Bundesliga

Hertha BSC: Verdrängt Dodi Lukebakio jetzt Davie Selke?

Hertha: Klinsmann sucht im Sturm die passende Idee

Verdrängt Lukebakio jetzt Selke?

Ersetzt Dodi Lukebakio (re.) Davie Selke im Sturmzentrum von Hertha BSC?

Ersetzt Dodi Lukebakio (re.) Davie Selke im Sturmzentrum von Hertha BSC? imago images

Für Mittwochvormittag war bei Hertha BSC eine öffentliche Trainingseinheit angesetzt - aber nach dem Aufwärmen mussten Fans und Journalisten den Platz verlassen. Jürgen Klinsmann ließ kurzerhand geheim trainieren, auch am Donnerstag und Freitag werden die Einheiten nicht öffentlich sein. Assistent Alexander Nouri begründete die Maßnahme später wie folgt: "Wir wollen uns voll auf unsere Arbeit fokussieren. Denn wir sind in einer Situation, in der wir alle Energie auf unsere Arbeit richten müssen - ohne störende Geräusche."

Ich wünsche mir mehr Mut, Tore auch mal erzwingen zu wollen.

Jürgen Klinsmann

Nach dem verstörend mutlosen Auftritt beim Rückrundenstart gegen den FC Bayern (0:4) will Hertha am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) in Wolfsburg eine Reaktion zeigen. "Wir müssen an unser Limit kommen - sowohl als Mannschaft wie auch jeder einzelne Spieler", sagte Nouri. Den Ausfall von Abwehrchef Dedryck Boyata (Gelb-Sperre) aufzufangen, ist eine Aufgabe in dieser Woche - und die gegen Bayern allenfalls in Spurenelementen vorhandene Offensive zu beleben, eine andere. "Mehr Durchschlagskraft" erwartet Klinsmann (110 BL-Tore: 79 für den VfB Stuttgart, 31 für Bayern): "Ich wünsche mir mehr Mut, Tore auch mal erzwingen zu wollen."

Personelle Veränderungen im Angriff werden diskutiert

Manager Michael Preetz (91 BL-Tore: 84 für Hertha, 5 für Fortuna Düsseldorf, 2 für den MSV Duisburg) sagt: "Damit die Offensive funktioniert, muss sich die ganze Mannschaft daran beteiligen." Die Zögerlichkeit gegen die Bayern war frappierend, der "massive Spielverderber-Fußball" (Süddeutsche Zeitung) führte - nachdem Hertha zuletzt unter Pal Dardai und Ante Covic Bayern jahrelang in Serie zu piesacken vermochte - schnurstracks in ein 0:4-Fiasko.

Jetzt wird nach kicker-Informationen innerhalb des Trainerteams eine personelle Veränderung im Angriff diskutiert. Dem emsigen, aber chronisch glücklosen und im Abschluss fahrig wirkenden Davie Selke, der unter Klinsmann bislang gesetzt war, droht in Wolfsburg die Bank. Für ihn könnte Dodi Lukebakio vom rechten Flügel ins Sturmzentrum rücken, wo er in den letzten gut 20 Minuten des Bayern-Spiels mit Selke eine Doppelspitze gebildet hatte. Schon am Tag nach der Abfuhr gegen den Meister hatte Klinsmann gesagt: "Wir diskutieren ständig, welche Varianten wir bringen können. Es wäre auch eine Variante gewesen, mit Marius Wolf rechts zu beginnen, Jav (Javairo Dilrosun, d. Red.) links und Dodi allein im Zentrum." In Wolfsburg spricht abermals einiges für diese Variante - und Selke, der sich aufreibt, aber nicht trifft, könnte zunächst auf die Bank rücken.

Ibisevic saß zuletzt nur auf der Bank

In den bisherigen sechs Spielen unter Klinsmann schoss Hertha fünf Tore, verteilt auf vier Schützen (Darida 2, Grujic, Lukebakio, Rekik). Das Trio, das in der Vorsaison die mit weitem Abstand meisten Tore für Hertha schoss, hat Klinsmann im Eiltempo aufs Abstellgleis geschoben: Ondrej Duda, mit elf Treffern und sechs Assists 2018/19 Herthas Top-Scorer, ging auf Leihbasis zu Norwich City, weil er keine Vertrauensbasis mehr sah. Salomon Kalou (acht Tore, drei Assists in 2018/19) darf nicht mal mehr mit der Mannschaft trainieren, er darf - und soll - noch im Winter gehen. Und Kapitän Vedad Ibisevic (zehn Tore/drei Assists in 2018/19), dessen Bedeutung Klinsmann in den ersten Wochen seiner Amtszeit gern mit salbungsvollen Worten hervorhob, blieb in vier der sechs Spiele unter dem neuen Coach unberücksichtigt auf der Bank. Der Bosnier, dessen Vita 123 Bundesliga-Tore zieren, musste zuletzt mit ansehen, wie nach Selke (ein Saisontor) auch Pascal Köpke (null Saisontore) in der Stürmer-Hierarchie an ihm vorbeizog.

"Dafür ist Pascal wesentlich besser geeignet"

Der Sohn des Bundestorwarttrainers Andreas Köpke, der auf Klinsmanns Bitte in den vier Wochen vor Weihnachten Herthas Torhüter trainiert hatte, kam zuletzt dreimal in Folge als Joker zum Zug und ließ in Leverkusen und gegen Bayern jeweils eine hundertprozentige Chance ungenutzt. Dass er gegen die Bayern abermals Köpke, der im Sommer 2018 von Zweitligist Aue gekommen war, Ibisevic vorzog, begründete Klinsmann so: "Bayern hat sich (auch in Führung, d. Red.) mehr bei uns festgesetzt, wir waren mehr im Konter- als im Ballbesitzspiel. Vedad ist ein Strafraum-Killer. Vom Spielverlauf war aber klar, dass mehr übers Konterspiel geht. Dafür ist Pascal wesentlich besser geeignet."

Klinsmann, der mit Preetz derzeit an einer Verpflichtung von Matheus Cunha (20, RB Leipzig) arbeitet, sucht immer noch nach der passenden Offensividee und -besetzung. Die Ressourcen, die ihm der aktuelle Kader bietet, vollumfänglich auszuschöpfen, war unter all seinen Ideen noch nicht dabei.

Steffen Rohr