Bundesliga

Hoeneß. Hainer. Harmonie.

Kommentar zur JHV des FC Bayern

Hoeneß. Hainer. Harmonie.

Neu-Präsident Herbert Hainer (links) und Ehrenpräsident Uli Hoeneß stehen auf der Bühne während der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München.

Neu-Präsident Herbert Hainer (links) und Ehrenpräsident Uli Hoeneß stehen auf der Bühne während der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München. imago images

Ein Kommentar von kicker-Chefreporter Karlheinz Wild aus München

Diesen positiven und versöhnlichen Abschied hat Uli Hoeneß (67) verdient. Nach knapp einem halben Jahrhundert "Herzblut für den FC Bayern", wie es Rummenigge sagte, tritt der einstige FCB-Profi, Manager und Präsident/Aufsichtsratsvorsitzende aus der ersten Reihe zurück in die zweite, er bleibt Mitglied des Aufsichtsrats. Seine Doppelrolle übernimmt fortan Herbert Hainer, der ein gewaltiges Erbe antritt.

Hoeneß' politischer Appell

Hoeneß hat den FC Bayern, einen 1979 verschuldeten Verein, zum deutschen Rekordmeister und Wirtschaftskrösus gemacht, dazu in der europäischen Spitze etabliert. Neben dem sportlichen Erfolg, für den er notfalls die Grätsche und die Ellenbogen einsetzte, lebte Hoeneß auch ideelle Werte. Den familiären Charakter seines Vereins stellte er auch in seiner 17:40 Minuten kurzen Rede ganz besonders heraus, diese wesentliche Komponente möchte er weiter kultiviert wissen. Der Mensch müsse im Mittelpunkt dieses Vereins stehen, betonte Hoeneß in seinem Vermächtnis. Sozial, selbstbewusst, aber nicht arrogant wünscht er sich den FCB, den er mit einem Tanker verglich, der geradeaus fahren müsse, "nicht nach links, schon gar nicht nach rechts". Diese heutzutage so wichtige politische Botschaft - die auch der Fußball bei jeder Gelegenheit transportieren muss - nahm Rummenigge auf, als er sich mit Nachdruck gegen Rassismus sowie Homophobie wandte und im Namen des gesamten FC Bayern klarstellte: "Mia san bunt".

Es war in dieser Jahreshauptversammlung viel von Identität die Rede, vom besonderen Weg, den der FC Bayern geht im Vergleich zu den fremdfinanzierten und damit fremdbestimmten europäischen Giganten, mit denen der deutsche Primus konkurriert. Herbert Hainer, der mit rund 98 Prozent Zustimmung gewählte Präsident, rückte diese Grundpfeiler des Vereins ins Zentrum seiner rhetorisch flotten, rundum gelungenen 16:19-Minuten-Bewerbungsrede: Der FC Bayern sei kein kickender Konzern, sondern Sport, Heimat, bayerische Heimat, Mia-san-mia. Der Verein stehe "in Zeiten einer immer größeren Spaltung unserer Gesellschaft" für Weltoffenheit, Toleranz, Respekt und soziales Engagement - Hainer sprach da ganz im Sinne seines Vorgängers, dessen Lebenswerk er weiterzuführen gewillt ist. Mit seinem ersten Auftritt überzeugte der neue Vereinsboss vor der Bayern-Gemeinde.

Flick bleibt "mindestens bis Weihnachten"

So erfolgte dieser Übergang an der Spitze des FC Bayern reibungslos. Die an diesem Abend vorgeführte Eintracht und strategische Einmütigkeit muss nun gelebt werden. Oliver Kahn, mit besonderem Applaus als künftiges Vorstandsmitglied und designierter Rummenigge-Erbe begrüßt, und Hasan Salihamidzic, sein in der Olympiahalle zunächst ebenfalls freundlich empfangener Partner als Sportvorstand, müssen den deutschen Rekordmeister weiter zukunftstauglich gestalten, dazu der neue Präsident. Hoeneß warb um Geduld, die er selbst während seines Wirkens nicht immer hatte und die in diesem erfolgsgewohnten Verein schnell aufgebraucht ist. Nur deshalb kam diese sportliche Superserie über fünf Jahrzehnte zustande. Hansi Flick soll daran, so wurde wenig überraschend verkündet, nun wieder anknüpfen, möglichst sofort, seine Beförderung zum Cheftrainer wurde nun "bis Weihnachten" befristet - immerhin. Es war das Mindeste an Zeit, die Flick da gewährt wird. Das große Vertrauen, das Rummenigge ansprach, hätte sich in einer Chefrolle für Flick bis Saisonende ausgedrückt. Nun setzen sich die Spekulationen fort, spätestens Anfang Dezember.

Karlheinz Wild

kicker-Chefreporter Karlheinz Wild kicker

Hänseleien gegen 1860 sind überflüssig

Als erste Amtshandlung beantragte Hainer - mit Gespür für die Stimmung in der Schar der versammelten Roten - Hoeneß' Ernennung zum Ehrenpräsidenten, die der donnernde Applaus - 6091 stimmberechtigte Anwesende weilten in der Olympiahalle - bestätigte. Diese Ehrenauszeichnung für Hoeneß war eine Selbstverständlichkeit. Der bisherige Ober-Bayer Hoeneß hatte zuvor - eine wichtige Mahnung, gewiss von der Erfahrung geprägt - die künftigen Macher zum internen Teamwork angehalten, um die Gegner von außen abzuwehren.

1860 München zählt mit Sicherheit nicht zu diesen Herausforderern. Die gegen den drittklassigen Stadtrivalen gerichteten Hänseleien sind überflüssig und souveränitätsbefreit, gehören aber offenbar zur Folklore.

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