Bundesliga

Trauer um Bernd Nickel - Ein Nachruf auf "Dr. Hammer"

Eintracht-Ikone mit 72 verstorben

Trauer um Bernd Nickel - Ein Nachruf auf "Dr. Hammer"

Absolvierte über 500 Spiele für Eintracht Frankfurt: Bernd Nickel.

Absolvierte über 500 Spiele für Eintracht Frankfurt: Bernd Nickel. imago sportfotodienst

Mit Frankfurts Weltmeistern von 1974 wurde er in einem Atemzug genannt, wenngleich er nur zu einem A-Länderspiel kam. Denn wie seine Freunde Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein zählt Bernd Nickel zu den Legenden der Eintracht, die dem Klub in den 70er und 80er Jahren Gesicht und Charakter gegeben haben. Am Mittwoch ist "Dr. Hammer", wie er mit Bewunderung genannt wurde, nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 72 Jahren verstorben.

Der bodenständige Mittelhesse, der während und nach seiner Karriere sowohl in Frankfurt als auch in seinem Geburtsort Eisemroth im Lahn-Dill-Kreis heimisch war, verdankte seinen Spitznamen seiner gefürchteten Schussgewalt und -technik. In 426 Bundesliga-Einsätzen erzielte Nickel 141 Tore. Nur neun davon entstanden aus Elfmetern, wie er selbst manchmal anmerkte. Denn diese ansehnliche Trefferquote ist für einen ständigen Mittelfeldmann, wie er es war, herausragend.

Nickel traf aus allen vier Ecken des Waldstadions

Weniger Wucht als vielmehr Effet steckt in einer Rekordmarke Nickels: Aus allen vier Ecken des damaligen Waldstadions hat er einen Eckstoß direkt verwandelt. Am 22. November 1975, beim 6:0 gegen den FC Bayern, verlud er Nationaltorhüter Sepp Maier. Auch gegen Kaiserslautern, Fortuna Düsseldorf und beim 9:2 gegen Werder Bremen brachte der Linksfuß dieses Kunststück fertig.

Bernd Nickel

"Dr. Hammer" glänzte mit seiner Schusskraft. imago sportfotodienst

Am schwersten wog jedoch ein Fallrückzieher in den Winkel: Am vorletzten Spieltag 1971 traf er auf diese Weise im Derby gegen Kickers Offenbach. Der anschließende 2:0-Sieg bedeutete den Klassenerhalt für die Eintracht - und die Stornierung seines Wechsels zum FC Bayern München, der beim Abstieg fällig gewesen wäre.

Nickel hat das nie wirklich bereut. Die Verbundenheit zur Heimat war für den gelernten Fernmeldetechniker immer größer als der Drang in die große, weite Welt. Auch wenn damit, wie für viele Profis seiner Generation, eine Karriere in der Nationalelf kaum möglich war. Der Bayern-Block stellte sich eben oft von alleine auf.

Nickel und Mitspieler Trinklein bauten den ersten Eintracht-Fanshop auf

Nickel war einer der ersten in der Bundesliga, die das Merchandising entdeckten. Sein Mitspieler Gert Trinklein hatte die Idee, gemeinsam bauten sie den ersten Eintracht-Fanshop auf. „Wir begannen mit Anstecknadeln, Manschettenknöpfen, dann kamen die ersten Trikots“, erzählte "Naggel", wie ihn ehemalige Mannschaftskameraden liebevoll nannten, 2010 in einem Interview der kicker-Serie "Was für ein Typ!".

Die Eintracht seiner Zeit war häufig titelfähig, am Ende aber nicht titelreif genug. Die "Diva vom Main" feierte dennoch große Erfolge. Nickel gewann mit den Adlerträgern dreimal den DFB-Pokal (1974, 1975, 1981) und den UEFA-Cup 1980 in den Endspielen gegen Borussia Mönchengladbach.

Bernd Nickel

imago sportfotodienst

Bei den Sommerspielen 1972 stand er in der bundesdeutschen Olympia-Auswahl. Nach der aktiven Karriere, die er 1984 bei Young Boys Bern beendete, war er Stammgast, wenn die Eintracht zu einem Heimspiel im Stadtwald auflief - wenn es die Gesundheit zuließ.

"Wir spielten bei Matsch, Eis, Schnee", berichtete Nickel. Gerne erzählte er nach geselligen Golfrunden Anekdoten aus der Bundesliga, ohne Intimes preiszugeben. Die echten Fußballthemen waren ihm wichtiger als der Klatsch. Und oft schwang Unverständnis mit über schlampige Flachpässe auf dem "heute doch so guten Rasen" oder über "einfach schlechte" Eckstöße.

Einer wie Nickel hat für Schüsse und Flanken gerne Extra-Schichten eingelegt: "Ich war ein absoluter Straßenfußballer, habe schon als Kind stundenlang aufs Scheunentor geballert und später, freitags nach dem Abschlusstraining, Ecken geschlagen, bis die Oberschenkel glühten."

Die Bundesliga trauert um einen der Großen und Ruhigen ihrer Geschichte.

Jörg Jakob