Bundesliga

Saudi-Arabien? Widmer: "Auch nicht für 200 Millionen"

Mainzer Kapitän bezieht bei kritischen Themen klar Stellung

Saudi-Arabien? Widmer: "Auch nicht für 200 Millionen"

Glücklich in Mainz: Silvan Widmer.

Glücklich in Mainz: Silvan Widmer. IMAGO/Martin Hoffmann

"Geld war im Profi-Fußball schon immer ein Thema, aber in den vergangenen Jahren hat es an Wichtigkeit gewonnen. Wir müssen aufpassen, dass Fußball nicht zu Sklaverei wird und Spieler hin- und hergeschoben werden wie Dominosteine", mahnte Silvan Widmer in dem halbstündigen Interviewformat "Gredi direkt". Einen Wechsel in einen Golfstaat käme für ihn nicht infrage: "Ich bin Familienvater, habe zwei Kinder, das Thema ist sehr weit weg. Aber ich kann mir nicht vorstellen, in Saudi-Arabien zu spielen, auch nicht für 200 Millionen im Jahr."

Der 30-Jährige ist froh, bei einem Verein wie Mainz 05 zu sein, der einen Wertekompass besitzt, auch wenn beim FSV nicht immer alles rund läuft. So spielte der Klub in der Sommervorbereitung 2022 gegen das aus Saudi-Arabien alimentierte Newcastle United, was Fan-Proteste hervorrief. Vor einem Jahr bestimmte auch Trainer Bo Svensson Widmer, der 2021 nach Mainz kam, zum neuen Kapitän. Vor wenigen Wochen ist die vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2026 vor dem Spiel gegen Schalke bekannt gegeben worden, woraufhin im Stadion Silvan-Widmer-Rufe aufbrandeten. "Das war für mich ein absoluter Gänsehautmoment", erinnert sich der Spieler.

Widmer über Rassismus und Spielabbrüche

In Mainz wie in der Schweizer Nationalmannschaft hat er zahlreiche Teamgefährten, die ebenfalls ausländische Wurzeln besitzen. Sie werden häufig mit Rassismus konfrontiert. "Ich kann ihren Frust verstehen", sagt Widmer. Was den Fußball generell betrifft, hat er "das Gefühl, dass es schlimmer wird". Gegenzusteuern falle schwer, Spielabbrüche als letzte Möglichkeit empfindet er als problematisch: "Die Verursacher werden damit nicht unbedingt bestraft."

Mentale Gesundheit - "immer noch ein Stück weit ein Tabuthema"

Auch das Thema mentale Gesundheit beschäftigt Widmer, der mit 20 Jahren in die Serie A wechselte. Bei Udinese Calcio erlebte er einen Präsidenten, der in der Kabine Brandreden hielt und extrem fanatische Fans, die sich vor dem Stadion prügelten. "Ich habe mich gar nicht mehr rausgetraut, das hat mir ein Stück weit die Freude geraubt und es kann einen auch mal aus der Bahn werfen", blickt er zurück. "Mentale Gesundheit ist immer noch ein Stück weit ein Tabuthema", sagt Widmer, der das Gefühl hat, "dass viele meiner Kollegen nichts sagen, wenn es ihnen schlecht geht". Seine persönliche Strategie, um dem Problem entgegenzuwirken, sieht so aus: "Ich gehe offen damit um, wenn es bei mir so ist und hoffe, dass ich damit auch dem ein oder anderen helfe."

Coming-out von Jankto: Widmer hofft auf Nachahmer

Bei Udinese Calcio spielte er mit Jakub Jankto zusammen. Der 27 Jahre alte tschechische Nationalspieler outete sich im vergangenen Februar als homosexuell. "Ich hoffe, dass er der Erste ist von einer Reihe, die sich das trauen", so Widmer, der in Mainz mit einer Regenbogenbinde am Arm aufläuft. "Es braucht viel, dass es aufgebrochen wird, die Binde ist ein Puzzleteil. Sie steht nicht nur für meine Werte, sondern für die Werte der gesamten Mannschaft und des gesamten Vereins."

Michael Ebert

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