Bundesliga

Rummenigge und der Fußball: "Ich glaube nicht, dass wir Sonderwürste in Anspruch nehmen"

Personal, Trainer, Zukunft: Vorstandsboss des FC Bayern äußert sich

Rummenigge und der Fußball: "Ich glaube nicht, dass wir Sonderwürste in Anspruch nehmen"

Bayern-Vorstandsboss: Karl-Heinz Rummenigge.

Bayern-Vorstandsboss: Karl-Heinz Rummenigge. imago images

ZDF-Moderator Jochen Breyer servierte Karl-Heinz Rummenigge am späten Samstagabend einige Fragen, darunter auch mit kritischen Inhalten. Und der 65-jährige Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, der in einem Jahr kürzertreten wird, lieferte etliche Antworten - er sprach über ...

... die aktuell schwache Woche mit dem Remis gegen Bielefeld (3:3) und dem gestrigen 1:2 in Frankfurt: "Die ganze Saison ist anstrengend. Wir spielen jeden dritten Tag - und die Spieler sind natürlich beansprucht. Auf der anderen Seite fällt immer wieder und vor allem 2021 auf, dass wir oft zurückliegen. So das 0:2 gegen Bielefeld oder eben auch heute. Dann wird es natürlich anspruchsvoll. Nach der Pause wird die Mannschaft zwar oft besser, nur hat es heute eben nicht mehr für Punkte gereicht."

... die wieder mögliche Spannung im Meisterschaftsrennen nach der Niederlage bei der Eintracht: "Wir wollen deutscher Meister werden. Wir haben jetzt in dieser Woche fünf Punkte abgegeben. Das ist nicht unbedingt das, was wir uns vorgestellt haben. Aber ich denke mal, es gibt viele Fans in Deutschland, die das gut finden, weil die Spitze wieder enger zusammengerückt ist."

... die derzeitigen sportlichen Probleme beim FC Bayern: "Heute in Frankfurt müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, dass wir die ersten 30 Minuten zu viel zugelassen haben. Das sind Fehler, die uns am Ende des Tages Punkte gekostet haben. Offensichtlich stimmt auch etwas in der Abstimmung nicht, wenn wir so viele Gegentore kassieren (bereits 31; Anm.d.Red.). Wir sind manchmal zu inkonsequent und sparen uns den letzten Meter."

Corona hat auch beim FC Bayern finanzielle Schäden herbeigeführt.

Karl-Heinz Rummenigge

... Niklas Süle, dessen Vertrag 2022 ausläuft: "Grundsätzlich ist er deutscher Nationalspieler - und die Philosphie unseres Klubs ist es auch, dass wir immer die guten deutschen Nationalspieler beim FC Bayern haben wollen. Er hat jetzt noch ein Jahr Vertrag und es werden jetzt Gespräche geführt. Und dann wird man sehen, zu welchem Ergebnis diese führen. Jetzt muss man abwarten. Wir werden uns das Ganze bis zum Sommer sicherlich seriös und in Ruhe anschauen und dann werden wir Entscheidungen fällen müssen. Wenn wir eine Lösung finden, sind wir grundsätzlich gerne bereit, den Vertrag zu verlängern. Aber das wird nur zu gewissen Konditionen möglich sein."

... die Folgen der Pandemie: "Wir haben jetzt auch - und das sage ich auch klipp und klar - nicht mehr die finanzielle Masse zur Verfügung, die wir vor Corona auch mal hatten. Corona hat auch beim FC Bayern finanzielle Schäden herbeigeführt."

Bayern-Vorstandsboss: Karl-Heinz Rummenigge.

Stellte sich öffentlicher Kritik: Karl-Heinz Rummenigge. imago images

... die Erwartungen ans letzte Jahr als Vorstandsboss: "Ich bin daran interessiert - nicht wegen mir - dass wir deutscher Meister werden und auch in der Champions League idealerweise wieder in diesem Jahr um den Titel mitspielen. Aber nochmal: Das ist nicht wegen mir. Ich brauche keinen guten Abgang, ich habe wahnsinnig viele Titel gewinnen dürfen als Spieler und in meiner jetzigen Funktion. Wir haben jetzt zum Beispiel in Katar den sechsten Titel innerhalb einer Saison gewinnen dürfen, das ist Einstellung eines Weltrekords. Das hat sich vor uns nur Barcelona ans Trikot heften dürfen. Wir haben auf jeden Fall eine gute Mannschaft, müssen nur ein Stück weit engagierter spielen als diese Woche."

... die Kritik der Öffentlichkeit, der Fußball habe den Bezug zur Realität verloren: "Ich glaube, dass der Fußball nach wie vor die Demut hat. Wir sind glücklich, dass wir spielen dürfen. Ich glaube nicht, dass wir irgendwie arrogant sind oder Sonderwürste in Anspruch nehmen. Wir sind auch nervös, wir sind auch irgendwie auch wie alle in unserem Land angespannt. Wir haben jetzt ein Jahr Spiele ohne Zuschauer erlebt, das ist alles nicht so einfach - auch nicht für den Fußball. Doch wir sind überhaupt nicht arrogant. Wir verlangen auch überhaupt keine Sonderbehandlung."

