Bundesliga

Covic über Boyata: "Sein Herz blutet"

Hertha: Belgischer Neuzugang will möglichst bald loslegen

Covic über Boyata: "Sein Herz blutet"

Will in Berlin durchstarten: Dedryck Boyata.

Will in Berlin durchstarten: Dedryck Boyata. imago images

Aus Herthas Trainingslager in Neuruppin berichtet Steffen Rohr

"Unser Augenmerk liegt darauf, Dedryck schnellstmöglich in die Mannschaft reinzuführen", sagt der neue Trainer Ante Covic. "Sein Herz blutet, weil er an der Seitenlinie steht. Aber nach so einer langen Pause warte ich lieber einen Tag länger, als ihn zu früh reinzuschmeißen." Boyata zog sich die Verletzung Ende März im Old Firm gegen die Glasgow Rangers zu - im Celtic-Dress. Seitdem hat er kein Spiel mehr gemacht, aber er hofft auf ein baldiges Ende der Zwangspause. "Es ist kein schönes Gefühl, außen vor zu sein", sagt er. "Aber ich mache jeden Tag einen Schritt nach vorn. Ich will keine Prognose abgeben. Aber es ist eine Frage der Zeit, bis ich wieder voll dabei sein kann."

Überlegte Antworten am Ruppiner See

Boyata sitzt nach dem Mittagessen auf der Terrasse des Hertha-Teamhotels Resort Mark Brandenburg in der Fontane-Stadt Neuruppin. Den Ruppiner See hat er im Rücken, knapp ein Dutzend Reporter vor sich. Er wirkt aufgeräumt und sympathisch - und trotz seiner 1,88 Meter nicht hünenhaft-wuchtig, eher schlaksig. Er ist kein Schnellredner, die Antworten kommen überlegt. "Ich habe einen warmen Empfang bekommen", sagt er. "Es ist immer eine Herausforderung, in ein neues Team zu kommen. Aber meine neuen Mitspieler machen es mir leicht."

Beim Essen sitzt er schon mit den Platzhirschen Salomon Kalou, Vedad Ibisevic und Karim Rekik am Tisch. Mit Rekik hat er jahrelang gemeinsam bei Manchester City gespielt. Mit 16 wagte Boyata den Sprung vom FC Brüssel in die Akademie von ManCity. City lieh ihn 2011 für eine Saison an die Bolton Wanderers und 2012 für ein halbes Jahr an Twente Enschede aus, 2015 wechselte er zu Celtic Glasgow - und wurde in vier Jahren mit vier Meisterschaften und drei Cup-Siegen zum Titelhamster.

Große Wertschätzung für die Bundesliga

Die Bundesliga verfolgte der Belgier mit kongolesischen Wurzeln schon in seiner Kindheit und Jugend in einem Brüsseler Vorort. "Auch als ich dann in England spielte, habe ich den deutschen Fußball weiter im Blick gehabt", sagt der 16-fache belgische A-Nationalspieler und WM-Teilnehmer von 2018, der beim Turnier in Russland alle drei Vorrunden-Partien bestritt. "Die Bundesliga gehört zu den drei, vielleicht sogar zu den zwei stärksten Ligen."

Hertha hatte den Innenverteidiger schon vor einem Jahr auf dem Zettel, in diesem Sommer bekamen die Berliner ihren Wunschspieler ablösefrei fürs Abwehrzentrum - und haben mit dem Neuen die Abgänge von Fabian Lustenberger (YB Bern) und Derrick Luckassen (nach seiner Ausleihe zurück zur PSV Eindhoven) aufgefangen. "Ich war Free Agent in diesem Sommer und hatte mehrere Optionen", erzählt Boyata. "Aber die Entscheidung für Hertha fiel mir nicht schwer. Ich habe mich schon vor längerer Zeit mit Manager Michael Preetz getroffen, er hat mir den Klub und die Ambitionen erklärt."

Ante Covic

Er hat defensiv neue Optionen: Ante Covic. imago images

Bei Rekik holte er sich zusätzliche Informationen ein - und sieht sich mit seinen Skills unabhängig von der Verletzung gut aufgestellt für den harten Konkurrenzkampf im Berliner Abwehrzentrum: "Ich will nicht arrogant klingen, aber ich bin ein vielseitiger Verteidiger, physisch gut, schnell, ballsicher und stark im Kopfball. In einer Dreierabwehrkette kann ich zentral spielen, rechts - und auch links."

Ante Covic hat fortan die Qual der Wahl in der Innenverteidigung. Mit Neuzugang Boyata, Niklas Stark, Karim Rekik und Jordan Torunarigha kämpfen vier namhafte Profis um die Plätze, Talent Florian Baak - gleichsam die Nummer 5 in der Hackordnung - verwarf im Mai seine Wechselgedanken und verlängerte seinen Vertrag. "Dedryck", sagt Covic, "ist ein sehr guter Typ und ein erfahrener Spieler. Er hat schon viel erlebt. Wir erhoffen uns von ihm auch aufgrund seiner Erfahrung sehr viel."

Von Henry, über Ronaldo bis Lucio

Mit zwölf Jahren spielte Boyata noch im offensiven Mittelfeld - und rückte in den Folgejahren immer weiter nach hinten. Auch an der Wahl seiner Vorbilder lässt sich das ablesen. "Früher habe ich für Thierry Henry geschwärmt, auch für Michael Owen und Ronaldo." Als er dann selbst in der Abwehr spielte, nahm er sich eher Lucio und "im modernen Fußball Thiago Silva und Thomas Vermaelen zum Vorbild".

Bei ManCity hatte er etliche renommierte Profis an seiner Seite, die ihm halfen: "Ich habe dort mit Vincent Kompany, Joleon Lescott und Kolo Touré zusammengespielt und mir viel abschauen können." Er hat - bei seiner Vita und seinem Ehrgeiz - natürlich Ansprüche, aber an diesem Donnerstag formuliert er sie eher dezent: "Wenn man neu irgendwohin kommt, respektiert man seine Kollegen. Hertha hat sehr gute Spieler, wir haben als Team hohe Ziele. Ich bin mir sicher, dass jeder seine Chance bekommen wird."

Auch er - wenn er dann endlich loslegen darf im Kreise der neuen Kollegen. Sein "erstes Ziel ist es, Deutsch zu lernen". Er hat eine App auf seinem Smartphone installiert und nimmt Unterricht. Boyata sagt mit einem Lächeln: "Ich bin da sehr motiviert." Das gilt nicht für Bücher, "die fange ich an und lege sie meistens wieder aus der Hand". Das gilt auch nicht fürs Schlagzeugspielen, "damit habe ich wieder aufgehört". Aber es gilt für die neue Sprache - und vor allem für den Sport.