Bundesliga

Tuchel, Kane, Sané, Tel und Platz 3 - ein Zwischenfazit

Was sich bei Bayern schon verbessert hat und wo es noch Aufholbedarf gibt

Tuchel, Kane, Sané, Tel und Platz 3 - ein Zwischenfazit

Bayern-Coach Thomas Tuchel und das Offensivtrio Harry Kane, Mathys Tel und Leroy Sané.

Bayern-Coach Thomas Tuchel und das Offensivtrio Harry Kane, Mathys Tel und Leroy Sané. imago images

Die einzige Niederlage für den FC Bayern hagelte es eine Woche vor Saisonstart im Supercup, beim 0:3 gegen RB Leipzig. Mit Neuankömmling und Einwechselspieler Harry Kane, einem unfertigen Kader und einer noch immer vorhandenen Unsicherheit im Team. Das aber hat sich ein wenig geändert. Seither spielen die Münchner größtenteils ruhiger, wenngleich nicht immer 90 Minuten souverän - wie das 2:2 gegen Leverkusen, das 2:2 in Leipzig, das 2:1 in Kopenhagen oder das 4:3 gegen Manchester United gezeigt haben.

Konzentrationsfehler, einfache Abspielfehler im Aufbau und mangelnde Positionstreue werden da als Gründe ausgemacht. Das Remis gegen Tabellenführer Leverkusen in der Liga ist ein gutes Beispiel. Völlig unnötig verursacht Alphonso Davies in der Nachspielzeit einen Strafstoß, kurz bevor Gegner Jonas Hofmann mit springendem Ball den Sechzehner verlässt. Schon in der vergangenen Saison machte sich der FC Bayern auf diese Art und Weise, mit dümmlichen Aktionen im eigenen Strafraum, das Leben schwer.

Auf der Suche nach dem Abwehrchef

Ein Abwehrchef oder auch Kapitän Manuel Neuer, der seit zehn Monaten nicht mehr in einem Spiel auf dem Platz stand, könnten da Anweisungen geben. Diesen Führungsspieler in der Defensive aber gibt es bisweilen (noch) nicht. Min-Jae Kim und Dayot Upamecano entsprechen nicht wirklich dem Typus. Matthijs de Ligt war in der Vorbereitung schon angeschlagen, fällt aktuell aufgrund eines Schlages aufs Knie aus. Von seiner Persönlichkeit her erfüllt er grundsätzlich einige Anforderung dieses Profils, doch der Niederländer muss physisch erst in den Topzustand kommen, um wieder Teil der ersten Elf zu werden. Wie bei Neuer, der bestens von Sven Ulreich vertreten wurde, erhoffen sich die Verantwortlichen, dass er nach der Länderspielpause wieder einsatzfähig ist.

Das Mittelfeldzentrum, wo Joshua Kimmich und Leon Goretzka prinzipiell als Doppelsechs vorgesehen sind, soll für die Balance im Spiel sorgen. Teilweise braucht es mehr Disziplin, um die Positionen zu halten, zu einfach werden bei Nicht-Berücksichtigung der Vorgaben für den Gegner die Räume geöffnet und diese zum Offensivspiel eingeladen. Es scheint aber so, als würde langsam Besserung eintreten, was das Bayernspiel im Ganzen dann strukturierter macht und in den Aktionen sicherer.

Sané und Tel überzeugen - Kane könnte noch besser integriert sein

Die herausragenden Spieler dieser noch jungen Saison heißen derzeit: Leroy Sané und Mathys Tel. Der deutsche Nationalspieler blüht unter Trainer Tuchel und neben Kane regelrecht auf. Zusammen hatten die beiden Offensivakteure schon 19 direkte Torbeteiligungen in der Liga - von 23 erzielten. Bei dreien davon assistierte Kane für Sané. Und Tel, der Franzose, nimmt seine Rolle als Joker ohne Murren an. Er wird langsam herangeführt, dies hat Trainer Tuchel so mit ihm abgesprochen - und womöglich ist es der richtige Weg, um einen 18-Jährigen nicht zu verheizen. Denn im Gegensatz zur Vorsaison kommt Tel in diesem Spieljahr regelmäßig zum Einsatz. In 143 Minuten in der Liga, 90 im Pokal und 16 in der Champions League, also insgesamt 249 Minuten, gelangen ihm bereits acht Scorerpunkte - sechs Tore und zwei Assists. Ein absoluter Lichtblick im Schatten von Kane, der mit wettbewerbsübergreifend 13 Scorerpunkten in neun Partien seinen Job erledigt, aber noch besser ins Spiel integriert sein könnte.

Mit 17 Punkten, 23:6 Toren, steht der FC Bayern momentan auf Rang 3. Hinter Leverkusen und Stuttgart. Wobei die Münchner schon gegen den Spitzenreiter und Mitkonkurrenten Leipzig (wie Leverkusen auch) gespielt haben. Erkennbar verbessert im Vergleich zur Vorsaison hat sich gewiss die mentale Verfassung. Verloren die Münchner in der Vergangenheit gerade in engen Partien teilweise den Kopf und dann auch das Spiel, zeigten sich in den laufenden Wettbewerben, dass sie Geduld besitzen. Sie erzielten in Mönchengladbach spät das 2:1, holten gegen Leipzig ein 0:2 (das nach einer Ecke entstand, die keine war, es hätte Abstoß geben müssen) auf, und sie drehten die Partie in Kopenhagen.

Für die Korrekturen braucht es Zeit

Ja, die Bayern haben noch Phasen in Spielen, in denen die Souveränität fehlt, aber diese Phasen werden gefühlt weniger - und Coach Tuchels Laune sichtbar besser. Denn immerhin passen schon einmal die Ergebnisse. Bayern ist seit dem Supercup ungeschlagen, mit zwei Siegen in die Königsklasse gestartet, im Pokal erwartungsgemäß weitergekommen und in der Liga auf Tuchfühlung mit der Spitze. Und doch wissen die Beteiligten an der Säbener Straße, dass all die herbeigeführten Missstände in der Mannschaft und sportlichen Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre nicht von heute auf morgen reparabel sind. Für die Korrekturen braucht es Zeit.

Georg Holzner

Viermal Bayer, dreimal Bayern, viermal Bestnote: Die kicker-Elf des 7. Spieltags