Bundesliga

Toppmöller muss schnell die richtigen Antworten finden

Kommentierende Analyse zur Situation bei der Eintracht

Toppmöller muss schnell die richtigen Antworten finden

Konnte mit dem Auftritt seiner Mannschaft in Köln nicht zufrieden sein: SGE-Coach Dino Toppmöller.

Konnte mit dem Auftritt seiner Mannschaft in Köln nicht zufrieden sein: SGE-Coach Dino Toppmöller. IMAGO/HMB-Media

Jahrelang war die Eintracht vor allem dann erfolgreich, wenn sie auf aggressives Angriffspressing und schnellen Umschaltfußball setzte. Auch Trainer Dino Toppmöller kündigte bei seiner Vorstellung im Sommer an, "positive Troublemaker" sein zu wollen. Inzwischen muss man konstatieren: Diesem Anspruch wird die Eintracht viel zu selten gerecht. Platz 6 ist trügerisch.

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"Schuss vor den Bug": Kapitän Rode warnt

Fußballerisch und kämpferisch überzeugende Auftritte wie in der Hinrunde gegen die Bayern (5:1), Borussia Dortmund (3:3) oder in Hoffenheim (3:1) bilden die Ausnahme, nicht die Regel. In diesem Kalenderjahr überzeugte Frankfurt überhaupt noch nicht über 90 Minuten. Wenn die Mannschaft wie in Köln den Ball in ungefährlichen Zonen planlos hin und her schiebt, bis sie ihn verliert, erinnert das an Altherrenfußball. "Das muss sich schleunigst ändern", sagt Sebastian Rode zur fehlenden Tiefe im Spiel. Der Kapitän warnt: "Ich hoffe, dass das ein Schuss vor den Bug zum rechten Zeitpunkt war und jeder merkt, dass es auch auf Einsatz und Leidenschaft ankommt, und nicht nur auf Kontrolle und Spielfluss."

Toppmöller steckt nun einer Zwickmühle. Noch ist sein Ansatz, den Fokus auf Spielkontrolle und Ballbesitz zu legen, nicht gescheitert. Doch mit den zuletzt gezeigten Leistungen droht gegen den belgischen Tabellenführer Saint-Gilloise das Aus in der Conference League. Das wäre in Frankfurt, wo der Europapokal gelebt wird wie kaum woanders, nur schwer verzeihlich. Der Coach liegt richtig, wenn er feststellt, dass es nicht allein um die fehlenden Basics geht. "In der ersten Hälfte waren wir auch fußballerisch schlecht. Wenn du fußballerisch nicht gut bist und viele Bälle verlierst, kannst du keinen Druck erzeugen."

Besorgniserregende Harmlosigkeit im vorderen Drittel

Diese Erkenntnis führt allerdings zur nächsten Frage: Sind Toppmöllers Ideen vom Fußball womöglich zu anspruchsvoll, um sie mit diesem Personal konstant auf hohem Niveau umzusetzen? Muss er sie korrigieren? Oder fehlen die Automatismen wegen der permanenten Systemumstellungen? In Köln hätte man der Mannschaft von außen zurufen wollen: "Keep it simple." Spielt einfach.

Mit Sasa Kalajdzic steht mittlerweile ein Zwei-Meter-Hüne vorne im Sturm, doch es ist noch in keinem Spiel gelungen, die Leihgabe aus Wolverhampton mit Flanken zu füttern. Dieses Manko muss sich Toppmöller ankreiden lassen. Kalajdzic wiederum muss daran arbeiten, mehr Präsenz im Sechzehner zu zeigen. Frankfurt könnte nun deutlich variabler spielen, agiert aber so einfallslos wie zu Saisonbeginn. Sportvorstand Markus Krösche kritisiert: "Wir haben sehr viel Ballbesitz in Räumen, die nicht wirklich sinnvoll sind. Wir müssen daran arbeiten, zielstrebiger und konsequenter nach vorne zu spielen."

Zahlen unterfüttern diese Kritik. Die Eintracht spielte in dieser Saison lediglich 20,3 Prozent der Pässe ins Angriffsdrittel - das ist ligaweit der schwächste Wert. So kann es nicht überraschen, dass die SGE von allen Bundesligisten auch die wenigsten Torschüsse (210) abgegeben hat. Diese Statistik ist zwar mit Vorsicht zu genießen, da sie nichts über die Qualität der Abschlüsse aussagt, einen Hinweis auf die Probleme in der Offensive liefert sie aber allemal.

