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Fußball in den USA: So funktioniert das College-System

Über den Teich: Abenteuer College-Soccer

Fußball in den USA: So funktioniert das College-System

Fans der Georgetown Hoyas: College-Sport zieht in den USA viele Zuschauer an.

Fans der Georgetown Hoyas: College-Sport zieht in den USA viele Zuschauer an. imago images/Icon SMI

Wie ist der Amateursport in den USA strukturiert?

Eine Vereins- oder Verbandsstruktur, wie etwa in Deutschland, kennt man in den USA nicht. Der Sport ist hier in das Bildungssystem integriert. Universitäten und Colleges bieten in der Regel mehrere Sportarten an, für die sie hauptamtliche - und teils sehr gut bezahlte - Trainer und meist hervorragende Trainingsbedingungen haben. Der College-Sport hat eine entsprechend starke identitätsstiftende Wirkung für die Studierenden. Auch der Zuspruch der Zuschauer ist teilweise sehr hoch (5000 Fans sind bei Soccer-Ligaspielen keine Seltenheit), entsprechend kann der Uni-Sport in den USA auch vermarktet werden.

Welche Verbände gibt es?

Sowohl die National Collegiate Athletic Association (NCAA) als auch die National Association of Intercollegiate Athletics (NAIA) sind gemeinnützige Organisationen, die den College-Sport landesweit organisieren. Während die größere NCAA auch die größten Universitäten im Land als Mitglieder hat, haben sich in der NAIA vor allem kleine und mittlere Colleges zusammengefunden. Zudem gibt es mit der NJCAA (National Junior College Association) einen weiteren Verband, in der sich Hochschulen zusammengeschlossen haben, die ein kürzeres (vier Semester) und deutlich günstigeres Studium ermöglichen. 

Wie viele Colleges bzw. Universitäten gibt es?

Es werden in den USA offiziell mehr als 4000 private und staatliche Universitäten gelistet - aber natürlich bieten nicht alle von ihnen Sportprogramme an. In der NCAA sind derzeit rund 1100 Hochschulen organisiert. Die NAIA zählt um die 250 Mitglieder und die NJCAA rund 520 Junior-Colleges.

Wie sieht das Soccer-Ligensystem aus?

Während die NAIA nur eine "Stufe" kennt, gibt es in der NCAA drei Divisionen. Im Allgemeinen treten größere Universitäten/Colleges in der prestigeträchtigsten Division I und kleinere in II und III an. Sport-Stipendien dürfen nur Hochschulen der Division I und der Division II vergeben. Ein Auf- und Abstieg findet zwischen den Divisionen nicht statt. Aufgeteilt sind die Divisionen geographisch in mehr als 20 Ligen ('Conferences'). Dennoch: Aufgrund weiter Strecken kann es durchaus sein, dass Teams zu ihren Auswärtsspielen fliegen müssen. Auch in der NJCAA gibt es drei Divisionen.

Wie viele Soccer-Teams spielen in den Divisionen?

Beispiel NCAA, Division I: Rund 200 Herren-Teams und über 300 Damen-Teams sind hier aktuell in den mehr als 20 Ligen gelistet. In der Division III sind es dann schon jeweils weit über 400 Teams - sowohl bei Herren als auch Damen. In den ebenfalls rund 20 Ligen der NAIA spielen etwa 220 Teams, die NJCAA hat rund 240 Teams in ihrem Soccer-Programm (jeweils m/w).

Wie ist das Niveau der Division I im deutschen Vergleich?

Das ist sehr schwierig zu beurteilen, denn das Leistungsgefälle in den Ligen kann recht groß sein. Zudem gibt es sehr unterschiedliche Fußball-Philosophien: An der Westküste ist das Spiel (meistens) technisch besser als an der Ostküste, wo es athletischer zugeht. Spielt man in Deutschland Regionalliga bis Landesliga (bei den Männern) bzw. 1. Bundesliga bis Verbandsliga (bei den Frauen), hat man Chancen auf ein Stipendium. An den unteren Rändern dieser Pole kann man das Niveau also ansiedeln.

