, es ohne fremde Hilfe zu schaffen", so der Bremer Boss.

Über neun Millionen schon jetzt definitiv verloren

Zu groß sind die Einschnitte, selbst wenn die vierte TV-Rate in Höhe von rund 15 Millionen Euro am Ende wirklich nicht zurückgezahlt werden muss. Definitiv verloren gehen in der laufenden Spielzeit rund sechs Millionen Euro aus Sponsoring und Ticketing sowie 3,3 Millionen im Businessbereich. Hinzu kommen fünf Millionen Euro aus offenen Rechnungen, deren Zahlung infrage steht, da auch die Partnerfirmen wirtschaftlich bedroht sind. Völlig ungewiss sind die Vertragsverlängerungen der Großsponsoren VW und betway (zusammen 5,6 Mio. Euro pro Jahr). Gleiches gilt für ebenfalls auslaufende kleinere Sponsorenverträge in Gesamthöhe von 0,5 Mio. Euro sowie gekündigte Hospitality-Buchungen im Gesamtwert von 1,4 Mio. Euro.

Da auch in der kommenden Saison voraussichtlich bis (mindestens) Ende Dezember ohne Stadionpublikum gespielt werden muss, wären auch für diesen Zeitraum bereits Mindereinnahmen von insgesamt rund 16 Mio. Euro aus den Bereichen Ticketing, Sponsoring und Businessbereich fest einzukalkulieren. Sollte gar die aktuelle Saison abgebrochen werden, käme ein Minus von ca. 18,5 Millionen Euro (Rückzahlung der TV-Gelder plus TV abhängige Sponsoreneinnahmen) hinzu.

Das Drohpotenzial ist sehr, sehr hoch.

Klaus Filbry

In diesem Fall müsste mit den Profis zwingend über einen weiteren Gehaltsverzicht gesprochen werden. "Das Drohpotenzial", folgert Filbry nachvollziehbar, ist "sehr, sehr hoch". Für Werder kommt erschwerend hinzu: Ob, wann und in welcher Höhe die längerfristig avisierten Transfereinnahmen, etwa für Starstürmer Milot Rashica, erzielt werden können - das steht vorerst in den Sternen. Und der nach wie vor drohende Abstieg wäre ohnehin auch wirtschaftlich ein weiterer herber Schlag ins Kontor.

"Das würde die Bundesliga nicht überleben"

Klar ist für Filbry schon jetzt: Der Lizenzspieleretat, aktuell bei schätzungsweise rund 50 Millionen Euro anzusiedeln, "muss in der kommenden Saison reduziert werden, das ist keine Frage". Der Verkauf von Klubanteilen ist an der Weser zwar kein Tabu, aber aktuell auch kein realistisches Szenario. Filbry: "In dieser Phase würde man kaum jemanden finden, der an einer Minderheitsbeteiligung interessiert wäre. Und es wäre auch für den Klub kein guter Zeitpunkt, da man sich unter Wert verkaufen müsste."

Die einzig realistische kurzfristige Rettungsmaßnahme bleibt somit die Austragung von Geisterspielen. Das unterstreicht Filbry unisono mit DFL-Chef Christian Seifert tagszuvor: "Wenn wir die Saison nicht zu Ende spielen können, dann könnten wir mit den gleichen Argumenten auch im September, Oktober nicht spielen. Und das würde die Bundesliga nicht überleben."

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Thiemo Müller

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