Smolcic und andere Fehlentscheidungen

Auch die Personalauswahl in Köln wirft Fragen auf. Den gesperrten Willian Pacho durch den fehleranfälligen und langsamen Hrvoje Smolcic zu ersetzen, war ein Fauxpas mit Ansage. Der krasse Fehlpass des Innenverteidigers vor dem 0:2 sollte niemanden ernsthaft überraschen, schon gar nicht den Trainer. Es gab andere Möglichkeiten. Toppmöller hätte auch im eigenen Ballbesitz auf eine Viererkette setzen können, mit Tuta und Robin Koch im Zentrum. Gegen den Ball war es ohnehin ein 4-4-1-1. Doch der Coach entschied sich beim eigenen Spielaufbau für eine Dreierkette, die er wie gewohnt mit drei gelernten Innenverteidigern bestückte. Besser wäre es in diesem Fall gewesen, Ellyes Skhiri ins Zentrum der Dreierkette zurückzuziehen und die Kröte zu schlucken, dass ein Rechtsfüßer den Part des linken Innenverteidigers übernimmt.

Das hätte auch den Vorteil gehabt, es Hugo Larsson zu ersparen, auf ungewohnter Position als eine Art hängende Spitze zu irrlichtern. Toppmöller behauptet zwar, dass der Mittelfeldspieler "eigentlich immer so" gespielt habe, in aller Regel agierten jedoch Fares Chaibi, Ansgar Knauff, Erik Junior Dina Ebimbe, Mario Götze und gelegentlich auch Omar Marmoush in den offensiven Halbräumen. Larsson spielte stets etwas zurückgezogen als Achter oder offensiver Sechser. Der junge Schwede hat seine Stärken als strategischer Ballverteiler, nicht als Torschütze (zwei Saisontore). Chaibi hätte in die erste Elf gehört, um die Halbräume schon im ersten Durchgang mit mehr Leben zu füllen. Unverständlich war es auch, den im Positiven wie im Negativen unberechenbaren Niels Nkounkou nach der ersten Gelben Karte nicht auszuwechseln.

In Köln wirkte die Grundordnung in Ballbesitz teilweise seltsam asymmetrisch. Es sah so aus, als wüsste keiner so recht, wann er wo hinlaufen soll. Einfache Abläufe sind nun dringend erforderlich, um den Spielern wieder mehr Halt zu geben. Der Coach nimmt seine Mannschaft in die Pflicht: "Mich nerven diese permanenten einfachen Ballverluste, das ist einfach zu viel. Das war schon gegen Mainz teilweise katastrophal. Wenn du so spielst, kannst du nie Druck aufbauen." Berechtigte Kritik. Der Trainer muss sich aber auch fragen, warum das gegen so viele Gegner der Fall ist. Letztlich steht er in der Verantwortung. Lothar Matthäus warnte bei Sky: "Der Trainer oder die Verantwortlichen müssen klare Worte zur Mannschaft sprechen. Die Einstellung war nicht so, dass man solche Spiele gewinnen kann."

Marmoush und Ekitiké dienen als Mutmacher

Bei aller Kritik gibt es aber auch Mutmacher. Mit Afrika-Cup-Rückkehrer Omar Marmoush und Neuzugang Hugo Ekitiké gewinnt Toppmöller kurzfristig zwei schnelle und torgefährliche Offensivspieler. Personell eröffnet ihm das die Möglichkeit, den Fokus stärker auf Angriffspressing und Umschaltmomente zu setzen, um ein Stück weit zur alten Eintracht-DNA zurückzukehren. Erinnert sei an den fulminanten Auftritt gegen die Bayern. Im kommenden Heimspiel gegen Bochum muss ein überzeugender und klarer Sieg her, um vor der Europacup-Reise nach Belgien Selbstvertrauen zu tanken.

Nach der jüngsten Transferperiode ist die Eintracht zwar eine der spannendsten Aktien im deutschen Fußball, das garantiert aber keinen Erfolg. Toppmöller muss schnell die richtigen Antworten finden. Zuzutrauen ist es ihm. Viele der Probleme spricht er selbst deutlich an, mit seinen fachlichen Analysen trifft er meist ins Schwarze. Er muss bloß aufpassen, dass er nicht zu viel auf einmal will. Auch seine zwischenmenschlichen Qualitäten stehen außer Frage. Vorangehen müssen nun auch die Führungsspieler. Sie müssen nach den jüngsten Darbietungen intern für ein reinigendes Gewitter sorgen. Auf dem Trainingsplatz darf es in der kommenden Woche gerne etwas lauter und ruppiger werden.

Julian Franzke

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