Bundesliga

Gerardo Seoanes kleine Hoffnung auf Azmoun

Leverkusens Ideengeber und Nationalspieler ist nicht zu ersetzen

Wer liefert die Wirtz-Inspiration? Seoanes kleine Hoffnung auf Azmoun

Ob sich Sardar Azmoun auch am Wochenende wieder strecken kann, ist noch offen.

Ob sich Sardar Azmoun auch am Wochenende wieder strecken kann, ist noch offen. IMAGO/Joachim Sielski

Seit sich Florian Wirtz im Derby gegen den 1. FC Köln (0:1) das vordere Kreuzband gerissen hat, geht Bayes Tor-Kurve klar nach unten. Inklusive des verlorenen Nachbarschaftsduells hat die Werkself in fünf Pflichtspielen nur vier Treffer erzielt. Eine extrem magere Ausbeute für den Tabellendritten, der bis dahin mit 64 Toren die zweit treffsicherste Offensive der Liga stellte. Einzig der FC Bayern München rangierte mit 76 Treffern zu diesem Zeitpunkt vor Bayer 04, das 13 Tore mehr erzielt hatte als RB Leipzig.

Aktuell liegen die Sachsen, die am Sonntag (19.30 Uhr, LIVE! bei kicker) in Leverkusen auflaufen werden, allerdings mit 64 Torerfolgen nur noch vier hinter der Seoane-Elf. Bayers Offensivpower ist ohne den 18-jährigen Ideengeber und Vollstrecker nicht mehr dieselbe wie zuvor. Natürlich fehlte in diesen torarmen Partien ohne Wirtz auch Torjäger Patrik Schick zum größten Teil. Doch der Tscheche, mit 20 Treffern in 22 Einsätzen Bayers Torgarantie, muss erst wieder in Schwung kommen. In Bochum hatte der Mittelstürmer nur zu Beginn eine Torchance, als er den Ball aber nicht voll traf, und insgesamt wenige Aktionen.

Wirtz ist nicht gleichwertig zu ersetzen

Was sich außer mit der aufgrund vieler Ausfälle personell deutlich defensiveren Ausrichtung der Werkself auch mit der Abwesenheit von Wirtz erklären lässt, der mit elf Torvorlagen noch immer Bayers bester Vorbereiter ist und zudem mit zehn vorletzten Pässen der Initiator von vielen Möglichkeiten war. Die Frage ist: Wie kann die Werkself sein Fehlen auch nur ansatzweise kompensieren? Gleichwertig zu ersetzen ist der Kreativspieler offenkundig nicht.

Rein vom Papier her bieten sich Gerardo Seoane drei Optionen: Sardar Azmoun, Kerem Demirbay und Paulinho. Wobei Letzterer als Zehner im 4-2-3-1 praktisch wegfällt. Stehen Leverkusens Trainer nach dem Ausfall von Karim Bellarabi (Faserriss im Oberschenkel) doch nur noch Paulinho und Moussa Diaby als Flügelspieler zur Verfügung. Stratege Demirbay, der in Bochum auf der Wirtz-Position blass blieb, kommt meist aus der tieferen Position auf der Doppelsechs besser zur Geltung. Also wäre nun Azmoun gefragt, der von seinem Profil her der Spielweise von Wirtz noch am nächsten käme.

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Allerdings sucht der iranische Nationalstürmer noch seine Form und auch die letzte Fitness. Dies war dem Winter-Einkauf bei seinem ersten Startelf-Einsatz vor dreieinhalb Wochen in Wolfsburg durchaus anzumerken. Ist er jetzt so weit, deutlich mehr von seiner Klasse zu zeigen als es ihm bislang in Leverkusen möglich war? Wohl nicht wirklich. Am Sonntag beim 0:0 in Bochum fehlte der Stürmer, der - wie Wirtz - gut um eine zentrale Spitze herum agieren kann, erneut wegen eines Infekts. Bis Dienstag nahm er Antibiotika und stand am Mittwoch erstmals wieder auf dem Trainingsplatz.

Azmouns Krankheit kam für Seoane "wirklich sehr ungelegen"

Gerardo Seoane versuchte Azmoun in den vergangenen Wochen über Teileinsätze in den Spielrhythmus zu bringen. Ein Vorhaben, das ausgebremst wurde. "Die Krankheit jetzt kam wirklich sehr ungelegen", erklärt der Trainer, der trotzdem eine kleine Hoffnung auf Azmoun als Joker hat.

Klar ist: Für 90 Minuten ist der Iraner noch nicht bereit, der wegen einer Verletzung, Urlaub während seiner Zeit bei Zenit St. Petersburg und einer COVID-19-Infektion ab Mitte Dezember etwa zwei Monate lang keinen Leistungssport betrieben hatte. Folglich ist sein Rückstand noch bedeutend: "Ich glaube, dass er noch mehr Zeit braucht, um bei 100 Prozent zu sein, dass er schlussendlich eine ganze Vorbereitung brauchen wird, um auf sein Topniveau zu kommen", urteilt Seoane.

Er kann uns in einer einzelnen Aktion sofort helfen, weil er einfach das Gespür hat.

Gerardo Seoane über Sardar Azmoun

Dennoch könne der 27-Jährige für Bayer auch in dieser Saison noch zu einem Faktor werden. "Er kann uns in einer einzelnen Aktion sofort helfen, weil er einfach das Gespür hat. In seinen drei, vier Einsätzen ist er gefühlt zu fünf bis zehn Chancen gekommen. Er hat die Nase, er kennt die Laufwege, er hat ein Gefühl für die Mitspieler, hat auch technische Qualitäten", lobt der Trainer, der aber auch weiß: "In Wolfsburg war nach einer Stunde sein Tank leer. Aber man hat auch gesehen, dass er in den ersten 60 Minuten noch nicht die Explosivität hatte, die man erwartet."

Unter diesen Voraussetzungen plant Seoane den Angreifer, der auch um einen klassischen Neuner wie Patrik Schick oder Lucas Alario herum spielen kann, als Joker ein. So erklärt Leverkusens Trainer: "In der letzten halbe Stunde, wenn die Räume etwas größer werden, da habe ich schon Hoffnung, dass er uns in dieser Phase mit seinen Offensivqualitäten helfen kann." Und damit Bayer zumindest etwas von der durch Wirtzs Ausfall fehlenden Inspiration liefern kann.

Stephan von Nocks

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