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Ein Juwel, ein Dreigestirn und ein Carlo Ancelotti: Neapolitanische Leidenschaft - Napoli im Check: Süditaliener spucken abermals große Töne

Napoli im Check: Süditaliener spucken abermals große Töne

Ein Juwel, ein Dreigestirn und ein Ancelotti: Neapolitanische Leidenschaft

Wieder mal nur Vize-Meister geworden - auch 2020? Die Societa Sportiva Calcio Napoli will in jedem Fall angreifen.

Wieder mal nur Vize-Meister geworden - auch 2020? Die Societa Sportiva Calcio Napoli will in jedem Fall angreifen. imago images

Platz 8, Platz 12, Platz 6, Platz 3, Platz 5, Platz 2, Platz 3, Platz 5, Platz 2, Platz 3, Platz 2, Platz 2: Das alles sind die Abschlussresultate der SSC Neapel seit dem Wiederaufstieg und der Serie-A-Rückkehr 2007. Für viele Klubs wäre das ein unfassbarer Erfolg, eine tolle Geschichte.

Für Napoli selbst und speziell für Filmproduzent und Besitzer Aurelio de Laurentiis, der den Klub mit seinem Geld wieder aufbaute und sogar von Napoli Soccer wieder zur altbekannten Societa Sportiva Calcio Napoli umbenannte, ist es nur ein guter Erfolg - und in jedem Fall ein nicht ausreichender. Der 70-Jährige will mehr, das hat er immer wieder lautstark unterstrichen. Von den Scudetto-Dauerbrennern aus Turin hat de Laurentiis seit vielen Jahren genug. Er will die Partenopei (in Anlehnung an die gleichnamige antike Stadt in der Magna Graecia, die als die Keimzelle der späteren Neapolis und des heutigen Neapels gilt) zurück auf Italiens Thron und zur insgesamt dritten Meisterschaft nach den glorreichen Diego-Maradona-Spielzeiten 1986/87 und 1989/90 führen. Die jüngeren zwei von insgesamt fünf Triumphen in der Coppa Italia (nach 1961/62, 1975/76, 1986/87 in 2011/12 und 2013/14) spenden ihm nur bedingt Trost.

"Die Turiner sind die Herrscher von Italien"

De Laurentiis hat es satt, immer wieder von Rekordmeister Juve (35 Titel), das zuletzt achtmal in Serie den Scudetto gewonnen hat - abgehängt zu werden und spricht das auch an wie im Mai 2019: "Die Turiner sind die Herrscher von Italien. Und ich verstehe unsere Fans bestens, die verlangen, dass das endet." Und seit der Verpflichtung von Cristiano Ronaldo, der laut eigener Aussage auch Napoli angeboten worden war ("Ich konnte ihn mir nicht leisten"), gebe es keinen Trainer mehr bei der Alten Dame: "Der wahre Motivator ist Ronaldo, er gibt in der Kabine den Ton an."

Aurelio de Laurentiis

Boss bei Napoli: Aurelio de Laurentiis. imago images

Ancelotti unter Druck?

Sein eigener Trainer steht derweil unter etwas Zugzwang: Napoli-Coach Carlo Ancelotti, der mit den Süditalienern ins zweite Jahr geht, soll Erfolge einkehren lassen. War die Vize-Meisterschaft zwar erreicht, stolperte das Team zwischenzeitlich doch beträchtlich, leistete sich Schwächephasen und schied sowohl aus Champions League (Gruppenphase), Europa League (Viertelfinal-Aus gegen Arsenal) und Coppa Italia (Viertelfinal-Aus gegen Milan) aus. Das soll und muss sich ab sofort unter "Carletto" ändern, schließlich steht in Ancelottis Vita auch schon anderes (zweimaliger CL-Sieger mit Milan, CL-Sieger mit Real Madrid, Meisterschaft in Deutschland mit Bayern, in England mit Chelsea, in Frankreich mit Paris, in Italien mit Milan).

