Bundesliga

Probleme und Lösungen: Viel Zeit bleibt Nagelsmann nicht

Bayern plant keine Last-Minute-Transfers mehr - Parallelen zum September

Probleme und Lösungen: Viel Zeit bleibt Nagelsmann nicht

Unter Druck: Trainer Julian Nagelsmann.

Unter Druck: Trainer Julian Nagelsmann. picture alliance/dpa

Unmittelbar nach dem 1:1 gegen Eintracht Frankfurt, dem dritten Remis in Folge in diesem Jahr 2023, sagte Trainer Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz, dass die Spieler "eine knallharte Analyse wollen". Und das ist nicht nur so dahergeredet. Schließlich hat der Chefcoach schon eine ähnliche Phase erlebt in dieser Saison. Im September, nach dem 0:1 in Augsburg. Die Niederlage bei den Fuggerstädtern war das vierte sieglose Ligaspiel am Stück. Daraufhin musste Trainer Nagelsmann zum Gespräch mit den Bossen. Nach einem intensiven Austausch mit der Führungsetage erarbeitete der 35-Jährige eine Detailanalyse für die gesamte Mannschaft. Wie der kicker erfuhr, sollen die Spieler sehr gestaunt haben über den Vortrag des Cheftrainers, der jedem einzelnen Profi in einer ausführlichen Individualbotschaft seine Fehler aufzeigte. Seither weiß der Coach, ja, die Spieler wollen solche Analysen.

Das Gute damals war: Nach der Niederlage folgte eine Länderspielpause. Es blieben zwei Wochen zum Nachdenken und Reden. Diesmal ist das anders. Diesmal, in der Mitte von zwei englischen Wochen, drängt die Zeit. Und mit dem Auswärtsspiel beim 1. FSV Mainz 05 wartet bereits am Mittwoch im DFB-Pokal eine unangenehme Aufgabe. Der Druck auf Nagelsmann wächst vor dieser K.-o.-Partie, die für Vorstandsboss Oliver Kahn aber genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. "Gott sei Dank", sagt der Titan: "Das ist das, was die Mannschaft jetzt braucht, Wettkampf und Spiele." Nur: Ist der FCB in seinem derzeitigen Zustand bereit für diese Aufgaben?

Es war kein Ausrutscher - es sind grundlegende Probleme

Denn klar ist auch: Es handelt sich inzwischen nicht mehr um einzelne Ausrutscher, sondern um grundlegende Probleme in dieser Bayern-Mannschaft. Defensiv reicht dem Gegner - wie schon so oft - ein einziger Angriff oder Torschuss, um zum Erfolgserlebnis zu kommen. Offensiv mangelt es an Kreativität, Einfallsreichtum im letzten Drittel, auch an der Abstimmung untereinander. Zudem stellt sich die Frage nach den Führungsspielern. Kapitän Manuel Neuer ist verletzt, Stellvertreter Thomas Müller dirigiert viel, Vize-Stellvertreter Joshua Kimmich (Fehler zum Ausgleich in Leipzig, gravierender Fehlpass gegen die Eintracht) hatte immerhin noch gegen Köln einen Sonntagsschuss zum 1:1 im Fuß. Aber wo sind die Profis, die das Team nochmal wachrütteln, wenn es nicht läuft? Wo ist der zentrale Mann, der Verantwortung übernimmt. Und wo ist das Gerüst?

So hat sich das Gefühl beim FC Bayern verändert: Völlige Verunsicherung statt Souveränität

Der FC Bayern ist anfällig geworden. Von der einstigen Dominanz, trotz Ballbesitz, ist wenig übrig. Hatte man vor zwei Jahren selbst in der 87. Minute beim Stande von 0:0 noch das Gefühl, dass Robert Lewandowski noch einen Ball über die Linie drücken wird, lässt einen heute das Gefühl nicht los, dass die Bayern auch in der 87. Minute noch eine Führung verspielen können. Völlige Verunsicherung statt Souveränität.

Last-Minute-Transfers sind keine mehr geplant

Um diese Probleme zu beheben, wird es sehr ausführliche Analysen von Trainer Nagelsmann brauchen. Hatte er im September eine Systemkorrektur als grundlegende Konsequenz vorgenommen (seither spielt Bayern vorzugsweise im 4-2-3-1) und sich per Zufall Eric Maxim Choupo-Moting als Stürmer Nummer 1 entpuppt (eigentlich war Müller, der sich dann verletzte, für diesen Posten angedacht), muss der Chefcoach nun andere Lösungen finden. Mit dem Spielmaterial, das ihm zur Verfügung steht. Denn nach kicker-Informationen ist bei den Bayern bis zum Dienstag, wenn das Transferfenster schließt, trotz der jüngsten Negativserie kein Last-Minute-Aktionismus geplant. Wohl wissend, dass diese Bayern-Mannschaft jederzeit in der Lage sein sollte, ein anderes Gesicht zu zeigen. Das Hochglanzgesicht, das jeden Gegner schlagen kann. Egal ob Mainz am Mittwoch oder in zwei Wochen Paris.

Georg Holzner