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Robin Balters: Mangel an Gepäck, Überfluss an Softdrinks

Über den Teich: Abenteuer College-Soccer

Robin Balters: Vom Mangel an Gepäck und Überfluss an Softdrinks

Robin Balters steht im Tor der Grand View Vikings.

Robin Balters steht im Tor der Grand View Vikings. privat

"Die Vorbereitung hat lange gedauert, circa vier bis fünf Monate hatte ich damit zu tun. Das Organisatorische nimmt viel Zeit in Anspruch: Die Spielberechtigung beim Verband, etliche Unterlagen für die Uni - z.B. eine Beglaubigung der Bank, dass man sich das Ganze auch leisten kann -, parallel dazu das Visum, was aber erst dann geht, wenn man auch offiziell von der Uni angenommen ist. Dafür musste ich nach Frankfurt ans Konsulat. Erst einen Tag vor meinem Abflug habe ich das Visum dann bekommen.

Eine Woche vorher habe ich eine große Abschiedsfeier geschmissen, dann bin ich morgens losgeflogen: Von Frankfurt nach Paris. Von Paris nach Chicago. Von Chicago nach Des Moines. Die Reise war ganz entspannt, mit der Ausnahme, dass ich auf dem Weg nach Paris Verspätung hatte. Ich habe den Anschlussflug zwar geschafft, meine Koffer aber nicht, das heißt, ich war die ersten fünf, sechs Tage ohne Gepäck. Das war eine Herausforderung, denn ich bin am 5. August angekommen, und am nächsten Tag ging dann schon die Vorbereitung los. Fitness-Tests, schön amerikanisch: Um 5 Uhr 30 morgens durften wir antreten.

Der erste Monat galt nur der Vorbereitung, nur dem Fußball, da fand noch kein Unterricht statt. In der Vorbereitungszeit hatten wir zweimal am Tag Training, hatten Freundschaftsspiele, die ich zu Beginn leider nicht bestreiten konnte wegen Problemen mit meiner Spielberechtigung. Aber es war eine coole Zeit, in der man sich kennen lernt. Ich hatte in dieser Zeit auch Geburtstag, meinen 21., das ist ja hier auch ein größeres Ding. 

Im ersten Monat waren auch generell nur die Athleten am Campus. Das heißt: Alle Athletic-Teams, die ihre Vorbereitung hatten. Da war der Campus noch recht leer, aber man hat sich untereinander ein wenig kennengelernt, hat die Umgebung erkundet, wenn man mal einen Tag frei hatte. Gab es selten, aber kam vor. Auch ans amerikanische Leben hat man sich gewöhnt, an viele neue Bezeichnungen, viele Namen.

Zweimal-Zwei-Bettzimmer

Ich wohne auf dem Campus, in den sogenannten "Hull Suites", in einem Zweimal-Zwei-Bettzimmer. Es gibt ein gemeinsames Wohnzimmer, ein gemeinsames Bad für vier Personen. Das ist recht komfortabel, mein Zimmernachbar ist auch eine relativ ruhige Person. Die sogenannten "Freshman-Dorms", günstigere und 'rustikaler' eingerichtete Zimmer, haben für jedes Stockwerk Gemeinschaftsräume und -bäder.

Ich studiere Business Administration, sitze in Klassen zwischen 15 und 30 Personen, habe aktuell, im ersten Semester, fünf Kurse, etwa Einführung in Makroökonomie oder Einführung ins Sportmanagement. Es ist noch ein Orientierungssemester, setzt aber schon Schwerpunkte in Richtung Business. Die Unis hier sind, auch durch Corona, sehr Technik-affin geworden. Es ist alles online verfügbar, es wird viel über Zoom gearbeitet, jeder Raum hat ein White-Board mit Touch-Display. Die ganze Kommunikation findet online statt, über eine eigene Website gibt man seine Hausaufgaben und Essays ab, da finden sich auch alle Informationen. Der Campus selbst ist recht klein, der längste Fußweg ist für mich etwa sieben, acht Minuten lang.

In der Startelf

Der Ligabetrieb, die "Conference", ist bereits gestartet. Nach ein paar Anpassungsschwierigkeiten gelte sich inzwischen in der Schule als "Starter", also Stammspieler. Aber das kann sich immer wieder ändern, wir haben zwei weitere gute Keeper dabei. Aktuell haben wir jeden Tag Training, meistens nach der Uni gegen 3 Uhr. Normalerweise spielen wir zweimal die Woche: Samstags und Dienstags/Mittwochs.

Die Art des Fußballs ist anders, er ist athletischer, das hängt aber auch damit zusammen, dass man beinahe unendlich auswechseln kann. Es wirkt aber nicht ganz so professionell und diszipliniert wie in Deutschland, aber das liegt vielleicht auch daran, dass wir in einem Übergangsjahr sind mit neuem Coach, neuen Spielern. Das Niveau hier ist nicht High-End, aber möglicherweise bin ich durch Hoffenheim (Balters letzter Verein war die TSG, Anm. d. Red.) auch einfach etwas anderes gewohnt. Wiederum viel krasser sind die Statistiken, die wir bekommen. GPS-Westen gab es bei uns schon in Hoffenheim, aber man bekommt so viele Daten mehr.

Die extremen Entfernungen hier sind ebenfalls krass. Wir sind gerade auf dem Weg zu einem Spiel nach Columbia, da fahren wir mit dem Bus wieder knappe fünf Stunden einfach. Für die Amerikaner ein normaler Trip. In anderen Fällen verbringt schon auch mal eine Nacht im Hotel, aber das ist schon eine Geldfrage für die Unis: Wie geben wir das Budget aus, für "Internationals", die viel Geld kosten, oder etwa für Hotels, Flüge usw.?

Hohe Preise

Es gab schon ein paar Dinge, die etwas ungewöhnlich für und Deutsche wirken. Die Amis sind nicht die Zuverlässigsten, nicht die Pünktlichsten. Die hohen Preise sind auch krass. Für das Essen zahlt man echt viel. Aber das Klischee stimmt: Es ist einfach viel billiger, sich etwas von McDonalds zu holen, als sich selbst Pasta mit Hühnchen zu machen. Auch in der Cafeteria: Es gibt jeden Tag die Möglichkeit, Burger und Pommes zu essen. Eine riesige Getränkebar mit allen Softdrinks. An gesunden Sachen schaut es dürftiger aus. Da merkt man schon den Unterschied - und an den Körperfiguren sieht man es auch. 

Was ich schnell gemerkt habe: Der Kontakt nach Deutschland, zur Familie und Freunden ist echt wichtig. Das ist durch die Zeitverschiebung zwar nicht einfach - nach 17 Uhr erreiche ich keinen mehr in Deutschland, dann ist es dort Mitternacht -, aber damit arrangiert man sich auch."

Protokoll: Jan Mauer

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