Spaniens Coach Jorge Vilda, der auch weiterhin nicht unumstritten ist, nahm im Vergleich zum 2:1-Erfolg in der Verlängerung des Viertelfinals über die Niederlande zwei Änderungen an seinem Aufgebot vor: Außenverteidigerin Olga ersetzte die Gelb-gesperrte Oihane, Weltfußballerin Alexia durfte nach ihrem überstandenen Kreuzbandriss aus dem Sommer 2022 erstmals bei dieser WM von Beginn ran. Dafür rückte Esther, die Spielführerin der vorherigen Partien, auf die Bank und die Kapitänsbinde wanderte zu Olga.
Auf Seiten Schwedens vertraute Trainer Peter Gerhardsson dagegen derselben Elf, die sich im Viertelfinale mit 2:1 gegen das zuvor spielstärkste Team aus Japan durchsetzen konnte. Nach dem Sieg über den amtierenden Weltmeister aus den USA im Achtelfinale (5:4 i.E.), hatten die Skandinavierinnen damit bereits den zweiten Titelfavoriten aus dem Turnier geworfen. Einen großen Anteil hatten daran jeweils Torhüterin Musovic, die die US-Amerikanerinnen mit rekordhaltigen elf Paraden zur Verzweiflung brachte, und Innenverteidigerin Ilestedt, die mit vier Treffern im Turnierverlauf treffsicherste Schwedin war.
Ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten
Die WM-Halbfinals
Las Furias Rojas versuchten schon früh, in ihren spielbestimmenden Fußball zu kommen, die Schwedinnen spielten aber von Beginn an gut mit und überließen Spanien keinesfalls einfach die Kontrolle. So waren die Spanierinnen zwar leicht überlegen, Offensivaktionen gab es aber auf beiden Seiten: Olgas Distanzschuss ging nur knapp am rechten Pfosten vorbei (14.), auf der Gegenseite köpfte Rytting Kaneryd den Ball aus neun Metern ans Außennetz (15.).
In der Folge spielte sich Spanien zwar immer wieder nah vor das gegnerische Tor, ließ dort gegen aufmerksame Schwedinnen dann allerdings die letzte Präzision im Passspiel (24.) oder Abschluss (39.) missen. Stattdessen drehten die Skandinavierinnen Ende der ersten Halbzeit nochmal auf und kamen zu den besten Möglichkeiten des Spiels: Rolfös Direktabnahme aus kurzer Distanz parierte Coll jedoch mit einem starken Reflex (42.), Blackstenius fehlte der Druck im Abschluss (44.).
Torreiche Schlussphase: Drei Treffer in acht Minuten
Schweden kam etwas besser aus der Pause, setzte die Spanierinnen früher unter Druck und spielte sich in deren Hälfte fest. Blackstenius (55.) und Rolfö (56.) scheiterten aber jeweils an Coll. Mit der Hereinnahme von Salma für die nahezu komplett aus dem Spiel genommene Alexia (57.) strahlten dann Las Furias Rojas mehr Offensivgefahr aus und rissen die Spielkontrolle an sich. Abgesehen von einer Riesenchance für Redondo, die den Ball im Sitzen haarscharf am Pfosten vorbeisetzte (70.), wurden die Ibererinnen zunächst nicht wirklich gefährlich.
Zehn Minuten vor dem Ende jubelte Spanien dann aber doch: Nach einer Flanke von Jenni legte die eingewechselte Eva Navarro glücklich ins Zentrum ab, wo Salma den Ball aus acht Metern platziert im rechten unteren Eck unterbrachte (81.). Gerhardsson reagierte auf den Rückstand und brachte Hurtig, die wenige Sekunden nach ihrer Einwechslung tatsächlich den Ausgleich vorbereitete: Per Kopf verlängerte die Offensivspielerin von Arsenal eine Hereingabe auf Blomqvist, die den Ball unbewacht aus neun Metern gefühlvoll ins rechte obere Eck schlenzte (88.).
Doch Spanien antwortete direkt: Nach einer kurz ausgeführten Ecke landete der Ball bei Olga, die sich aus der Distanz wieder einmal ein Herz fasste. Aus 16 Metern knallte die Kapitänin den Ball wuchtig unter die Latte, von wo aus er ins Tor prallte (89.). Die Schwedinnen setzten alles dran, sich doch noch irgendwie durch einen Treffer in die Verlängerung zu retten, Spanien ließ aber kaum etwas zu und brachte das 2:1 über die Zeit.
Jubel bei Spanien - Tränen bei Schweden
Während Las Furias Rojas durch den Erfolg über Schweden das erste Mal in ein WM-Finale einziehen, scheitern die Skandinavierinnen wieder einmal denkbar knapp im Halbfinale und warten weiter auf einen ersten Titel seit der Europameisterschaft 1984.
Spanien steht im Finale, wo es am Sonntag (12 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen Australien oder England geht. Am Tag zuvor spielen die Schwedinnen im Spiel um Platz 3 (10 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen den Verlierer des anderen Halbfinals.