Bundesliga

Mit Islacker und Cerci: Wie der 1. FC Köln die Torkrise überwand

Erste Treffer nach über 900 Minuten

Mit Tiefe, Islacker und Cerci: Wie der 1. FC Köln die Torkrise überwand

Der Jubel war groß bei Dreifach-Torschützin Mandy Islacker und dem 1. FC Köln.

Der Jubel war groß bei Dreifach-Torschützin Mandy Islacker und dem 1. FC Köln. IMAGO/Jürgen Schwarz

Hohl, zahnlos, stumpf. Es gibt zig Vokabeln, die das Angriffsspiel der FC-Frauen in den vergangenen Wochen allzu treffend beschreiben. Mal waren sie schlicht ineffektiv, mal kamen sie nicht mal gefährlich nach vorne. Gegen Werder Bremen zum Beispiel, beim 0:1 vor anderthalb Wochen, entsendeten die Kölnerinnen fünf Schüsse - keiner flog aufs Tor. Und gegen Schlusslicht Potsdam wenige Tage zuvor waren es zwar immerhin 16 Versuche, nur zwei davon segelten indes wirklich zielgerichtet in Richtung Kasten (0:0). Bedenkliche Quoten, die gut illustrieren, warum der FC zehn Liga-Partien (!) auf einen eigenen Treffer warten musste. Es fehlte beileibe nicht nur das Quäntchen Glück, sondern ebenso Zielstrebigkeit, Genauigkeit und Kreativität - Zutaten also, die für die Trefferproduktion unabdingbar sind.

Dass der Bann mit dem 4:0 gegen den MSV Duisburg am vergangenen Freitag brach und Köln nach elf sieglosen Erstliga-Duellen in Serie wieder ein Erfolg gelang, sorgte dementsprechend für große Erleichterung. "Das war ein Befreiungsschlag", jubilierte Dreifach-Torschützin Mandy Islacker, die erstmals seit Ende Oktober wieder getroffen hatte. Und Sturmkollegin Selina Cerci, zum fünften Mal nach ihrem Kreuzbandriss für den FC auf dem Feld und diesmal deutlich besser eingebunden, atmete auf: "Endlich haben wir die Tore gemacht. Das muss uns Mut machen für die kommenden Wochen."

Fussball, FLYERALARM Frauen Bundesliga Saison 2022 2023 17.Spieltag 1.FC Köln - MSV Duisburg 31.03.2

Nach über 900 Minuten: Köln schießt wieder Tore!

alle Videos in der Übersicht

Und das kann es auch - zumindest in gewisser Weise. Endlich war der FC effektiv, brauchte nur sechs Schüsse aufs Tor für vier Treffer. Wobei die Qualität der Chancen deutlich höher war als zuletzt. Das wiederum lag am diesmal sauberen Umschalten und dem guten Spiel in die Tiefe - bestens zu sehen bei Weronika Zawistowskas 1:0, dem eine Balleroberung von Genessee Puntigam sowie ein wunderbarer Steckpass von der im Sommer zum SC Freiburg wechselnden Ally Gudorf vorangingen. So formvollendet geriet das 2:0 nicht, zeigte allerdings ebenfalls die potenzielle Wucht: Cerci setzte sich beherzt durch und assistierte Kapitänin Islacker.

"Es war mehr Bewegung drin"

"Das Spiel im letzten Drittel war unser großes Defizit", erklärte Interimstrainerin Nicole Bender-Rummler. "Wie kommen wir gut ins letzte Drittel? Wenn wir schnell spielen, mutig sind, aber auch mal den Ball sichern. In den vergangenen Wochen haben wir zu häufig Fehler eingestreut, das war diesmal besser." Keine Widerrede. Zur ganzen Wahrheit gehört indes, und nun folgt das Aber: Der MSV Duisburg taugte an diesem Tag nicht als ebenbürtiger Gegner, erwischte einen schlechten Tag und kam dem FC auf zweierlei Art und Weise entgegen: erstens durch individuelle Patzer, zweitens durch die hohe Positionierung auf dem Feld. Cerci bestätigte: "Bremen stand in der Vorwoche tief und kompakt, gegen Duisburg gab es nun mehr Räume, die wir nutzen konnten. Es war mehr Bewegung drin."

"Neue Spielidee und Spielphilosophie" für die Kölnerinnen

Bleibt die Frage, wie sich der nach wie vor abstiegsgefährdete 1. FC Köln künftig schlägt, wenn es erneut gegen tieferstehende, defensiv stabilere Teams geht. FC-Geschäftsführer Christian Keller bemängelte unlängst im Gespräch mit der Kölnischen Rundschau, dass zu wenige Tempo- und Eins-gegen-Eins-Spielerinnen mit Tiefgang im Kader stünden und in den vergangenen Wochen zudem "eine klare Spielidee" gefehlt habe. Worte, die durchaus den Kern treffen. Und so kündigte Bender-Rummler, im Hauptjob Sportliche Leiterin der FC-Frauen, an, dass derzeit "eine neue Spielidee und Spielphilosophie" für die Kölnerinnen erarbeitet werde.

Doch damit nicht genug: Diese neue Konzeption soll dann von der ebenfalls neuen Fachkraft an der Seitenlinie ausgeführt werden. Nach der Entlassung von Trainer Sascha Glass ist der Posten noch vakant und soll zeitnah besetzt werden. Klar ist: Islacker und Cerci bleiben das Herzstück der Kölner Offensive. "Wir ergänzen uns super. Selina geht mal tief, mal macht sie die Bälle gut fest", sagt Islacker. Und Cerci gibt an, "flexibel" sein zu wollen. Man könnte auch sagen: unberechenbar. Dass sie dazu in der Lage ist, zeigte die 22-Jährige in der vergangenen Saison, als sie sich mit 13 Liga-Treffern in den Fokus des Nationalteams schoss.

Cerci: "Jedes Spiel bis zum Ende schaffe ich noch nicht"

Wegen ihrer Knieverletzung war Cerci monatelang draußen, macht nun Fortschritte. "Wir müssen meine Belastung natürlich steuern", sagte sie dem kicker. "Jedes Spiel bis zum Ende schaffe ich noch nicht, bin mit dem FC aber im engen Austausch." Allmählich will sich die zweimalige Nationalspielerin in Richtung Topform arbeiten, um wieder infrage zu kommen für höhere Aufgaben. Abseits des Pokalspiels gegen den VfL Wolfsburg (0:4) unterhielt sie sich Ende Februar länger mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und strebt zurück ins deutsche A-Team. Davon ist Cerci, die auf Saisontreffer Nummer eins wartet, aktuell ein gutes Stück entfernt. Doch die Chancen, um sich zu zeigen, sie kommen. Am 23. April etwa, wenn Eintracht Frankfurt in Köln zu Gast ist und der Bundesliga-Zuschauerrekord (23.200) geknackt werden soll. "Ein Kracher", so Cerci. Und gewiss gäbe es dafür noch zig andere Vokabeln.

Leon Elspaß