WM

Wieso zwei Offensivakteurinnen den deutschen Angriff bremsen

Huth und Hagel mit Fokus auf die Defensive

Wieso zwei Offensivspielerinnen in der Abwehr das deutsche Angriffsspiel bremsen

Svenja Huth im Zweikampf mit Kolumbiens Torschützin Linda Caicedo.

Svenja Huth im Zweikampf mit Kolumbiens Torschützin Linda Caicedo. picture alliance / ZUMAPRESS.com

Von der WM aus Australien berichtet Jim Decker

Svenja Huth ließ dem Offensiv-Gen freien Lauf. Immer wieder tauchte die Rechtsverteidigerin an der gegnerischen Grundlinie auf, dribbelte, flankte, presste, was das Zeug hielt. Nur war das beim 6:0 im ersten WM-Vorrundenspiel in Melbourne gegen Marokko.

Am Sonntagabend beim 1:2 gegen Kolumbien in Sydney dagegen war eine ganz andere Svenja Huth zu sehen: 67 Prozent ihrer Zweikämpfe gewann die 32-Jährige zwar und ackerte in der Abwehr, konnte die Klasse-Dribblerin Linda Caicedo beim Führungstreffer aber auch nicht aufhalten. Und nach vorne hielt sich Huth zurück: Anders noch als gegen Marokko beschränkte sie ihre Ausflüge in Richtung Tor auf das Nötigste.

Das Huth-Pendel zwischen den Extremen

Zwei Flanken schlug Huth, ins Dribbeln kam sie nicht. "Klar hatte sie eine andere Aufgabe als gegen Marokko. Sicherlich ist sie da in der Defensive mehr gebunden", sagt die deutsche Co-Trainerin Britta Carlson über Huths Aufgabe gegen Caicedo. "In der Defensive hat sie ja nichts zugelassen", urteilt Carlson, sieht aber auch das liegen gelassene Potenzial im Angriffsspiel: "Insofern hat sie ja eher das Offensivere vermissen lassen, was sie auszeichnet."

Vorrundenspiele des DFB bei der WM

Eine stabile Deckungsleistung, dafür weniger Impulse nach vorn: Das Huth-Pendel schwang in den ersten beiden WM-Spielen von einem Extrem ins andere. Die Maßnahme von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, auf der Rechtsverteidiger-Position auf die etatmäßige Angreiferin zu setzen, ging bislang auf. Huth macht sich auf der altbekannten Position, die sie einst vor acht Jahren bereits in Frankfurt spielte. Und doch muss das Team auf den Flügeln noch die perfekte Balance finden.

Hagel als Faktor für Huth

Denn auch Carlson erkennt: "Wir haben es nicht immer geschafft, es über die rechte Seite zu drehen." Jule Brand, die mit Huths Unterstützung gegen Marokko hatte glänzen können, konnte gegen aggressive Kolumbianerinnen alleine nicht durchkommen. "Viele Situationen am Flügel, die wir einfach nicht gut genutzt haben", hat Carlsson erkannt und findet: "Wir haben genügend Eins-gegen-eins-Situationen herausgespielt, die wir nicht genutzt haben."

Huths zurückgezogenere Rolle hatte aber nicht nur mit Caicedo, sondern auch mit der anderen Außenverteidigerin zu tun: Chantal Hagel. Die 25-Jährige hat zuletzt bei der TSG Hoffenheim ebenfalls nicht auf der Position gespielt, auf der sie nun beim DFB gebraucht wird. Als Linksverteidigerin machte sie für die am Knie verletzte Felicitas Rauch nun aber ein solides Spiel und machte ihre Seite dicht. Das Heil im Angriff suchte aber auch sie nicht.

Leidenschaft und Herz, aber kein Sieg

Noch gegen Marokko hatte Huth auch so weit vorschieben können, weil hinten mit Rauch, Sara Doorsoun und Kathrin Hendrich drei routinierte Verteidigerinnen absicherten. Deutschland baute dann hinten meist zu dritt auf. Nun aber hätte die in dieser neuen Rolle unerfahrene Hagel Rauchs komplizierte Aufgabe übernehmen müssen. Das asymmetrische Verschieben bedarf viel Abstimmung, sodass Huth und Hagel auf Sicherheit spielten. Obwohl zwei nominelle Offensivspielerinnen in der Abwehr aufliefen, fehlte plötzlich der Druck nach vorne. 

"Wir haben mit viel Leidenschaft und Herz gespielt, uns das Leben aber selbst schwer gemacht, weil wir viel durch die Mitte gekommen sind, anstatt über die Flanken zu kommen", fand auch Huth. Alexandra Popp, die perfekte Verwerterin im Strafraum, hing so oftmals in der Luft.

Am Donnerstag in Brisbane gegen Südkorea wird es auch darauf ankommen, dass die Flügelzange aus Brand und Klara Bühl wieder stärker ins Zupacken kommt. Huth und Hagel dürften dann erneut in der Startelf stehen. Vielleicht finden sie dann die richtige Balance zwischen den beiden Extremen.

Britta Carlson (Deutschland, Co-Trainerin), AUS, Pressekonferenz DFB Frauen Nationalmannschaft Deutschland, FIFA Frauen Fussball Weltmeisterschaft Australien 2023, 31.07.2023 AUS, Pressekonferenz DFB Frauen Nationalmannschaft Deutschland, FIFA Frauen Fussball Weltmeisterschaft Australien 2023, 31.07.2023 Wyong *** Britta Carlson Germany, Co Coach , AUS, Press Conference DFB Women National Team Germany, FIFA Women World Cup Australia 2023, 31 07 2023 AUS, Press Conference DFB Women National Team Germany, FIFA Women World Cup Australia 2023, 31 07 2023 Wyong Copyright: xEibner-Pressefoto Memmlerx EP_MMR

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