Bundesliga

VfB Stuttgart: Zweierlei Maß in der Datenschutzaffäre

"Wirkt wie nichts Halbes und nicht Ganzes"

VfB: Zweierlei Maß in der Datenschutzaffäre

Die Datenaffäre beim VfB Stuttgart geht in die nächste Runde.

Die Datenaffäre beim VfB Stuttgart geht in die nächste Runde. imago images

Sickern Details aus der Kabine an die Öffentlichkeit, ist gerne von der "Suche nach dem Maulwurf" die Rede. Nun, nach dem fahnden sie beim schwäbischen Traditionsklub mittlerweile auch. Allerdings nicht, weil er Intimes aus dem Binnenklima der Mannschaft verraten hat, sondern weil Zwischenberichte der Ermittlungsfirma Esecon an die Stuttgarter Zeitung durchgestochen wurde.

Das Berliner Unternehmen soll die Hintergründe der wiederholten Weitergabe von Mitgliederdaten aufklären, die der kicker im September 2020 aufdeckte. Die von der Stuttgarter Zeitung zitierten Inhalte der Zwischenberichte lesen sich wenig schmeichelhaft für den Vorstand der VfB-AG, Stefan Heim, Jochen Röttgermann und Boss Thomas Hitzlsperger sowie Rainer Mutschler, Präsidiumsmitglied im e.V. und Angestellter der AG. Von eingeschränkter Glaubwürdigkeit der Auskunftspersonen soll die Rede sein, Einflussnahme oder verzögerter Weitergabe von Dokumenten. Der VfB dementierte.

Auszüge des Zwischenberichts gelangten an die Öffentlichkeit

Tags darauf hatte die "Bild"-Zeitung eine Erklärung von Esecon parat, wonach Verbesserungen erzielt worden seien. "Die Prozesse zur Anforderung, Freigabe und Übermittlung von Dokumenten sowie zur Ausgestaltung der Verschwiegenheitsentbindungserklärungen für zu befragende Mitarbeiter und Führungskräfte wurden verbessert", wird Esecon-Geschäftsführer Kai P. Feigenbutz zitiert. Das Blatt wertet dies als Entlastung des VfB. Allerdings implizieren Feigenbutz' Aussagen ja, dass es ebendiese Blockadehaltung gab.

Die zitierten Passagen sollen aus dem Zwischenbericht vom 15. November stammen, beauftragt wurde Esecon kurz nach der Veröffentlichung der kicker-Berichts am 28. September. Scheint also, dass die Untersuchung mehr als sechs Wochen lang schleppend verlief. Die Ermittlung im e.V. ruhte danach sogar für mehrere Wochen, weil es im Präsidium ein Patt gab und Präsident Claus Vogt nicht von seinem Doppelstimmrecht Gebrauch machte. Nach seiner Darstellung, um sich keine Alleingänge vorwerfen zu lassen. Mittlerweile hat auch der e.V. die Ermittler wieder mandatiert. Welche Rolle der öffentliche Druck nach der von Hitzlsperger am 30. Dezember ausgelösten Schlammschlacht um das Präsidentenamt für diesen Präsidiumsbeschluss spielte, lässt sich erahnen.

Nun also die nächste Volte. Der Klub sucht den Maulwurf, der Auszüge der Zwischenberichte an die Öffentlichkeit brachte. "Die Prüfung rechtlicher Möglichkeiten bis zur Strafanzeige ist korrekt", bestätigt ein Klubsprecher. Dies werde in allen Gremien diskutiert: Präsidium, Vereinsbeirat (beide e.V.), Vorstand und Aufsichtsrat (beide AG).

"Wirkt wie unbeholfene Rosinenpickerei"

"Unter dem Strich wirkt das wie eine etwas unbeholfene Rosinenpickerei", findet Rechtsanwalt Dr. Ingo Bott. "Es ist nachvollziehbar, dass ein Unternehmen nicht gleich alles offenlegen will, sondern vorzieht, eine konsolidierte Version der Ereignisse nach außen zu geben." Doch in den Augen des renommierten Wirtschaftsstrafrechtlers hätte der Klub in der Datenaffäre die Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden klar und transparent führen, die Strafanzeige insbesondere nicht nur als Möglichkeit, sondern als klare Ansage kommunizieren sollen. "So entsteht etwas der Eindruck, als handele es sich um 'Abrundungs-Aktionismus' im Sinne von 'wurde von uns erwartet, haben wir auch gemacht, aber erst dann, als klar war, dass nichts Unangenehmes rauskommt'", so Bott, Gründer einer Düsseldorfer Strafrechtskanzlei.

"Noch mehr gilt das vor dem Hintergrund, dass nach derzeitiger Darstellung nur das Durchstecken der Informationen ein Fall für den Staatsanwalt sein soll, nicht aber die ursprüngliche Datenaffäre selbst. Das eine ist eine Belastung für das Führungsgremium, das andere dagegen für den ganzen Verein und jedes betroffene Mitglied. Dass hier mit zweierlei Maß gemessen zu werden scheint, wirkt wie nichts Halbes und nichts Ganzes."

Auskunftsverfahren gegen den VfB eingeleitet

Bislang jedenfalls ist nicht bekannt, dass die Datenweitergabe die Justizbehörden beschäftigt. Einzig der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Stefan Brink hat ein Auskunftsverfahren gegen den VfB eingeleitet, dessen Ergebnisse Anfang Februar erwartet werden. Genau wie die der Esecon-Ermittler. Unklar ist derzeit offenbar, in welcher Form deren endgültiger Bericht veröffentlicht wird: in Gänze, in Auszügen. Per Maulwurf wäre wohl eine schlechte Option.

Benni Hofmann