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Helmes über Siegen: "Dem Klub verdanke ich meine Karriere"

Zweite Chance nach dem Aus in Aachen

Siegen-Trainer Helmes: "Dem Klub verdanke ich meine Karriere"

"Glückliche Fügung": Patrick Helmes freut sich, dass er ab sofort bei den Sportfreunden Siegen anpacken darf.

"Glückliche Fügung": Patrick Helmes freut sich, dass er ab sofort bei den Sportfreunden Siegen anpacken darf. IMAGO/Rene Traut

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Für Anhänger der Sportfreunde Siegen genießt Patrick Helmes noch immer Heldenstatus. Als damals 21 Jahre junger Angreifer schoss der spätere Nationalstürmer seinen Heimatverein aus Südwestfalen im Sommer 2005 als Regionalliga-Torschützenkönig zum Aufstieg in die 2. Bundesliga und damit zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte. Während für Helmes damit der Startschuss für eine erfolgreiche Profi-Karriere mit 45 Treffern in 98 Bundesliga-Spielen erfolgte, stiegen die Sportfreunde seinerzeit gleich in der nächsten Saison wieder ab, kämpften sich durch zwei Insolvenzen und sind seit der bislang letzten Regionalliga-Saison 2016/17 fester Bestandteil der Oberliga Westfalen.

Seit Jahresbeginn ist der einstige Aufstiegsheld Helmes zurück bei seinem Heimatverein und soll als Trainer des Tabellen-13. den nächsten Abstieg in die sportliche Bedeutungslosigkeit verhindern. Im Interview spricht der 38-jährige TV-Experte über die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte, die turbulenten Anfangsjahre seiner Trainer-Karriere und seine kurze Amtszeit bei Alemannia Aachen.

Wie ist die Rückkehr nach Siegen zustande gekommen, Herr Helmes?

Meine Eltern leben noch immer im Siegerland, mein Vater arbeitet schon länger wieder für die Sportfreunde. Kurz vor Weihnachten hat mich der Verein kontaktiert, weil nach dem Rücktritt des bisherigen Trainers kurzfristig eine Lösung her musste. Ich habe dann überlegt und für mich entschieden, dass ich das machen möchte. Ich habe Siegen viel zu verdanken und es ist eine glückliche Fügung, dass für mich gerade ein guter Zeitpunkt ist, um zurück zu kommen. Zum ersten Mal gab es von den Sportfreunden konkretes Interesse und jetzt bin ich da, um anzupacken.

Ich komme immer noch ins gleiche Stadion, auch die Kabinen sind noch gleich.

Patrick Helmes über die Rückkehr zu seinem Heimatverein

Wie haben sich die ersten Amtstage angefühlt?

Ich komme immer noch ins gleiche Stadion, auch die Kabinen sind noch gleich. Es fühlt sich an wie nach Hause zu kommen, weil ich bis auf drei Jahre meine komplette Jugend hier verbracht habe. Den Sportfreunden verdanke ich meine Profi-Karriere, das habe ich nie vergessen. Die Leute freuen sich, dass ich wieder da bin, das ist natürlich auch ein schönes Gefühl.

Sie kommen aus dem Profi-Bereich. Wie gelingt Ihnen die Umstellung auf den Amateurfußball?

Ich bin mit einfachen Mitteln groß geworden und habe kein Problem damit, wenn der Verein keine drei verschiedenen Trikots hat oder die Jungs jeden Tag in den gleichen Klamotten trainieren. Ausschließlich Profis gibt es für mich nur in den ersten drei Ligen, ob Regionalliga oder Oberliga macht dahinter keinen so großen Unterschied.

Stichwort Regionalliga: Vor Ihrer Rückkehr nach Siegen waren Sie nur wenige Monate Trainer von Alemannia Aachen. Wie kam das?

In Aachen herrscht ein schwieriges Umfeld und der Verein ist finanziell nicht so gut gebettet. In der Regionalliga wird dann häufig der Fehler gemacht, dass ein Verein nach einem fünften Platz glaubt, jetzt noch einmal richtig investieren zu müssen, um dann sofort aufzusteigen. Geschäftsführer Martin Bader und ich hatten andere Pläne.

Wie sahen die aus?

Wir haben neben einigen erfahrenen Leuten vor allem günstige jüngere Spieler geholt und ihnen Zweijahresverträge gegeben. Im ersten Jahr war unsere interne Absprache, dass wir erst mal die Klasse halten wollen, um im zweiten Jahr weiter oben anzugreifen. Dann hatten wir einen unglücklichen Start mit einer späten Niederlage in Münster, hatten drei Wochen lang keinen Stürmer und im Oktober kam ein neues Präsidium, das ganz andere Pläne hatte. Denen war das Tempo nicht schnell genug und schon war ich gefeuert, so ist das Business.

In Köln habe ich bei der U 21 als Trainer angefangen und es lief sehr gut, bis plötzlich mein Co-Trainer vor meinen Augen in meinem Büro gestorben ist.

Patrick Helmes

Auch bei Ihren vorherigen Stationen waren Sie nicht allzu lange im Amt. Haben Sie sich Ihre zweite Karriere so vorgestellt?

Eine Karriere im Profi-Fußball ist in den seltensten Fällen planbar. Schon als Spieler wurde ich mit 16 beim 1. FC Köln aussortiert, weil ich zu klein war. Später bin ich dorthin zurückgegangen, um zu zeigen, dass sie einen Fehler gemacht haben. In Köln habe ich dann bei der U 21 auch als Trainer angefangen und es lief sehr gut, bis plötzlich mein Co-Trainer vor meinen Augen in meinem Büro gestorben ist. Vier Tage später habe ich meinen Rücktritt verkündet, um das erst mal zu verarbeiten.

Und das war nicht das einzige traumatische Erlebnis.

Richtig, in Österreich bin ich im November 2020 mit meiner Familie in einen Terror-Anschlag gekommen. Um uns herum wurde geschossen. Ich weiß nicht, wo ich wäre, wenn diese beiden Dinge nicht passiert wären, aber so ist es nunmal.

Bleibt eine Karriere als Profi-Trainer trotz des Schritts in die Oberliga Ihr Ziel?

Fußball wird auf jeden Fall mein Standbein bleiben. Das ist es, was ich liebe und was ich am besten kann. Erst einmal sind jetzt die Sportfreunde meine Aufgabe und ich mache mir keine Gedanken, was danach passiert. Ich bin hier, um den Verein wieder in bessere Zeiten zu führen. 

Interview: Pascal Köhler

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