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Special Olympics: Wie Unified-Wettbewerbe funktionieren

Wie Unified-Wettbewerbe bei Special Olympics World Games funktionieren

Unified Futsal: Wenn nicht nur Schiedsrichter Strafstöße pfeifen dürfen

Der Moment der Entscheidung: Spieler von Gibraltar und Puerto Rico sinken aus unterschiedlichen Motiven zu Boden.

Der Moment der Entscheidung: Spieler von Gibraltar und Puerto Rico sinken aus unterschiedlichen Motiven zu Boden. kicker

Aus Berlin berichten Paul Bartmuß und Thomas Müller

Torwart beim Futsal möchte man nicht sein. Jedenfalls nicht in diesem Spiel. Nicht im Sechsmeterschießen. Gibraltar gegen Puerto Rico entscheidet sich in einem Nervenkrimi, der nicht enden zu wollen scheint.

Aus sechs Metern bekommen beide Keeper die Bälle mit dem Vollspann um die Ohren geschossen. Oft schlagen sie recht zentral und halbhoch ein. Aber vor allem: Sie schlagen ein. Die jeweils ersten sieben Versuche auf das drei Meter breite Tor verwandeln beide Teams. Einschließlich des 2:2 aus den regulären zweimal 20 Minuten zuvor steht es nun 9:9. Nachdem selbst die Keeper schon mit dem Schießen dran waren, beraten sich Trainer und Schiedsrichter kurz, dann steht fest: Manche Schützen müssen nun zum zweiten Mal antreten.

Observer wachen über ausgeglichenen Wettbewerb

Es ist das Halbfinale bei den Special Olympics World Games, Klasse M02 Unified. Bedeutet: Die zweithöchste Leistungsklasse in dieser Sportart und in einer Mischung aus Sportlern mit und ohne geistiger Behinderung. Wer auf dem Platz aber "Athlet", also mit Behinderung, oder "Unified Partner" (ohne) ist, wird für den Betrachter nicht so leicht ersichtlich. "Dass die nicht behinderten Sportler die besseren sind, ist sehr selten der Fall", hatte auch der deutsche Delegationsleiter Tom Hauthal im kicker-Interview ganz allgemein über die Special Olympics gesagt.

Er nannte es die "Reinform von inklusivem Sport, das perfekte Beispiel." Es gehe darum, gemeinsam Sport zu treiben, egal, wer man sei. Eigens engagierte Beobachter, sogenannte "Observer", wachen in der Unified-Variante über einen ausgeglichenen und fairen Wettbewerb. So dürfen nicht behinderte Athleten das Spiel nicht an sich reißen und es dominieren. Im Extremfall dürfen die Observer sogar genau wie die Schiedsrichter Strafstöße verhängen, wenn sich ein Team nicht an die Unified-Regeln hält. Doch das kommt höchst selten vor.

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"Das ist peinlich!"

Auch nicht zwischen Gibraltar und Puerto Rico. Als da nach 14 erfolgreichen Sechsmeterschüssen ein Gibraltarer erstmals verschießt, sinkt er zu Boden. Aufstehen möchte er erst einmal nicht mehr. Sein Teamkollege mit der Nummer sieben weint schon vor Enttäuschung. Dabei ist das Spiel noch nicht einmal vorbei.

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Weil aber im strömenden Regen der nächste Puertoricaner zum 10:9 trifft, ist die letzte Hoffnung für die Männer vom Affenfelsen bald passé. Es gibt kein Halten mehr - auf beiden Seiten. Laute Jubelschreie auf Seiten der Mittelamerikaner, während Gibraltars Torwart seine Trinkflasche vor Zorn auf den Boden schleudert. Drei, vier, fünf Mal. "Das ist peinlich!", schreit sein Teamkollege mit der Nummer fünf und meint damit die knappe Niederlage. Trotzdem gratuliert er Sekundenbruchteile später fair.

Für Puerto Rico geht es im Finale am Samstag gegen Italien, das Deutschland zuvor mit 5:3 ausgeschaltet hat und noch feiernd sowie singend am Rand sitzt. Alle müssen das Feld auf dem August-Bier-Platz unweit des Olympia-Stadions aber schnell räumen. Schließlich steht gleich das nächste Match an: Nicaragua gegen Hongkong in der Frauen-Konkurrenz. Im Futsal gibt es keine Kleinen mehr.

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