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Welt- und Europameister Grabowski gestorben

Frankfurter Klub-Ikone wurde 77 Jahre alt

Welt- und Europameister Grabowski gestorben

Jürgen Grabowski ist gestorben.

Jürgen Grabowski ist gestorben. picture alliance / Arne Dedert/dpa

"Dass Jürgen Grabowski verstorben ist, ist für uns alle unbegreiflich", sagte Eintracht-Präsident Peter Fischer. Auch Vorstandssprecher Axel Hellmann zeigte sich tief betroffen: "In seiner aktiven Zeit war Jürgen Grabowski vielleicht der vollkommenste Spieler, der für die Eintracht gespielt hat. Seine Aura wirkt bis in die Gegenwart."

In Wiesbaden geboren, begann Grabowski im Stadtteilverein Biebrich 02 mit dem Fußballspielen. Mitte der 1960er Jahre wurde die Frankfurter Eintracht auf den damals 21-jährigen Rechtsaußen aufmerksam, der sich in der Hessen-Auswahl präsentierte. "Verhandelt wurde nicht viel, auch über Geld wurde kaum geredet. Es war eine Ehre, dass dich die Eintracht wollte", erinnerte sich Grabowski viele Jahre später im kicker-Interview. 

Grabowski und die Eintracht - es passte auf Anhieb. 441 Spiele bestritt er für die SGE, wurde nur selten ein- oder ausgewechselt. 1974 und 1975 gewann er mit Frankfurt den DFB-Pokal, 1980 den UEFA-Cup. Die Meisterschaft, sein großer Traum, blieb ihm allerdings verwehrt: "Wir haben oft Bayern geschlagen, aber um eine Saison lang ganz oben mithalten zu können, hätten wir mehr Leistungsträger gebraucht."

Dafür feierte Grabowski größte Erfolge im DFB-Trikot, das er 44-mal trug. Nur ein Jahr nach seinem Debüt bei der Eintracht berief ihn Helmut Schön in seinen WM-Kader für das Turnier 1966 in England. Dort absolvierte er zwar keinen Einsatz, profitierte nach eigener Aussage aber trotzdem von der wertvollen Erfahrung.

Weltmeister zu werden bedeutete für mich: Mehr Glück geht nicht.

Jürgen Grabowski

Zunächst folgte aber ein längere DFB-Pause, auch weil sich Grabowski in Folge einer Angina eine Herzmuskelentzündung eingehandelt hatte. Erst zur WM 1970 wurde er wieder fit und kam in Mexiko bis zum Halbfinale in allen Spielen als Joker zum Einsatz, bis er schließlich im legendären Jahrhundertspiel gegen Italien (3:4 n.V.) von Beginn an auf dem Platz stand. Dass die Partie überhaupt in die Verlängerung ging, war auch sein Verdient, bereitete er doch das 1:1 kurz vor Schluss durch Karl-Heinz Schnellinger per Flanke vor. 

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"Er ist das Tafelsilber, die Krone von Eintracht Frankfurt": SGE-Präsident Fischer über Grabowski

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Es folgten die erfolgreichsten Jahre im DFB-Dress. 1972, beim ersten deutschen Sieg (3:1) im Wembley-Stadion, war er dabei. Und als die DFB-Auswahl nur wenige Wochen später mit zauberhaftem Fußball Europameister wurde, war Grabowski ein wichtiger Bestandteil des Teams, wenn auch ohne Einsatz im Finale gegen die UdSSR. Die Rolle des Edelreservisten sollte er zwei weitere Jahre später bei der Heim-WM endgültig ablegen. Zwar flog er nach dem 0:1 im Bruderduell mit der DDR kurzerhand aus der Startelf, schon beim 4:2-Sieg gegen Schweden stand er aber wieder auf dem Feld und erzielte das zwischenzeitliche 3:2. "Das wichtigste Tor in meiner Laufbahn", sagte er später. "Dieser Treffer hat mir alles geebnet. Weltmeister zu werden bedeutete für mich: Mehr Glück geht nicht."

Verhältnis schwer belastet: Matthäus beendete Grabowskis Karriere

Jürgen Grabowski

Jürgen Grabowski mit dem WM-Pokal 1974. imago images / Horstmüller

Kurz nach dem Triumph in München, an seinem 30. Geburtstag, trat Grabowski aus der Nationalmannschaft zurück, revidierte diese Entscheidung auch nicht vier Jahre später, als ihn Schön vor der WM 1978 zurückholen wollte. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Eintracht, bei der ihm zu diesem Zeitpunkt allerdings nur noch zwei weitere Jahre als Spieler vergönnt waren. Im März 1980 wurde er vom damals 18-jährigen Lothar Matthäus gefoult und zog sich eine derart schwerwiegende Fußverletzung zu, dass er seine Karriere nach der Saison beenden musste. Sein Verhältnis zum späteren DFB-Kapitän sollte das schwer belasten: "Wenn man als junger Spieler mit 18 Jahren einem älteren Spieler derart in die Parade fährt, dass er verletzt ist und die Karriere beenden muss, kann man sich dafür entschuldigen. Oder zumindest sagen: Es tut mir leid." 

Zwar "rächte" er sich mit der SGE, indem die Eintracht die Finalspiele im UEFA-Cup kurz darauf für sich entschied, für Grabowski jedoch schwer zu ertragen: "Es war eine schöne Geste von meinen Mitspielern, dass sie mich nach dem Triumph über Gladbach auf die Schultern hoben und mir den Pokal reichten. Doch es war nur ein schwacher Trost. Ein Endspiel im Europapokal - und ich nicht dabei!"

Seine Aura wirkt bis in die Gegenwart.

Axel Hellmann

Auch nach seinem Karriereende blieb der passionierte Golfspieler ganz nah an der Eintracht dran, auch auf der Trainerbank. Schon zu aktiver Zeit war er nach der Trennung von Trainer Gyula Lorant kurzerhand als Spielertrainer eingesprungen. 1983 folgte ein weiteres Intermezzo an der Seite des damaligen A-Junioren-Coaches Klaus Mank - allerdings mit überschaubarem Erfolg. Einem 1:1 gegen Gladbach folgte eine 0:7-Klatsche in Köln.

Seinem Status als Klub-Ikone tat das freilich keinen Abbruch. Bis heute wird Ehrenspielführer Grabowski geschätzt und gefeiert. "Seine Aura wirkt bis in die Gegenwart", so Hellmann am Freitag. "Grabi, der so gerne bei den Spielen unserer Eintracht dabei war, war generationsübergreifend identitätsstiftend für den Verein."

pau

Jürgen Grabowski: Titelsammler, Feingeist, Legende