Int. Fußball

Spießrutenlauf unter Palmen: Mallorca provoziert Reals Vinicius

Mallorca provoziert Vinicius - La Liga ermittelt

Spießrutenlauf unter Palmen

Ärger ohne Ende: Kapitän Raillo hält Vinicius das Mallorca-Wappen unter die Nase.

Ärger ohne Ende: Kapitän Raillo hält Vinicius das Mallorca-Wappen unter die Nase. AFP via Getty Images

Es gilt als eine schöne Geste, wenn Trainer besonders verdiente Spieler frühzeitig auswechseln, um ihnen Sonderapplaus zu gewähren. Dass ein Spieler seine eigene Herausnahme fordert, um gefeiert zu werden, ist dagegen sicherlich eine Rarität. Ein Novum dürfte es sein, dass er es fordert, weil er die ganze Partie lang seinen Gegenspieler derartig heftig provoziert hat, dass diesem beinahe die Sicherungen durchgebrannt wären.

Doch genau das tat Pablo Maffeo auf Mallorca. Gerade hatte der Rechtsverteidiger im Heimspiel gegen Real Madrid am Sonntag Vinicius Junior mal wieder gefoult, als er seinem Trainer das Zeichen gab. "Maffeo hat nach seiner Auswechslung gefragt, weil er Standing Ovations wollte", bestätigte Mallorcas Trainer Javier Aguirre bei "El Chiringuito". Kein Zweifel - er hätte sie bekommen.

Spielbericht

Scharmützel via Social Media

Vinicius gegen Mallorca, speziell Vinicius gegen Maffeo, das ist ein Duell mit Vorgeschichte. Im März 2022 gewann Real mit 3:0 auf der Urlaubsinsel, der damalige Aufsteiger kämpfte mit harten Bandagen. Kapitän Antonio Raillo hatte Glück, nach einem harten Foul an Rodrygo nur Dunkelgelb zu sehen. Der Brasilianer benötigte wegen einer Knöchelverletzung Fremdhilfe, um den Platz verlassen zu können.

Vinicius, Torschütze zum 1:0, postete nach dem Spiel auf Instagram ein Foto, auf dem er den unglücklich wirkenden Maffeo aussteigen lässt. Der ehemalige Stuttgarter reagierte kurz darauf. Er versah seinerseits ein Foto der beiden im Zweikampf mit einem Kuss-Emoji zweier Männer.

Doch von Nächstenliebe keine Spur. Maffeo hatte schon unmittelbar vor der Partie am Sonntag durchblicken lassen, dass er Vinicius nicht mit offenen Armen empfangen wird. "Ich habe nichts gegen ihn, er ist ein toller Spieler. Aber wenn er dir auf dem Feld sagt, dass du mit deiner Mannschaft absteigen wirst, dann regt man sich natürlich auf", erklärte er bei "Cope Baleares". Und: "In der Schule hieß es, ich würde mich schlecht verhalten. Meine Mutter sagte, dass die Lehrer das sicher nicht erfinden würden und von mir besessen seien." Und so sei es eben auch bei Vinicius. "Wir sind nicht besessen von ihm. Es wird auch an seinem Verhalten liegen."

La Liga ermittelt wegen rassistischer Parolen

Doch Vinicius bekam am Sonntag keine Sekunde Zeit, Reue zu zeigen. Das Publikum buhte ihn aus, klatschte nach Fouls gegen ihn, beleidigte ihn unter der Gürtellinie. Das ist auch deutlich auf Tonaufnahmen zu hören, die die "Marca" veröffentlicht hat. La Liga ermittelt  - mal wieder - wegen der "unerträglichen rassistischen Beleidigungen gegen den Madrider Spieler Vinicius Jr", wie es in einer Mitteilung heißt.  

In der aufgeheizten Atmosphäre taten Mallorcas Spieler dann so ziemlich alles, um einen Platzverweis für den provokationsanfälligen Vinicius heraufzubeschwören. Gleich zweimal ließ sich Maffeo abseits des Balles theatralisch gegen den Brasilianer fallen, beim ersten Mal fiel der Referee darauf herein und zeigte Vinicius Gelb - es war seine fünfte, auch in Spanien bedeutet das eine Sperre.

Provokationen per Vereinswappen

Kurz darauf war Pause. Vinicius' Beschwerden auf dem Weg in die Kabine waren berechtigt, aber sehr vehement, sie hätten gut und gerne in der Ampelkarte münden können. Gelb sah dann der ebenfalls meckernde Dani Ceballos. Es wirkte wie ein Kompromiss des Schiedsrichters.

Richtung Kabinentrakt küsste Vinicius zudem provokant das Real-Wappen vor den Mallorca-Fans, wovon Ruillo offenbar Wind bekam. Der Kapitän der Mallorquiner hielt dem Madrilenen später das Mallorca-Wappen auf dem eigenen Trikot unter die Nase. 29 Fouls beging Mallorca in der Begegnung, zehnmal davon erwischte es Vinicius. Zweimal gab es obendrauf noch das Gegenteil einer Entschuldigung: Raillo und Maffeo zeigten ihm beide im Laufe der Partie mit der berühmten Lothar-Matthäus-Geste gegen Andi Möller, was für eine Heulsuse Vinicius doch sei.

Streithähne in Vollendung: Maffeo, Vinicius und ein machtloser Ancelotti.

Streithähne in Vollendung: Maffeo, Vinicius und ein machtloser Ancelotti. IMAGO/NurPhoto

Ancelottis Plädoyer

All das musste von außen ein recht hilflos wirkender Carlo Ancelotti beobachten, der Vinicius trotz allem durchspielen ließ. Vielleicht wollte der Italiener seinem Schützling aber auch nur die Reaktionen des Publikums im Son Moix ersparen. Immerhin holte der 22-Jährige ja auch noch einen Elfmeter heraus, den Marco Asensio in der 60. Minute allerdings verschoss.

"Alles, was passiert, passiert ist und passieren wird, ist nicht Vinicius' Schuld. Er will einfach nur Fußball spielen", sagte Ancelotti. "Dann gibt es eine Atmosphäre, die provoziert, Gegner, die ihn provozieren und foulen - das ist es, was passiert. Man muss sich anschauen, was in diesem Spiel mit ihm passiert ist." Erst am Mittwoch hatte Vinicius beim 2:0 gegen Valencia einen üblen Tritt von Gabriel Paulista abbekommen, der Übeltäter hat sich inzwischen entschuldigt.

Von Maffeo braucht man keine Entschuldigung zu erwarten. Als der Schlusspfiff im sonnigen Mallorca ertönte, riss er die Arme nach oben und peitschte das Publikum noch einmal kräftig an. Vinicius war unterdessen einer der Ersten, der sich auf den Weg Richtung Kabine machte. Keinen halben Meter hinter ihm sah man eine Art Bodyguard, der aufpasste, dass der Brasilianer weder provozierte noch sich provozieren ließ. Es war Carlo Ancelotti.

Christoph Laskowski