Bundesliga

Matthäus im Interview: "...deshalb braucht Kovac generell kein Mitleid"

Der Sky-Experte spricht über das Topspiel

Matthäus im Interview: "...deshalb braucht Kovac generell kein Mitleid"

TV-Experte Lothar Matthäus spricht im Interview über den Klassiker zwischen Bayern und Dortmund.

TV-Experte Lothar Matthäus spricht im Interview über den Klassiker zwischen Bayern und Dortmund. imago images

Wie bewerten Sie, Herr Matthäus, die Trainerentlassung beim FC Bayern?

Für mich kam es nicht überraschend, ich bin lange genug im Fußball und kenne das Geschäft. Niko war in Salzburg mein Spieler, Hansi Flick mein Co-Trainer, später arbeiteten wir alle drei gemeinsam mit Giovanni Trapattoni. Schon damals war ich von Nikos Qualitäten angetan, und natürlich verfolgt man da den Werdegang genauer. Niko hatte es von Anfang an schwer bei den Bayern, er war nicht die allgemeine Wunschlösung - das hat man ihn spüren lassen. Er hätte sich sicherlich etwas mehr Rückendeckung gewünscht. Ich finde: Er hat einen guten Job gemacht.

Die fußballerischen Auftritte - inklusive Ergebnisse - entsprachen in den vergangenen Wochen nicht mehr dem Stil des FC Bayern.

Das stimmt. Diesmal hat Niko vermeidbare Fehler gemacht wie die unglücklichen Aussagen zuletzt oder die Aufstellung in Frankfurt, über die ich mich schon vor dem Spiel gewundert habe. Für eine solche Partie brauchst du gestandene Profis auf ihren angestammten Positionen. Mit diesen Veränderungen hat sich Niko keinen Gefallen getan, aber ich glaube auch, dass er wegen des Drucks und verschiedener Aussagen Kompromisse eingegangen ist.

Mit seinem Rücktritts-Angebot konnte er sich selbst erlösen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass er gerne weitergemacht hätte.

Lothar Matthäus

Der Druck wurde ihm jetzt genommen.

Ja, mit seinem Rücktritts-Angebot konnte er sich selbst erlösen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass er gerne weitergemacht hätte. Allerdings nur mit einer starken Rückendeckung - und die gab's nicht. Niko ist ein Kämpfer und in der vergangenen Saison, als er am Boden lag, wieder aufgestanden. Zuletzt hat Bayern einfach nicht mehr gut gespielt, zudem blieben die Ergebnisse aus. Es ist schade für ihn, aber so ist das Geschäft, deshalb braucht er auch generell kein Mitleid.

Seit Montag übernimmt Hansi Flick. Wie Sie schon sagten, kennen Sie ihn bestens. Was bekommt Bayern für einen Interimstrainer?

Wir spielten von 1985 bis 1988 zusammen bei Bayern. Ich traue es ihm absolut zu. Man sollte wissen: Er ist nicht nur der liebe Hansi. Der Hansi kann auch ein Hans sein. Er hat eine klare Linie, eine gute Kommunikation mit den Spielern - mit den gesetzten sowie den Ersatzspielern. Er wird keine Kompromisse eingehen. Als langfristige Lösung aber denke ich, dass der FC Bayern einen großen Namen holen wird.

Für die Spieler fällt nach den anderthalb Jahren mit Niko Kovac, dessen fußballerische Idee oft als Alibi benutzt wurde, nun jede Ausrede weg.

Das stimmt, es gibt kein Alibi mehr. Da machten es sich die Spieler ohnehin zu einfach. Denn Niko konnte weder etwas dafür, wenn ein sogenannter Weltstar wie Philippe Coutinho in Augsburg allein vorm Keeper das Tor nicht macht, noch war er für die vielen Fehlpässe verantwortlich.

In Dortmund stimmt wieder die Chemie untereinander. Aber Bayern ist für mich Favorit

Lothar Matthäus

Am Samstag geht's gegen Borussia Dortmund. Wer ist Ihr Favorit?

Bayern steht nach dem 1:5 in Frankfurt deutlich mehr unter Druck, aber die Münchner können mit diesem Druck umgehen. Auch deshalb sind sie für mich der Favorit.

Nach Transferschluss waren beide Vereine sehr von ihrer Transferpolitik überzeugt. Wie sehen Sie die Neuzugänge in München und Dortmund?

Beide haben sich mehr erwartet. Ich selbst gebe den Neuen aber noch Zeit. Mats Hummels ist ja kein wirklicher Neuzugang, der sich erst im neuen Klub zurechtfinden musste. Bei Julian Brandt, Thorgan Hazard oder Nico Schulz ist das, obwohl sie die Bundesliga bereits kannten, noch etwas anders. Trotzdem kann der BVB nicht ganz zufrieden sein. Die Bayern genauso wenig. Lucas Hernandez ist wieder verletzt, Benjamin Pavard macht es ordentlich, und von Coutinho kommt bislang zu wenig. Dazu muss man sagen: Der Brasilianer war nicht vorgesehen. Leroy Sané hat sich verletzt - es wurde nicht nur ein anderer Name verpflichtet, sondern auch ein Spieler für eine andere Position. Coutinho muss sich erst an die Bundesliga gewöhnen, es ist ein anderer Fußball als in Spanien, England oder bei der brasilianischen Nationalmannschaft.

Würde Dortmund in eine ähnliche Krise wie die Bayern rutschen, wenn sie am Wochenende das Top-Spiel verlieren?

Nein, sie haben in den letzten Wochen einen Aufwärtstrend gehabt. Die Mannschaft ist gefestigt, es war eine überragende Leistung gegen Inter Mailand (3:2). Die letzten Ergebnisse haben zudem gezeigt, dass in Dortmund die Chemie untereinander wieder stimmt. In München darf man verlieren - es geht um die Art und Weise. Noch kann der BVB alle Saisonziele, zumindest die nationalen, erreichen.

Interview: Georg Holzner

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