... das Thema Impfungen nach seiner Aussage, der Fußball könne in diesem Bereich als eine Art Vorreiter für mehr Impfzuspruch werden: "Das ist offensichtlich von einigen missverstanden worden, vielleicht habe ich mich auch falsch ausgedrückt. Ich habe gesagt: Was auffällt bei den Impfungen derzeit in diesem Land, ist, erstens haben wir offensichtlich nicht ausreichend Impfstoff - und zweitens wird das Impfen bei einigen Bürgern hinterfragt. Ich habe nur angeregt, dass, wenn es genügend Impfstoff gibt, den es aktuell eben gar nicht gibt - und wir wollen uns in keinster Weise vordrängen -, dann wäre es vielleicht am Fußball, ein Vorbild zu sein. Ich habe immer gesagt, dass wir uns genauso in die Reihe stellen wollen, wie es von uns verlangt wird. Eigene Probleme wollen wir nicht lösen. Wir sind wie alle von Corona auch beeinflusst. Und ich habe totales Verständnis, wenn die Leute nervös sind und durch Corona ein Stück weit die Nase voll haben. Das haben wir alle. Corona begleitet uns Tag und Nacht. Das zehrt an den Nerven, natürlich auch im Fußball - auch wenn wir spielen dürfen."

... den Vorwurf, dass der FC Bayern oder der Fußball im Allgemeinen zu viel für sich beansprucht: "Wir sind alle kaputt, wir sind alle angespannt. Und ich glaube, man darf nicht den Fehler machen, alles auch auf die Goldwaage zu legen oder alles zu interpretieren. Es gibt dann schnell Shitstorms, die dann auch möglicherweise falsch interpretiert werden."

... die vielen Flugreisen sowie (Heim-)Spiele, die trotz steigender Infektionszahlen oder Virusmutationen nach wie vor - zum Beispiel in der Champions League auch andernorts wie in Budapest - durchgeführt wurden: "Sie dürfen dabei nicht vergessen - es gibt ein Hygienekonzept der UEFA. Und alle deutschen Klubs, die sich jetzt glücklicherweise fürs Achtelfinale qualifiziert haben - es sind vier -, müssen sich diesem Hygienekonzept unterwerfen. Und wenn die UEFA ganz einfach entscheidet, wenn man in Deutschland aus bekannten Gründen wie dieser Mutante keine Spiele durchführen darf, dann muss man zum Beispiel nach Budapest. Wissen Sie, was die Alternative wäre? Nicht mehr an der Champions League teilzunehmen. Es gibt außerdem viele Hygienekonzepte, von der DFL, von der UEFA, von der FIFA - und diese sind alle ein Stück ähnlich. Und ich muss klar und deutlich sagen: Erstens funktionieren diese - und zweitens müssen wir teilnehmen. Wir können nicht bei der UEFA sagen, wir spielen nicht."

... die vielen Corona-Fälle, die sich nach Länderspielen oder internationalen Reisen in vielen Klubs gehäuft haben - und möglicherweise damit zusammenhängen: "Das ganz entscheidende Kriterium ist, dass man dem deutschen Fußball keinen Vorwurf machen darf, dass Leipzig jetzt nach Budapest reisen musste oder Gladbach jetzt nach Budapest reisen muss. Das ist keine Entscheidung der deutschen Klubs, das ist eine Entscheidung der UEFA. Die UEFA hat entschieden, dass diese Spiele stattfinden müssen. Sicherlich ist sie diskussionswürdig, ich verstehe alle, die darüber diskutieren. Weil man natürlich dadurch den Eindruck gewinnt, der Fußball hat eine Sonderrolle. Wir wollen keine Sonderrolle. Wir spielen, üben unseren Beruf aus und wollen den Spielbetrieb aufrechterhalten. Das hat bisher ganz gut funktioniert."

Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir aktuell aus der Fußballdebatte keine Neiddebatte machen.

Karl-Heinz Rummenigge

... die hohen Gehälter im Fußball: "Die Transfersummen sind schon gesunken, das hat man auch bei Leroy Sané gesehen. Und das war auch nötig. Das Gehaltsniveau ist noch nicht angepasst auf Corona. Das hat sich noch nicht bemerkbar gemacht. Aber vielleicht im Sommer. Alles, was ich aus dem Süden Europas, aber auch aus England und Deutschland höre, ist, dass die Liquidität nicht mehr so da ist wie früher. Und dann werden auch die Gehälter angepasst werden müssen."

... die Zukunft des Fußballs: "Ich glaube, dass es nicht schädlich ist, dass der Fußball weiterspielen darf. Das ist gut. Viele Millionen Menschen haben sich heute über den Fußball befasst. Ich glaube, wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir aktuell aus der Fußballdebatte keine Neiddebatte machen. Der deutsche Fußball ist ein wohlgeschätzter Fußball."

... die Beziehungen des Klubs zum Handelspartner Katar, dem immer wieder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden: "Wir beim FC Bayern sind der Meinung, dass man in einem Dialog viel mehr erreicht als in einer permanenten kritischen Haltung. Ich muss offen und ehrlich sagen, dass, wenn man sich die Entwicklung in Katar anschaut, seitdem sie mit dem Fußball zu tun haben (Zuschlag zur Austragung der WM 2022 erfolgte im Dezember 2010; Anm.d.Red.), dann entwickelt sich dieses Land. Alle, die mit dem arabischen Golfstaat zu tun haben, werden bestätigen, dass die Entwicklung, was die Menschen- und Arbeitsrechte betrifft, in Katar schon ein Stück nach vorn gekommen ist. Natürlich muss man das weiter verbessern. Man wird dafür aber auch Zeit benötigen. Mir wird der Fußball im Moment ein bisschen zu sehr auch in eine Situation gedrängt, wo wir die Welt verbessern sollen. Der Fußball kann die Welt ein Stück verbessern, aber wir können trotzdem nicht die ganze Welt verbessern."

mag

Bilder zur Partie Eintracht Frankfurt - Bayern München