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Der Zorro-Effekt dank des neuen Trainers Paulo Alexandre Rodrigues Fonseca: Erstrahlen die Giallorossi in neuem Glanz? - Roma im Check: Erneuter Umbau in der "Ewigen Stadt"

Roma im Check: Abermaliger Umbau ohne Ur-Römer in der "Ewigen Stadt"

Neue Giallorossi zwischen Pallotta-Kritik und Zorro-Effekt

Ein stolzer Verein - inklusive reichlich Konfliktpotenzial: Die AS Roma aus der italienischen Hauptstadt.

Ein stolzer Verein - inklusive reichlich Konfliktpotenzial: Die AS Roma aus der italienischen Hauptstadt. imago images

Wie oft hat bei der AS Roma in den jüngsten Jahren eigentlich ein Umbau stattgefunden? Oft! Einmal waren Topstars wie Angreifer Mohamed Salah oder Torwart Alisson Becker (jeweils Liverpool) nicht mehr zu halten, ehe ein Mittelfeld-Ninja namens Radja Nainggolan trotz sportlicher Top-Leistungen aufgrund von privaten Verfehlungen nicht mehr zu halten war und es dann mit den Trainern (Luciano Spalletti, Eusebio di Francesco) nicht mehr stimmte. Und dann wurde plötzlich noch in den Führungsebenen gewütet, allen voran bei Präsident James Pallotta, dem ordentlicher Gegenwind von Fanseite entgegenweht.

Ach so: Gefeierte Legenden und Ur-Römer wie Daniele de Rossi (Vertrag nicht mehr verlängert) sowie Francesco Totti (aus dem Management ausgetreten, hat seinen Herzensklub vorläufig verlassen) sind auch nicht mehr in der "Ewigen Stadt" zu finden.

Präsident Pallotta im Zentrum der Kritik

James Pallotta

Präsident der Roma - und häufig in den USA wie hier im New Yorker MetLife Stadium unterwegs: James Pallotta. imago images

Dass es bei all den stets auftauchenden, großen Steinen im Weg dennoch in den vergangenen Jahren zu Rang 2 (2014), Rang 2 (2015), Rang 3 (2016), Rang 2 (2017), Rang 3 (2018) und zuletzt gerade noch zu Platz 6 und der Qualifikation für die Europa League gereicht hat, mag manch einen sicherlich verwundern. Für andere, speziell für die nach Erfolg lechzenden Romanisti, ist das alles aber zu wenig - und das bekommt Präsident Pallotta häufig in Form von Protesten zu spüren. Hintergrund ist dabei folgender: Pallotta, US-amerikanischer Milliardär und Unternehmer, sendet seine Bitten und Vorstellungen häufig aus dem entlegenen Boston. Genau das wird dem 61-Jährigen vorgeworfen, sich eben näher bei den Boston Celtics aus der NBA (wo er Co-Besitzer ist) aufzuhalten als bei den Giallorossi.

Gerade im Sommer traten unter der US-Führung Sportchef Nummer vier (Gianluca Petrachi, kam von Torino) und Paulo Fonseca (dreimal in Folge Double-Sieger mit Schachtar Donezk) als achter Trainer in neun Jahren ihre Ämter an. Es ist außerdem kein Geheimnis, dass Pallotta allen voran Franco Baldinis Flüstern vertraut. Baldini war einst Transferberater der Roma, arbeitete dann bei Real Madrid und für die englische Nationalmannschaft, um 2011 zur Roma zurückzukehren. Er besitzt inzwischen seit 2013 kein offizielles Amt mehr, gilt aber als Strippenzieher im Pallotta-Kabinett - und als Mann, der die Roma von den Ur-Römern wie zum Beispiel Ikone Totti befreien will. Auftrag ausgeführt, wenn man so will.

Umsatz verdoppelt, Geld vorhanden - und falsche Spieler geholt?

Daniele de Rossi (links) und Francesco Totti

Nicht mehr Teil der AS Roma - und das nach vielen Jahren: Daniele de Rossi (links) und Francesco Totti. imago images

Groß angekündigte Pallotta-Projekte wie ein neues Stadion oder die Wunschvorstellung, die Roma zu einem der größten internationalen Klubs zu formen, hat der 2011 eingestiegene Eigner nur zum Teil erfüllen können. Witzig ist der Twitter-Kanal, klar. Schön weiterhin die Trikots, klar. Und auch die Bilanzen stimmen, mit Geld kennt sich Pallotta ja auch aus: Die jüngste Saisonbilanz brachte einen Transferüberschuss von 127 Millionen Euro, junge, günstige Profis wurden immer lukrativ weitergegeben. So erlöste die Roma seit 2011 insgesamt 420 Millionen Euro mit Spielern (Salah, Alisson, Rüdiger, Nainggolan). Der Umsatz verdoppelte sich während der US-Führung auf 330 Millionen Euro.

