Bundesliga

"Risikoscheu oder wilde Sau" - Frankfurts Glasner tüftelt

Eintracht-Coach sieht trotz vieler Gegentore kein Defensivproblem

"Risikoscheu oder wilde Sau" - Glasner tüftelt an der Ausrichtung

Frankfurts Coach Oliver Glasner wird heute Abend anstoßen.

Frankfurts Coach Oliver Glasner wird heute Abend anstoßen. IMAGO/Jan Huebner

Um 18 Uhr heute Abend wird im Hause Glasner angestoßen. Der Bembel, das klassische Gefäß für den hessischen Apfelwein, stehe schon bereit, erzählte der Trainer am Mittwoch. Die Anspannung wird in diesem Moment von ihm Abfallen, wenn das Transferfenster geschlossen ist. Immer wieder hat der Österreicher in den vergangenen Wochen und Monaten um den Verbleib seiner Leistungsträger zittern müssen.

Krösche schiebt einen Riegel vor

Unlängst stand Daichi Kamada vor dem Sprung zu Benfica Lissabon - Glasner stimmte ihn um. Trotz im kommenden Sommer auslaufender Verträge schob Sportvorstand Markus Krösche einem Verkauf von Kamada und Evan Ndicka am Deadline-Day einen Riegel vor. So ganz traut Glasner der Sache wohl erst heute Abend. "Ich hoffe zumindest, dass sich auf der Abgabenseite nichts mehr ändert", sagte er um 14 Uhr.

Glasner fürchtet Leipzigs Offensivpower nicht

Wenn dann heute Abend Gewissheit herrscht, kann der volle Fokus auf die Leipziger und das Duell am Samstag (15.30 Uhr) gerichtet werden. Die geballte Offensivpower der Sachsen um Rückkehrer Timo Werner, Christopher Nkunku und Ex-Adler André Silva - zwei der drei erwartet Glasner in der Startelf - bereitet ihm "keine schlaflosen Nächte". Die elf Gegentore in den ersten vier Spielen würden nicht die Leistung widerspiegeln. "Wir haben in Bremen in der ersten Halbzeit aus dem Spiel heraus nur zwei Schüsse zugelassen. Alle drei Gegentore fielen nach Standardsituationen, genau wie die ersten beiden Tore gegen Bayern und das erste gegen Real Madrid."

Wer glaubt, dass seitdem jede Trainingseinheit an der Verbesserung bei Defensivstandards ausgerichtet ist, liegt falsch. "Ich hatte als Spieler einen tollen Trainer, der hat gesagt: Wenn du immer den Fokus auf das Problem legst, dann wird es noch größer. Deswegen haben wir es in Ruhe gelassen", sagte Glasner. Ob die Methode Erfolg hat, wird sich zeigen.

Wir müssen etwas schneller verschieben, früher antizipieren und automatisieren.

Oliver Glasner

Die Stabilisierung der Defensive ist für den 48-Jährigen ein Prozess. Schließlich habe er erst vor wenigen Wochen nach dem Wechsel von Filip Kostic zu Juventus Turin die gewohnte Dreierkette durch eine Viererkette ersetzt: "Wir müssen etwas schneller verschieben, früher antizipieren und automatisieren. Das haben wir vor zwei Wochen begonnen und stecken mittendrin in diesem Prozess."

In Stein gemeißelt sei die neue Formation aber nicht. Gerade in der Champions League sei auch eine Rückkehr zur alten Formation denkbar. Die drei Gruppengegner Tottenham Hotspur, Sporting Lissabon und Olympique Marseille erwartet Glasner jeweils in einer 3-4-3-Grundformation. Da hätte die Vierkette gute und schlechte Seiten.

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Die eigenen Vor- und Nachteile der praktizierten Systeme führte er daraufhin auch aus: "Plakativ gesagt haben wir jetzt den Zentralen der Dreierkette genommen und ihn auf die Zehn gestellt. Das ist der einzige Unterschied zwischen 3-4-3 und 4-2-3-1. Das gibt den Vorteil, dass du im eigenen Ballbesitz in der Offensive einen Spieler mehr hast und Gegner vorne besser unter Druck setzen kannst. Es hat den Nachteil, dass du hinten einen Spieler weniger hast, der verteidigt, und ein bisschen größere Zwischenräume hast. Dann gilt es abzuwägen: Agieren wir eher risikoscheu und machen den Laden dicht oder spielen wir wilde Sau wie in Bremen?"

Moritz Kreilinger