Bundesliga

Siewert ist austauschbar, das Team in der Verantwortung

Verschleißen die Mainzer Profis auch den nächsten Trainer?

Siewert ist austauschbar, das Team in der Verantwortung

Seit Wochen sieglos: Jan Siewert.

Seit Wochen sieglos: Jan Siewert. IMAGO/Jan Huebner

So richtig komplett war die Mainzer Bescherung am Samstagabend nach dem 18.30-Uhr-Spiel zwischen Köln und Frankfurt (2:0), das ein Großteil der 05-Führungsriege noch gemeinsam via Großbildschirm verfolgt hatte. Den Geißböcken war dabei das gelungen, wonach sich die Rheinhessen seit Wochen und Monaten vergeblich sehnen: Nämlich einen Sieg zu erzwingen und damit einen Bigpoint im Abstiegskampf zu landen.

Das schaffte Mainz letztmals am 4. November gegen RB Leipzig (2:0). Auf diese sensationell erfolgreiche Premiere von Trainer Jan Siewert folgten bis dato inklusive des jüngsten 0:1 gegen Werder also neun Partien ohne Dreier. In der aktuellen Tabelle klafft nun sogar zu Relegationsplatz 16 eine Lücke von vier Punkten. Womit sich unweigerlich die Frage stellt, ob der erst kurz vor Weihnachten offiziell zur Dauerlösung beförderte Siewert am Ende vielleicht doch als Kurzzeittrainer in die Vereinsannalen eingehen wird.

Ein erneuter Trainerwechsel wäre nach Union die "letzte Patrone"

Mit Blick auf die Nachholpartie gegen Union Berlin am kommenden Mittwoch in der heimischen MEWA-Arena ist das Prädikat "Schicksalsspiel" jedenfalls keine Übertreibung. Sowohl hinsichtlich einer fatalen Verfestigung des momentanen Tabellenstands als auch unter Berücksichtigung der Handlungsoptionen, die den Klubverantwortlichen dann noch blieben. Im Fall eines weiteren Misserfolgs wäre ein erneuter Trainerwechsel die viel zitierte "letzte Patrone", die Sportvorstand Christian Heidel und seine Mitentscheider dann mit dem Rücken zur Wand fast schon zwangsläufig abfeuern müssten. Auch wenn es mit Siewert ganz gewiss nicht den Hauptschuldigen der aktuellen Misere träfe.

Die Mannschaft trieb schon Vorgänger Svensson zur Verzweiflung

Vielmehr droht der Fußballlehrer zum Opfer einer Mannschaft zu werden, die schon Vorgänger Bo Svensson schier zur Verzweiflung und schließlich zur Job-Aufgabe getrieben hat. Dabei hat Siewert das Team deutlich stabilisiert bei nur sieben Gegentoren in zehn Ligaspielen. Zuvor hatte es in dieser Saison 24 Gegentreffer in neun Partien gesetzt. Doch das Problem der offensiven Harmlosigkeit bleibt ungelöst.

Wobei es anders als gegen Wolfsburg (1:1) und in Frankfurt (0:1) gegen Bremen nun eher an mangelhafter Chancenverwertung lag als an generell fehlender Durchschlagskraft. Wenn seine Profis trotz guter Gelegenheiten das Tor nicht treffen oder slapstickartige Fehler begehen wie Verteidiger Anthony Caci vorm frühen 0:1, scheint der Einfluss eines Trainers naturgemäß begrenzt. Seinen Job macht das im konkreten Fall dennoch nicht sicherer.

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Siewert ist nichts vorzuwerfen, doch ihm fehlt es noch an Erfahrung und Persönlichkeit

Gemessen am insgesamt keinesfalls desolaten Auftreten seiner Mannschaft ist Siewert handwerklich nichts Wesentliches vorzuwerfen. Auch seine aktive, aufs Detail bedachte Trainingsgestaltung wirkt überzeugend, soweit sich das anhand der sehr wenigen öffentlichen Einheiten bewerten lässt. Ganz nüchtern bleibt aber auch festzuhalten: Jenseits des rein Fachlichen ist der Bundesliga-Novize keiner, an dessen Erfahrung oder Persönlichkeit sich eine Mannschaft im Existenzkampf derzeit aufrichten könnte. Was den 41-Jährigen letztlich austauschbar macht. Beispielsweise gegen einen klassischen Feuerwehrmann vom Kaliber Friedhelm Funkel (70).

Heidels Forderung nach "Abstiegskampfmentalität" wird von zu vielen noch immer nicht erfüllt

Ob bzw. wie konkret sich Heidel und Co mit solchen Gedanken beschäftigen, bleibt vorerst Spekulation. Fakt ist derweil: Es muss nicht soweit kommen - wenn gegen Union ein überzeugender Auftritt inklusive Sieg gelingt. Gefordert, das bleibt ebenfalls eine ganz einfache Wahrheit, ist dabei in allererster Linie die Mannschaft. Auch für die gilt, ähnlich wie für ihren Trainer: Es ist ihr nicht viel vorzuwerfen - und doch fehlt ihr bislang das entscheidende Etwas.

Nämlich an Konsequenz, Konzentration, an absoluter Leistungsbereitschaft. Zusammengefasst also jene "Abstiegskampfmentalität", die Heidel schon zu Svenssons Zeiten eingefordert hat. Und die bis heute zu viele Mainzer Spieler, gerade nominelle Führungskräfte wie Dominik Kohr, Silvan Widmer oder Karim Onisiwo, noch nicht überzeugend ausstrahlen. "Es war sehr viel Mühe und Bemühung drin", urteilte Sportdirektor Martin Schmidt am Samstag, "aber es war leider zu wenig, um zu siegen." Ob den 05-Profis noch die Wende gelingt? Das liegt letztlich in ihrer eigenen Verantwortung.

Bilder zur Partie 1. FSV Mainz 05 gegen Werder Bremen