Was zusätzlich Brisanz birgt: Direkt zum Start stehen immens schwere Aufgaben an. Zum Auftakt geht es zur AC Florenz in die Toskana (Samstag, 20.45 Uhr, LIVE! bei kicker.de und live wie auf Abruf bei DAZN - hier geht's zur Anmeldung inklusive Gratismonat!), ehe direkt der Kracher bei Juventus ins Haus steht (31. August, 20.45 Uhr).

Carlo Ancelotti

Trainer der Neapolitaner: Carlo "Carletto" Ancelotti. imago images

Weiterhin fehlt es an der Breite

Am Kader hat sich indes ein wenig verändert - man hat allen voran Abwehrchef Kalidou Koulibaly gehalten und sich nach dem Abgang von Raul Albiol (2013-2019, nun beim FC Villarreal) mit Roma-Innenverteidiger Kostas Manolas verstärkt. Ansonsten sieht vieles aus wie sonst: Im Mittelfeld sind Allan, Piotr Zielinski und sicherlich auch Spaniens U-21-Europameister Fabian (starke Technik, präzise Schüsse) gesetzt - genauso wie vorn im Angriff das altbekannte Dreigestirn bestehend aus Dries Mertens (16 Tore in 2017/18), José Callejon (drei) und Kapitän Lorenzo Insigne (zehn). Eventuell kommt noch der frühere Inter-Kapitän Mauro Icardi (in Mailand in Ungnade gefallen) dazu, was es für Edel-Joker und Immer-mal-wieder-Stammspieler Arkadiusz Milik schwer machen würde.

Doch ob mit oder ohne Icardi, ob mit oder ohne den ebenfalls gehandelten James von Real Madrid (früherer Schützling von Ancelotti) und mit dem jüngst von der PSV Eindhoven verpflichteten Mexikaner Hirving Lozano (24, offensives Mittelfeld), schwer werden es die Neapolitaner mit einem Angriff auf den Scudetto allemal haben. Der Kader ist in der Breite wohl doch etwas zu dünn, um auf drei Hochzeiten erfolgreich tanzen zu können. Außerdem gibt es Gefahr aus dem Hinterhalt, Klubs wie Inter Mailand um Neu-Coach Antonio Conte, Milan, die Roma, Pokalsieger Lazio, das aufstrebende Florenz (neuer Investor, Transfers von Kevin-Prince Boateng sowie Franck Ribery) oder Überraschungshit Atalanta Bergamo (erste CL-Teilnahme) haben ähnliche Ziele im Blick wie Napoli.

"Viele Teams verstärken sich in der Serie A - und auch nicht nur die großen Klubs, sondern auch kleinere Vereine wie Cagliari oder CFC Genua", weiß auch Verteidiger Manolas, der gegenüber "Sky Sport Italia" ergänzt: "Es wird eine schwere Saison, das steht außer Frage. Und in meinen Augen wird der Scudetto erst am letzten Tag entschieden. Juventus bleibt dabei natürlich der Favorit, darüber hinaus muss man auf Inter aufpassen - und auch auf die Roma sowie Milan, die allerdings womöglich einen Schritt zurück sind."

Kostas Manolas

Neuer Nebenmann von Kalidou Koulibaly: Kostas Manolas. imago images

Am Ende gilt es für Napoli wohl eher, die Konkurrenz in Schach zu halten, sich wieder für die Königsklasse zu qualifizieren - und weiter zu warten, bis das Scudetto-Zeitalter von Juventus doch vielleicht mal enden mag.

Napoli, Cagliari und Lecce

Kuriose und zugleich logische Randnotiz, die der Wirtschaft Italiens entspringt: Die 118. Meisterschaft überhaupt und die 88. eingleisige Serie A verfügt mit Aufsteiger Lecce über einen weiteren Teilnehmer aus dem Süden Italiens. Lecce stieg nach sieben Jahren Abstinenz wieder auf - und trotzdem hat sich die Landkarte nicht großartig verändert. Denn südlich von Rom kicken nur Cagliari, Napoli und eben die Apulier. Auch ein Fingerzeig an die ökonomische Tristesse des Landes. Die Lombardei, Piemont, Ligurien und Emilia-Romagna allein stellen zwölf der 20 Vereine in der Serie A. Hier steppt der Bär - allen voran bei Juve, dem großen Napoli-Konkurrenten.

mag

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