Bundesliga

Leverkusens Athletiktrainer Bigdeli: "Kann meine schwierigste Aufgabe werden"

Leverkusens Athletiktrainer erklärt seine Arbeit in der Fußballpause

"Das kann meine schwierigste Aufgabe werden"

Besondere Herausforderungen: Schahriar Bigdeli (l.) mit Cheftrainer Peter Bosz.

Besondere Herausforderungen: Schahriar Bigdeli (l.) mit Cheftrainer Peter Bosz. picture alliance

Am Ende werden sie vielleicht die heimlichen Helden sein. Für den Fall, dass diese Bundesligasaison irgendwann zu Ende gespielt werden sollte. Dann wird es auf die Arbeit der Athletiktrainer wie Schahriar Bigdeli ankommen. Denn sie sind jetzt, da kein normales Training möglich ist, dafür verantwortlich, in welchem Zustand die Bundesligatrainer ihre Schützlinge - wann auch immer - auf dem Trainingsplatz wiedertreffen.

Bigdeli ist sich dieser Bürde bewusst. "Wenn es so bleibt, wie es ist, haben wir natürlich einen großen Einfluss auf den Zustand der Spieler. Und da müssen wir für sorgen, dass er so bleibt, wie er ist", sagt der 39-Jährige, der in der Pause als Schadensbegrenzer agiert. "Wir kommen nicht in diese fußballspezifischen Belastungen rein. Wir können nur zuhause trainieren oder Läufe vor der Haustür machen. Darum geht es darum, möglichst langsam Fitness zu verlieren."

Die Bayer-Profis wären auch auf eine Quarantäne vorbereitet

Dafür wurden alle Bayer-Profis mit einem Basis-Trainingsplan ausgestattet, dessen Einheiten etwa 50 Minuten dauern. Das Programm wird abgestimmt auf die zuvor unterschiedliche Spielbelastung der Akteure. "Das ist mit viel Zeit verbunden, denn die Trainingsbegebenheiten vor Ort sind bei jedem Spieler anders", erklärt Bigdeli.

Um die Intensitäten der einzelnen Belastungen nachvollziehen zu können, wurden alle Profis mit GPS-Sendern und Westen ausgerüstet, die die Herzfrequenz messen können. Um selbst im Fall einer Quarantäne keine Trainingspause hinnehmen zu müssen, bekamen die Spieler Laufbändern geliefert, "so dass auch im worst case, jeder den Trainingsplan absolvieren kann".

"Momentan befinden wir uns quasi in einer etwas längeren Winterpause"

Noch ist die Aufgabe des Athletiktrainers nicht zu kompliziert. "Die Spieler waren alle in einem sehr fitten Zustand, kamen aus einer sehr intensiven Zeit heraus. Derzeit geht es einfach darum, die Fitness zu halten", erklärt Bigdeli, der die derzeitige Unterbrechung mit der zum Jahreswechsel vergleicht: "Momentan befinden wir uns quasi in einer etwas längeren Winterpause. Da geben wir auch die ersten Tage frei. Danach braucht man etwa zwei, zweieihalb, drei Wochen bis wir unseren Fitnesslevel erreicht haben. Das ist jetzt de facto auch so."

Seit einer Woche arbeiten Havertz und Co. im Homeoffice. Eine weitere würde noch keinen großen Schaden anrichten. "Zwei Wochen kann man die Fitness sehr gut konservieren. Danach sollte man so schnell wie möglich versuchen, in normale Abläufe und Intensitäten zu kommen. Das ist ganz wichtig", betont Bigdeli, denn die spieltypischen Belastungen lassen sich zuhause nicht simulieren. "Ausdauer und Stabilität kriegt man durch Übungen sehr gut in den Griff, aber Explosivkraft und Schnelligkeit sind Themen, die man am besten auf dem Trainingsplatz bearbeiten kann", erklärt er.

Mit jeder Woche wird die Aufgabe verzwickter

Momentan richtet er seine Planung danach aus, dass es am 1. April mit dem Training weitergeht. Doch das werden die Anordnungen des Landes nach derzeitigem Stand nicht zulassen. Bigdeli sagt: "Wenn es da nicht weitergehen sollte, weil wir es noch nicht dürfen, haben wir Szenarien durchgespielt und Trainingspläne erarbeitet, dass auch dann die Spieler bestmöglich versorgt sind."

Doch mit jeder Woche wird die Aufgabe verzwickter. Bigdeli erklärt: "Wenn es sechs Wochen Pause sind, werden wir es auch schaffen - aber man darf den Aufbau dann auch nicht zu schnell hochfahren -, dass wir die Spieler auf ein gutes Fitnesslevel bekommen. Aber es ist natürlich eine Herausforderung, das zu schaffen."

Nicht nur Leverkusen droht ein Ritt auf der Rasierklinge

Und dass er und die Profis diese Zeit bekommen werden, ist eher unwahrscheinlich, steht die Liga doch unter Druck, die Meisterschaft möglichst schnell zu Ende zu bringen. Spiele im Zwei- oder Drei-Tage-Rhythmus, wie sie bereits diskutiert werden, würden aufgrund der nicht idealen Vorbereitung besonders gefährlich. "Da müssen wir aufpassen, dass Spieler sich nicht verletzen", warnt der Athletiktrainer.

Er selbst spricht es nicht aus, aber seine Aussagen machen deutlich, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt ein unter vernünftigen Bedingungen ablaufender Wettbewerb schwer möglich sein wird. Erst recht nicht, wenn neben den Ligen auch noch nationale und internationale Cup-Wettbewerbe fortgesetzt würden. Dann stünde Bayer 04 angesichts des möglichen Restprogramms mit noch 17 Partien (neun in der Liga, zwei im DFB-Pokal, sechs in der Europa League) in einem alles andere als idealen Trainingszustand im besten Fall ein Ritt auf der Rasierklinge bevor.

Für Bigdeli würde es die größte Herausforderung als Athletiktrainer. "Bisher sind wir noch in einem Bereich, in dem wir sagen, die Spieler verlieren nicht viel Fitness, wenn wir am 1. April mit dem Trainingsbetrieb weitermachen", erklärt er, "aber es kann zu der schwierigsten Aufgabe werden, die ich bei Bayer Leverkusen hatte."

Stephan von Nocks

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