2. Bundesliga

Überraschung Braunschweig? Nicht für Scherning

Trainer hat Abstiegskandidaten belebt: "Ich hatte eine Idee"

Überraschung Braunschweig? Nicht für Scherning

Nicht überrascht über den Höhenflug: Braunschweigs Coach Daniel Scherning

Nicht überrascht über den Höhenflug: Braunschweigs Coach Daniel Scherning IMAGO/regios24

In der vergangenen Spielzeit hatte der 40-Jährige Bundesliga-Absteiger Arminia Bielefeld deutlich früher und in deutlich besserer Ausgangslage übernommen und musste im März vorigen Jahres gehen, weil er den Turnaround nicht geschafft hatte.

Viele Dinge, über die ich mich definiere, die mir wichtig sind, habe ich hier als möglich angesehen.

Daniel Scherning

Dass seine Maßnahmen bei der Eintracht so schnell griffen und in erstaunlichen zwölf Punkten innerhalb der ersten sechs Partien mündeten, war in der Form nicht erwartbar - außer offenbar für ihn. "Ich hatte vom ersten Moment an eine Idee, die zur Mannschaft passt. Deshalb habe ich mich auch für die Aufgabe entschieden", erklärt er in betonter Sachlichkeit. "Viele Dinge, über die ich mich definiere, die mir wichtig sind, habe ich hier als möglich angesehen."

"Bedrohliche Spieler" wie Philippe

Dazu gehört vor allem ein Kader, der monatelang nicht konkurrenzfähig schien, in dem er aber Potenziale freilegte: Scherning behob mit dem Einbau des im Sommer von Heidenheim aber zuvor nicht berücksichtigten Marvin Rittmüller die Schwachstelle auf der rechten defensiven Außenbahn; er funktionierte Flügelstürmer Fabio Kaufmann überaus erfolgreich zum Achter um, "reaktivierte" als Nebenmann den bereits zum Fehleinkauf abgestempelten Isländer Thorir Johann Helgason.

Als solcher galt auch der im Juli aus Luxemburg verpflichtete Angreifer Rayan Philippe, nun erzielte er drei Treffer in den zurückliegenden drei siegreichen Partien und Scherning konstatiert: "Rayan ist ein Spieler, der die letzte Linie des Gegners bedroht. Wir haben insgesamt Spielertypen, die bedrohlich sind."

Vollmann in anderem Licht - Kaufmann und die "besten Positionen"

Die Bestandsaufnahme des neuen Trainers stellt jenem Mann in der Retroperspektive ein deutlich besseres Zeugnis aus als er zum Abschied bekommen hat: Peter Vollmann. Das Aus des ehemaligen Sport-Geschäftsführers war einhergehend mit Schernings Inthronisierung. Dessen Wirken aber zeigt: Im von Vollmann ausgewählten Personal schlummert mehr Potenzial als unter der Anleitung von Ex-Coach Jens Härtel sichtbar geworden ist. "Wir haben auch in der Phase alles versucht", versichert Routinier Kaufmann, "aber jetzt spielt jeder auf der für ihn besten Position, jeder hat den Plan verinnerlicht."

Spiele von Eintracht Braunschweig

Besagter Plan sieht, anders als der von Härtel, nicht allein Kompaktheit vor. "Wir haben viel im Bereich Ballbesitz und an Umschaltmomenten gearbeitet", sagt Scherning, "da sind wir besser geworden, haben klare Automatismen, finden Räume."

Der Trainer hat verraten, dass er seiner Mannschaft in der Besprechung vor dem Anpfiff in Kiel mit auf den Weg gegeben habe, "dass dieses Spiel ein Abbild der gesamten Rückserie sein wird: Wir werden gegen diesen starken Gegner Phasen haben, in denen nicht alles glatt läuft, in denen es um Widerstandsfähigkeit geht. Das wird in dem gesamten Halbjahr so sein. In Kiel waren es lange 97 Minuten bis zum Sieg, das wird die Parallele sein zu unserem sehr langen Weg."

Wenn dieser wie die Partie in Kiel ein Happy End bereithält, hätte Scherning angesichts der zuvor scheinbar ausweglosen Lage Erstaunliches geschaffen. Auch wenn es für ihn keine Überraschung wäre.

Sebastian Wolff

Hartel zum Sechsten, Urbig mit Bestnote: Die kicker-Elf des 18. Spieltags