Bundesliga

Posse um Mediendirektor Esser: Vorstand des 1. FC Köln blamiert sich

Kölner machen offiziell: Esser-Abschied noch vor Dienstantritt

Posse um Mediendirektor: FC-Vorstand blamiert sich auf ganzer Linie

Die Verpflichtung eines Mediendirektors ist beim 1. FC Köln zum Politikum geworden.

Die Verpflichtung eines Mediendirektors ist beim 1. FC Köln zum Politikum geworden. imago images

Vakant war die Position nach der Trennung vom langjährigen Kommunikationschef Tobias Kaufmann im Herbst vergangenen Jahres. Nach monatelanger Suche wurde nun der Kölner Journalist Fritz Esser (39) gefunden, der ab dem 1. Mai seine Tätigkeit aufnehmen sollte. Dies wird er nicht tun. Der 1. FC Köln hat, wie vom kicker angekündigt, am frühen Mittwochabend bekanntgegeben, dass es nicht zu einer Zusammenarbeit kommen wird.

Esser arbeitete zuletzt für ein Logistik-Unternehmen, vorher neun Jahre für das Boulevardblatt "Bild". Aus dieser Zeit stammten Posts auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, die einen Teil der FC-Anhängerschaft regelrecht schockierte. Beiträge, in denen FC-Fans von Esser als "Schwachmaten" bezeichnet wurden, in denen einem geschichtsverfälschenden Beitrag eines AfD-MdB Beifall gezollt und die Flüchtlingspolitik der Regierung mit harschen Worten kritisiert wurde. Die Mitglieder und Fans sahen - und dies ist komplett nachvollziehbar - die Werte in Gefahr, die sich der FC in seiner Charta einst selbst auf die Fahnen geschrieben hat.

Tausende FC-Fans unterschrieben eine Petition gegen Esser

Tausende FC-Fans - darunter Promis wie die Kabarettisten Fabian Köster ("heute-show"), Carolin Kebekus oder SPD-Chef Norbert-Walter Borjans - unterschrieben eine Online-Petition, in der gefordert wurde, die Verpflichtung nicht zu realisieren. Der Druck der Anhänger führte schließlich dazu, von einer Zusammenarbeit abzusehen, wenngleich es auch mahnende Stimmen gab. FC-Fan Alexander Graf Lambsdorff (FDP) kündigte auf Twitter an, sich Essers "vergangenes Wirken" anschauen zu wollen und es dann zu bewerten: "Wegen eines Kommentars und eines isolierten Tweets aber eine öffentliche Twitter-Hetzjagd auf ihn zu starten? Da bin ich ganz sicher nicht dabei."

Wir bitten alle Mitglieder und Fans um Entschuldigung.

FC-Präsident Werner Wolf und Geschäftsführer Alexander Wehrle

FC-Präsident Werner Wolf und Geschäftsführer Alexander Wehrle lassen sich in der Klubmitteilung gemeinsam mit den Worten zitieren: "Beim Auswahlprozess sind Fehler gemacht worden. Seit der Veröffentlichung haben uns Vorwürfe erreicht, die wir vorher hätten prüfen müssen. Daraus werden wir Konsequenzen ziehen. Wir bitten alle Mitglieder und Fans um Entschuldigung. Wir haben Herrn Esser als integren Menschen mit demokratischem Wertegerüst kennengelernt. Dennoch haben wir uns nach intensivem Austausch entschieden, auf die Zusammenarbeit zu verzichten."

Die Personalie belegt auch das dramatisch amateurhafte Verhalten des FC-Vorstands. Ohne ersichtlichen Grund hatte man sich im vergangenen Jahr von Mediendirektor Tobias Kaufmann getrennt, dessen Qualifikation völlig außer Frage steht, den man aber partout als Altlast des vorherigen Vorstands sah. Als Interimslösung holte man den Düsseldorfer Jürgen Homeyer, der nun - laut Kölner "Express" - gemeinsam mit einem Headhunter die Kandidaten für die offene Stelle auswählte, von denen am Ende Esser übrigblieb, der auch bei den Interviewrunden mit der Geschäftsführung einen guten Eindruck hinterließ. Der Mitgliederrat wurde nicht in die Suche eingebunden, dem Wunsch der Geschäftsführung (die sich übrigens von Anfang an gegen die Entlassung Kaufmanns ausgesprochen hatte) nach einem Neuzugang aus der Szene kam man nicht nach.

Präsident Wolf auch an anderer Stelle schlecht beraten

Unklar bleibt, wieso Homeyer - den die Affäre wohl auch die Zusammenarbeit mit dem FC kosten dürfte - und sein Partner es unterließen, die Aktivitäten des Kandidaten in den sozialen Medien zu überprüfen. Als auch der Vorstand nicht nachfragte, lag das Kind endgültig im Brunnen.

Schlecht beraten von Homeyer war FC-Präsident Wolf auch mit der frühen Bekanntgabe der Entscheidung, die wohl darauf basierte, dass Wolf einem Interview-Partner gegenüber das Wasser nicht halten konnte und schließlich drei Monate vor Dienstbeginn die Verpflichtung bekannt geben musste, weil der Name veröffentlicht war. Drei Monate, in denen man viele Posts hätte löschen können. In diesem Falle am besten sogar den gesamten Twitter-Account.

Esser: "Ein guter Kommunikator sollte nie selbst im Mittelpunkt stehen"

Esser selbst sagte am Mittwochabend via FC-Mitteilung: "In den vergangenen Tagen wurde ich in sozialen Netzwerken fälschlich als Nazi und AfD-Sympathisant beschimpft und in einigen Foren aufs Übelste beleidigt. Hieraus leitete sich eine Debatte um meine Person ab. Ein guter Kommunikator sollte aber nie selbst im Mittelpunkt stehen. Die Diskussionen um meine Einstellung lenkt davon ab, worum es gehen sollte: den 1. FC Köln nach vorne zu bringen. Deshalb halte ich es für richtig, die Position als Leiter Medien & Kommunikation nicht anzutreten. Eines möchte ich allerdings klarstellen: Ich stehe hinter jedem Buchstaben der FC-Charta wie auch hinter der liberalen Grundordnung unserer Demokratie und lehne extreme und extremistische Parteien jeder Art ab. Wer mich kennt, kann daran keinen Zweifel haben."

Wann die Position neu besetzt wird, ist nun unklarer denn je. Zunächst einmal müssen in vielen Gesprächen die Risse zwischen Mitgliedern und Vorstand geprüft und nach Möglichkeit gekittet werden. Sollte der Mitgliederrat (er besitzt das Vorschlagsrecht für die Vorstandsteams) zum Schluss kommen, dass die Vertrauensbasis nachhaltig gestört ist, könnte die erste Amtszeit für das Trio tatsächlich auch die letzte gewesen sein.

Frank Lußem

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