Bundesliga

40-Millionen-Anleihe: Hertha will Rückzahlung auf 2025 verschieben

Szenario Totalverlust: Absteiger macht Druck auf die Anleihegläubiger

40-Millionen-Anleihe: Hertha will Rückzahlung auf 2025 verschieben

In Berlin kämpft man um die Lizenz für die 2. Liga.

In Berlin kämpft man um die Lizenz für die 2. Liga. IMAGO/Fotostand

In einer am Montagnachmittag herausgegebenen Adhoc-Mitteilung informierte die Hertha BSC GmbH & Co. KGaA über die Einleitung eines schriftlichen Verfahrens zur Änderung der Anleihebedingungen. Das Verfahren, in dem die Zustimmung der Anleger eingeholt werden soll, beginnt am 26. Mai 2023 und endet am 19. Juni 2023. Hertha hatte die börsennotierte 40-Millionen-Euro-Unternehmens-Anleihe im November 2018 bei institutionellen Anlegern - Vermögensverwalter, Banken, Versicherungen, Pensionsfonds - im Inland und in insgesamt acht weiteren europäischen Ländern zu einem Zinssatz von 6,5 Prozent aufgelegt.

Sie war seinerzeit ein zentraler Baustein für die Ablösung des damaligen Klub-Investors KKR, der im Januar 2014 eingestiegen war und Ende 2018 von Hertha ausgezahlt wurde. Wie viele der Anleihegläubiger Herthas Plänen zur Veränderung der Laufzeit und des Zinssatzes zustimmen, gilt als offen.

Was die DFL von Hertha verlangt

Die Beschlussfähigkeit im schriftlichen Verfahren ist gegeben, wenn daran Anleihegläubiger teilnehmen, die mindestens 50 Prozent des Nennbetrags der Anleihe vertreten. Die Zustimmung zum Antrag der Gesellschaft im schriftlichen Verfahren setzt voraus, dass Anleihegläubiger für den Vorschlag stimmen, die mindestens zwei Drittel des Nennbetrags vertreten, für den Anleihegläubiger im schriftlichen Verfahren teilnehmen.

Wie kritisch Herthas finanzielle Lage ist, macht jene Passage im Bond-Investoren-Update von Montag deutlich, mit der Hertha die Anleihegläubiger auf die Dringlichkeit der angestrebten Laufzeitverlängerung hinweist. Sie sei "der wichtigste noch ausstehende finanzielle Baustein für Hertha, um die DFL-Lizenz zu erhalten", heißt es da. "Die Anleihe wurde aufgrund der länger andauernden Verhandlungen mit dem neuen Mehrheitsinvestor 777 Partners nicht früher refinanziert."

Szenario Totalverlust: Hertha macht Druck auf die Anleihegläubiger

Zugleich werden die Anleihegläubiger auf die Möglichkeit eines Lizenzentzuges und Totalverlustes hingewiesen und als neuer Stichtag bei der DFL der 21. Juni genannt: "In Bezug auf die Anleihe verlangt der DFL-Lizenzierungsausschuss von der Emittentin, dass sie wie vorgeschlagen die Laufzeit der Anleihe bis zum 21. Juni 2023 verlängert. Sollte die Laufzeit der Anleihe bis dahin nicht wie vorgeschlagen verlängert werden, müsste die Emittentin dem DFL-Lizenzierungsausschuss bis zum 21. Juni 2023 eine alternative Finanzierung oder Garantien/Bürgschaften in gleicher Höhe wie der Nominalbetrag der Anleihe nachweisen, an denen Hertha derzeit arbeitet, die jedoch derzeit nicht zur Verfügung stehen."

Und weiter: "Darüber hinaus wird die Emittentin weitere Finanzierungszusagen oder Erlöse (z.B. aus Spielertransfers) benötigen, um nachzuweisen, dass sie ihre finanziellen Verpflichtungen in der nächsten Saison erfüllen kann. Gelingt es der Emittentin nicht, diese Anforderungen zu erfüllen, ist es wahrscheinlich, dass die DFL der Emittentin die Lizenz nicht erteilen wird." Mit Blick auf den seit Samstag feststehenden Abstieg schreibt Hertha, die Emittentin werde "daher weitere Herausforderungen hinsichtlich ihrer finanziellen Situation zu bewältigen haben. Sollten eine oder mehrere der zuvor beschriebenen Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Turnaround nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden, kann die Emittentin insolvent werden. In diesem Fall könnten die Anleihegläubiger ihr eingesetztes Kapital ganz oder teilweise verlieren."

Die bislang im November 2023 fällige Rückzahlung der unbesicherten 40-Millionen-Anleihe, deren Zinsen der Klub nach eigenen Angaben quartalsweise bereits während der Laufzeit bedient hat, gilt seit Wochen als der Knackpunkt im aktuellen Lizenzierungsverfahren. Zuletzt war im Gespräch, dass US-Investor 777 Partners die Anleihe mit einer Bankbürgschaft besichert. Die DFL verlangt im Zuge der vom Klub für das Geschäftsjahr 2023/24 nachzuweisenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dem Vernehmen nach mehr bezifferbare Sicherheiten von Hertha, als der zunächst eingereichte Lizenzierungsantrag vorsah.

Im Klartext: Die DFL hätte es am liebsten gesehen, wenn der Klub die von 777 Partners zugesagte Investitionssumme von 100 Millionen Euro bereits in Gänze zur Verfügung hätte. Beim Vertragsabschluss im März war eine erste Tranche geflossen, die nach kicker-Informationen deutlich unter 30 Millionen Euro lag. Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Klubs vor acht Tagen hatte Geschäftsführer Thomas E. Herrich gesagt: "Wir sind mit Hochdruck dran und zuversichtlich, dass wir die Lizenz erhalten werden."

Hertha muss Liquiditätslücke schließen

Neben der 40-Millionen-Anleihe muss der Klub bis zum 7. Juni, wenn im Lizenzierungsverfahren die Frist der DFL zur Erfüllung der Bedingungen abläuft, eine Liquiditätslücke von etwa 20 Millionen Euro schließen. Die Gespräche mit Hauptsponsor Nike und Vermarkter Sportfive über eine Verlängerung der 2025 auslaufenden Verträge laufen hinter den Kulissen seit Wochen. Sie könnten, heißt es aus eingeweihten Kreisen, zeitnah zu einem Abschluss kommen und dem Klub dringend benötige Vorauszahlungen und Signing Fees einbringen. Zwischenzeitliche Gedankenspiele der Klubführung, den Vertrag mit Sportfive auslaufen zu lassen und sich künftig selbst zu vermarkten, sind angesichts der desaströsen Finanzlage vom Tisch. Entsprechende Vertragsabschlüsse sollen Teil des Pakets werden, das Hertha BSC aktuell schnürt, um die Zweitliga-Lizenz für die kommende Saison zu bekommen.

Steffen Rohr

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