Bundesliga

Wie Glasner beim VfL Wolfsburg die Wende geschafft hat

Wie Wolfsburgs Trainer die Wende geschafft hat

Glasner: "Ich bin anders als andere Trainer"

Seine Maßnahmen greifen: Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner.

Seine Maßnahmen greifen: Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner. imago images

Wie schnelllebig der Fußball sein kann, demonstriert der VfL Wolfsburg dieser Tage in krasser Form. Gerade einmal elf Tage lagen zwischen dem fußballerisch wiederholt schwer enttäuschenden 0:1 beim SC Freiburg inklusive der anschließenden Kollektivkritik von Trainer Oliver Glasner ("Zu bequem") an seiner Mannschaft und dem unterm Strich unglücklichen 1:1 gegen Schalke.

Drei Spiele nach Freiburg, dreimal im neuen 4-3-3-System, Siege gegen Saint-Etienne (1:0) und Gladbach, nun dieser Punkt gegen S04. Und ein Trainer, dessen Frust sich in Zufriedenheit gewandelt hat. Völlig zu Recht angesichts der Leistungen, die der VfL nun in zwei Ligaspielen hintereinander auf den Platz gebracht hat. Und da stört sich der Österreicher auch gar nicht so sehr an den zwei verschenkten Punkten.

"Für mich war es überhaupt kein Problem, mit einem 0:0 in die Halbzeit zu gehen"

"Ich bin vielleicht ein bisschen anders als viele andere Trainer", sagt Glasner, der schon als Chef des Linzer ASK betont hatte, dass ihm in der Regel die Leistung wichtiger sei als das Ergebnis. "Für mich war es überhaupt kein Problem, mit einem 0:0 in die Halbzeit zu gehen, wenn ich sehe, was wir in der ersten Hälfte gespielt haben", hob der 45-Jährige den Auftritt seiner Mannschaft hervor.

Der VfL wie verwandelt. Wo vorher noch Ideenlosigkeit und fehlendes Tempo beim Spiel in die Spitze vorherrschten, schießt Wolfsburg plötzlich aus allen Lagen. "Eigener Ballbesitz, Umschaltmomente, Gegenpressing, Standardsituationen - wir waren dauergefährlich", erfreut sich Glasner am Wandel seines Teams und kann es (noch) verkraften, dass die Chancenverwertung zu wünschen übrigließ. Denn auch wenn der Coach richtig feststellt, dass keine Möglichkeit kläglich vergeben wurde, so muss dennoch mehr dabei herausspringen als nur ein Tor.

Das Torschussverhältnis in den jüngsten beiden Spielen: 47:14

Dass die Niedersachsen bis Freiburg so spielten, wie sie spielten, und nun so ganz anders auftreten, hängt zwangsläufig mit dem Trainer und seinen taktischen Veränderungen zusammen. Es ist offensichtlich, wie viel wohler sich der VfL in der Grundordnung mit der Viererkette fühlt, plötzlich schiebt das Team von hinten über beide Seiten an, trägt die Offensivbemühungen temporeicher, kreativer und viel zielorientierter vor. Und, ganz entscheidend für den Coach: Die defensive Stabilität geht nicht verloren.

Zahlen nach Spielen gegen Gladbach und Schalke, die vor zwei Wochen noch kaum jemand für möglich gehalten hatte und die Mut für die Zukunft machen: In beiden Partien zusammen verbuchte der VfL ein Torschussverhältnis von 47:14. Eine Dominanz, die eigentlich sechs statt vier Punkte verdient gehabt hätte. Und dennoch sagt Glasner nachvollziehbar: "Ich bin zufrieden. Für mich überwiegt die Freude über den Auftritt. Ich sehe einfach, wie gut wir spielen, wie viele Torchancen wir herausspielen."

"Wir haben uns noch mal ordentlich die Meinung gesagt"

Dazu beigetragen hat offenbar auch die harsche Kritik des Trainers nach der Freiburg-Pleite. Glasner war ins Risiko gegangen, hatte sich öffentlich gegen seine Mannschaft gestellt, zumindest nach außen an Selbstkritik gespart. Und war sich dennoch nicht zu schade, mit der taktischen Veränderung auch so manchem Wunsch aus dem Kader nachzugeben. "Wir haben uns noch mal ordentlich die Meinung gesagt, als wir unzufrieden miteinander waren, das hat dazu beigetragen, dass wir jetzt besser Fußball spielen."

Musste der Trainer, der gefühlt zu lange am 3-4-3 festgehalten hatte, schweren Herzens mit seinem Wunschsystem brechen? "Meine Grundidee", erläutert Glasner, "ist nicht das 3-4-3. Ich bin in Linz im 4-4-2 aufgestiegen, das ist mein bevorzugtes System." Und es dient als Beleg, dass der Österreicher taktisch deutlich flexibler agieren lassen kann, als es in den vergangenen Monaten den Anschein machte.

Glasner will jetzt auch den Bayern das Leben schwer machen

Und so darf durchaus mit Spannung erwartet werden, was sich Glasner zum Jahresabschluss am Samstag in München einfallen lässt. Mutig und offensiv im 4-3-3 gegen die Bayern oder der Stabilität wegen wieder in Dreier- bzw. Fünferkette gegen den Rekordmeister? "Wir fahren mit Selbstbewusstsein nach München", sagt Glasner, "und werden den Bayern das Leben so schwer wie möglich machen." Sätze, bei denen so mancher Zuhörer vor zwei Wochen noch müde gelächelt hätte.

Thomas Hiete

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