Die Anhängerschaft will allerdings am allermeisten nach den drei Meisterschaften (1941/42, 1982/83, 2000/01) und dem letzten von neun Pokalsiegen (2007/08) endlich wieder einen Titel feiern. Und sie ist außerdem nicht erfreut, sich nach tollen Spielzeiten in der Champions League (Halbfinale 2018) wieder mit der Europa League begnügen zu müssen. Genauso wenig damit, dass vermeintlich potenzielle Top-Einkäufe wie Weltmeister Steven N'Zonzi (aktuell ausgeliehen an Galatasaray Istanbul), Javier Pastore (von PSG gekommen) oder Justin Kluivert (ehemals Ajax) bislang noch floppen - und Vereine wie Napoli sowie Atalanta Bergamo trotz geringerer Budgets an den Römern vorbeigezogen sind.

Völler: "Es ist halt trotzdem Rom, die schönste Stadt der Welt"

Rudi Völler (59), früherer Star-Stürmer bei den Giallorossi (1987-1992) und sogar einmal kurz Trainer (2004), beobachtet das alles von Leverkusen aus - und fühlt sich nicht nur aufgrund seiner Frau, einer Römerin, mit dieser besonderen Stadt weiter eng verbunden. Im Interview mit dem kicker Ende Juli sagte Völler zu den Geschehnissen in der "Ewigen Stadt": "AS Rom könnte zum Beispiel mit einem neuen Stadion auch in Europa eine ganz andere Rolle spielen. Aber dafür muss der Klub erst mal ein bisschen zur Ruhe kommen. Wenn du einen solch extremen Umbruch hast, erst mit Totti und jetzt mit Daniele de Rossi, das tut erst mal weh. Die Ikonen sind nicht mehr da. Trotzdem muss und wird es weitergehen - es ist halt trotzdem Rom, die schönste Stadt der Welt. Und ich weiß auch, wie die Tifosi sind. Im Grunde ist es ihnen egal, wer der Eigner ist. Sie wollen gute Spiele sehen und Titel gewinnen."

"Zorro" und reichlich Spieler im AS-Gewand

Mit einem Titel wird es sicherlich auch 2019/20 schwierig: An Serienmeister Juventus um Cristiano Ronaldo wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder keinen Weg vorbeiführen, wahrscheinlicher könnte da schon eher ein Angriff auf die Coppa Italia oder die Europa League (Gruppenphase dank Milan-Ausschluss schon sicher) sein.

Paulo Fonseca

Augen auf bei der Berufswahl: Paulo Fonseca kann als neuer Roma-Coach mit einem guten Start viel gewinnen - dem unruhigen Umfeld allerdings auch schnell zum Opfer fallen. imago images

Das Spielermaterial gibt sicherlich einiges her - auch wenn zum Beispiel Abwehrchef Kostas Manolas an Napoli verloren gegangen oder auch der zuletzt beste Offensivmann Stephan El Shaarawy (28 Spiele, elf Tore, fünf Vorlagen) nicht mehr zugegen ist. Andererseits haben die Giallorossi um den in Rom geborenen Alessandro Florenzi trotz Inter-Angeboten Edin Dzeko gehalten und mit dem Bosnier (62 Tore in 137 Serie-A-Spielen) sogar bis 30. Juni 2021 verlängert. Genauso wie mit den beiden Top-Talenten Cengiz Ünder (22) und Nicolo Zaniolo (20). Auch Transfers wie Davide Zappacosta (Chelsea), Mert Cetin (Genclerbirligi), Jordan Veretout (Florenz), Gianluca Mancini (Atalanta Bergamo), Amadou Diawara (Napoli), Leonardo Spinazzola (Juve) sowie Torwart Pau Lopez (Betis Sevilla) verleihen dem Kader um Neu-Coach Fonseca, der für einen zur Roma passenden offensiven Spielstil steht und einmal in der Königsklase mit einem Zorro-Kostüm erschienen ist, neuen Charakter.

Klar ist aber auch: Anders als 2018/19 (nur ein Sieg aus fünf Ligaspielen) darf sich die Roma keinen Fehlstart erlauben, sollte das Heimspiel am kommenden Sonntag (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker.de und live wie auf Abruf bei DAZN - hier geht's zum Gratismonat!) in jedem Fall gewinnen. Denn: Schon am 2. Spieltag (Sonntag, 1. September, 18 Uhr) steht im Stadio Olimpico das Derby della Capitale bei Erzrivale Lazio auf der Agenda. Sollten aber zum Beispiel zwei Siege gelingen, könnte der Klub zusammen mit den dann sicherlich frenetischen Fans auf der Erfolgswelle schwimmen. Ob diese dann allerdings bis über den Atlantik nach Bosten schwappt, sei einmal dahingestellt.

mag

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