2. Bundesliga

"Wesentlicher Bestandteil der Vereinshistorie"

Braunschweig: Gedenktafel erinnert an Eigendorf

"Wesentlicher Bestandteil der Vereinshistorie"

Schauplatz Braunschweig: Die Einweihung der Gedenktafel für Lutz Eigendorf. Im Bild v.l. Eintracht-Geschäftsführer Wolfram Benz, Stadtheimatpfleger Thorsten Wendt, Archivar Wolf-Rüdiger Busch und Vizepräsident Uwe Fritsch.

Schauplatz Braunschweig: Die Einweihung der Gedenktafel für Lutz Eigendorf. Im Bild v.l. Eintracht-Geschäftsführer Wolfram Benz, Stadtheimatpfleger Thorsten Wendt, Archivar Wolf-Rüdiger Busch und Vizepräsident Uwe Fritsch. kicker (2)

Passanten, die bewusst oder zufällig an jener Stelle an der Forststraße im Braunschweiger Stadtteil Querum vorbeikommen, erhalten seit diesem Dienstag Kenntnis darüber, was hier geschah. Am späten Abend des 5. März 1983 prallte wenige Meter entfernt der frühere Eintracht-Profi Lutz Eigendorf mit seinem Auto gegen einen Baum, zwei Tage später erlag er im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Eine Gedenktafel erinnert nunmehr an die Geschehnisse vor 40 Jahren und ordnet sie in den gesamthistorischen Zusammenhang ein.

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Als Hochverräter eingestuft

Die Geschichte ist weithin bekannt und reicht zurück in die Zeit des geteilten Deutschlands: Bei einer Reise nach Gießen setzte sich der damalige DDR-Nationalspieler im März 1979 vom Tross seiner Mannschaft des BFC Dynamo ab und schloss sich dem 1. FC Kaiserslautern an. In der Pfalz und später nach seinem Wechsel in Braunschweig im Jahr 1982 blieb Eigendorf stets im Visier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), das ihn wegen seiner angeblichen Republikflucht als Hochverräter einstufte, ihn großflächig bespitzelte und sogar Methoden für seine Tötung erörterte. Wenige Tage nach einem Regime-kritischen Fernsehinterview und kurz vor einem erneuten Gastspiel des DDR-Klubs im Westen ereignete sich schließlich der Unfall unter mysteriösen Umständen: Eigendorf hatte zum Zeitpunkt des Crashs unverhältnismäßig viel, möglicherweise unter Zwang zugeführten Alkohol im Blut, zudem könnte er an der fraglichen Stelle von einem in Gegenrichtung geparkten Auto bewusst geblendet (im Sprachjargon des MfS: "verblitzt") worden sein. Auch 40 Jahre später sind die Hintergründe nicht zweifelsfrei geklärt.

"Lutz Eigendorf hat zwar nur neun Pflichtspiele für die Eintracht bestritten, dennoch ist er ein wesentlicher Bestandteil der Vereinshistorie und eine Person der Zeitgeschichte", begründete der Braunschweiger Stadtheimatpfleger Thorsten Wendt die Errichtung der Gedenktafel, die er als zudem in der Nähe wohnender Bürger selbst maßgeblich mitinitiiert hatte. Im mit weißer Schrift auf braunem Grund gehaltenen "BLIK"-Stil (Braunschweiger Leit- und Informationssystem für Kultur) erläutert das Schild wie ähnliche an anderen besonderen Stellen im Stadtgebiet den Fall Eigendorf. Ein aufgedruckter Barcode zum Scannen führt zu weiteren Informationen.

"Erinnerungskultur gehört zur DNA der Eintracht"

Realisiert wurde das Projekt mit erheblicher Unterstützung des BTSV Eintracht, dessen Geschäftsführer Wolfram Benz neben weiteren Funktionären bei der Kranzniederlegung zur Eröffnung der Gedenkstätte weilte. Die Möglichkeit, dem ehemaligen Spieler Lutz Eigendorf nun vor Ort gefahrlos gedenken zu können, hob Vizepräsident Uwe Fritsch hervor. "Für uns als Traditionsverein ist eine Erinnerungskultur sehr wichtig, sie gehört zur DNA der Eintracht."

Michael Richter