Wie läuft eine Saison ab?

Fußball ist in den USA ein sogenannter "Fall Sport". Die intensive Vorbereitung auf die Saison ("Pre-Season") startet in der Regel bereits Ende Juli. In dieser Zeit stehen Vorbereitungsspiele gegen andere Colleges sowie täglich mehrere Trainingseinheiten auf dem Plan. 

Die Ligaspiele der Hauptsaison ("Season") werden im Wintersemester ausgetragen und finden lediglich von August bis Anfang Dezember statt. Während der Saison wird das Training meist auf eine Trainingseinheit pro Tag reduziert. Zunächst spielen die Universitäten innerhalb ihrer regionalen "Conference" jeweils einmal gegeneinander - meist finden mehrere Spiele pro Woche statt. Die Sieger der jeweiligen Staffeln qualifizieren sich für die "National Play-offs", bei denen die Teams im K.o.-System gegen die Gewinner der anderen Conferences antreten. Der Gewinner dieser National Play-offs erhält den begehrten Titel des "National Champion".

Im Frühjahr (Sommersemester) steigt die sogenannte "Off-Season" (Mitte/Ende Januar bis Anfang Mai). Hier liegt der Fokus auf der athletischen Weiterentwicklung. In dieser Zeit finden "inoffizielle" Spiele statt. Danach gibt es in der Uni eine längere Pause bis Ende Juli.

Gibt es Chancengleichheit unter den Unis?

Eine Hochschule darf nicht unbegrenzt Sportler mit Stipendien locken. So gilt in der NCAA bei den Herren im Soccer das Prinzip, dass ein Team-Coach circa neun Vollstipendien für seinen Kader (25-35 Spieler) zur Verfügung hat. Heißt: Verteilt er ein Vollstipendium an einen Akteur, hat er nur mehr acht weitere übrig, mit denen er seine restlichen Kaderplätze füllen müsste. Es gibt auch Stipendien, die einen Teil der Kosten übernehmen, diese werden entsprechend anteilig verrechnet. Die Stipendien sind also mit Budgets zu vergleichen, die ein Coach - im College-Sport gleichzeitig auch der Kaderplaner - zur Verfügung hat. 

Bei den Damen ist das Budget der NCAA-Teams höher: Weil der Frauen-Soccer an den Unis mit weniger Sportarten konkurriert, hat der Coach hier ca. 14 Vollstipendien für seinen Kader zur Verfügung.

Bekommen manche Spieler auch Gehalt?

Eine Bezahlung der Spieler für die Ausübung ihres Sports ist verboten - sie würden dadurch ihren Amateurstatus verlieren und dürften nicht mehr an den College-Wettbewerben teilnehmen. Finanzielle Unterstützung kann es nur in Form von Sachleistungen - also Stipendien, die Studiengebühren, Verpflegung und Unterbringung regeln - geben.

In welchem Alter sind die Spieler?

Meist sind die Spieler in College-Teams zwischen 18 und 25 Jahre alt.

Wie viele Deutsche spielen derzeit an US-Colleges?

Zahlen dazu haben wir von der NCAA bekommen: 367 Männer und 126 Frauen aus Deutschland waren nach einer offiziellen NCAA-Erhebung aus dem Jahr 2020 im Soccer-Programm der Verbands unterwegs. Nach Kanada und Großbritannien stellt Deutschland damit die drittgrößte Gruppe ausländischer Studenten.

Wie geht es nach dem College sportlich weiter?

Die größten Talente eines Jahrgangs bekommen die Chance, über den Draft einen Profivertrag in der MLS (Major League Soccer) oder der NWSL (National Women's Soccer League) zu ergattern. Zudem gibt es bei den Herren die USL Championship, die als zweite Liga im US-amerikanischen Fußballligensystem anzusehen ist. Seit 2022 gibt es für eine weitere Möglichkeit für talentierte Männer: Die neugegründete "MLS NEXT PRO" für die Perspektivteams der MLS-Klubs - vergleichbar mit U-21- bzw. U-23-Bundesliga-Nachwuchsmannschaften.

jam

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