Bundesliga

Reis und die Versöhnung mit der Geschichte

Vor einem Jahr stieg der Niederländer in der Relegation ab - geht es jetzt mit dem HSV rauf?

Reis und die Versöhnung mit der Geschichte

Plöztlich obenauf: Hamburgs Ludovit Reis (ob.) jubelt nach seinem Siegtor bei Hertha.

Plöztlich obenauf: Hamburgs Ludovit Reis (ob.) jubelt nach seinem Siegtor bei Hertha. IMAGO/Matthias Koch

Die Frage ob sein Schuss mit links von der linken Seite, der länger und länger wurde und sich schließlich hinter Oliver Christensen ins Tor senkte, gewollt war, musste der Mittelfeldmann am späten Donnerstagabend wieder und wieder beantworten und bekannte ehrlich: "Meine erste Idee war eigentlich, den Ball auf den zweiten Pfosten zu flanken." Dort landete das Spielgerät auch, ziemlich exakt sogar, und tropfte ins Hertha-Gehäuse. "Es ist egal", erklärte der Niederländer, "Tor ist Tor. Und es ist auch egal, wer die Tore bei uns erzielt."

Für Reis war der Abend in Berlin der bisherige Höhepunkt einer Entwicklung hin zum Schlüsselspieler im Hamburger Mittelfeld. Seit Wochen wird er zunehmend dominanter, verkörpert absolute Entschlossenheit, am kommenden Montag soll im Volkspark die Krönung in Form des Aufstiegs folgen. Es wäre für ihn auch eine persönliche Genugtuung. Als Leihgabe des FC Barcelona, wo er zur zweiten Mannschaft gehört hat, hatte Reis im Vorjahr für die Relegationsspiele mit Osnabrück auf die Teilnahme an der U 21-EM mit den Niederlanden verzichtet, nach einem 0:3 in Ingolstadt aber war bereits nach dem Hinspiel fast alles vorbei. Ein 3:1 daheim konnte den VfL-Abstieg nicht mehr abwenden. Nun sind die Aussichten nach dem ersten Duell ganz und gar andere. Reis aber verdeutlicht, dass er das Motto von Tim Walter voll und ganz verinnerlicht hat: "Wir bleiben bei uns, der Fokus liegt auf dem Montag."

Walter erwartet erneut mutigen Auftritt und keinen Verwaltungsmodus

Was einsilbig klingt, hat durchaus Tiefe. Hamburgs Protagonisten betreiben mit dieser Aussage keineswegs Understatement, der Trainer unterstreicht stattdessen, was er erwartet: Einen mindestens genauso mutigen Auftritt wie in der Hauptstadt anstelle eines Verwaltungsmodus' mit dem Vorsprung im Rücken: "Wir haben Respekt vor Hertha, aber wir schauen auf uns. Es geht darum, was wir tun und nicht darum, wie der Gegner spielt. Wir freuen uns auf dieses Spiel und wollen es gewinnen." Spätestens dann würden auch Reis' bisherige Erinnerungen an die Relegation verblassen.

Sebastian Wolff