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Mit diesem Kniff will der HSV Kühne-Millionen zu Eigenkapital machen

Neue Rechtsform soll Fans Kapitalbeteiligung am Klub ermöglichen

Mit diesem Kniff will der HSV Kühne-Millionen zu Eigenkapital machen

Das Verhältnis von Unternehmer Klaus-Michael Kühne und dem HSV ist und bleibt eine Hassliebe.

Das Verhältnis von Unternehmer Klaus-Michael Kühne und dem HSV ist und bleibt eine Hassliebe. IMAGO/Oliver Ruhnke

In den vergangenen zwei Jahren hat eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretenden des HSV-Präsidiums, der e.V.-Geschäftsführung, des Beirats, des Ehrenrats und des Supporters Club Rechtsformen im deutschen Profifußball geprüft. Das Resultat: die sogenannte HSV Fußball AG & Co. KGaA. Mit dieser Gesellschaftsform will der Klub eine klare Trennung zwischen einerseits der operativen Führung und Lenkung des Profifußballbereichs - verantwortlich hierfür wäre dann die noch zu gründende HSV Fußball Management AG als Komplementärin - und anderseits dessen Vermögen in der KGaA gewährleisten.

Die HSV Fußball Management AG wiederum soll als hundertprozentige Tochter des Hamburger Sport-Verein e.V. (HSV e.V.) fungieren und nach Klub-Angaben "zwingend auch zukünftig vollständig nur von diesem gehalten werden" - Stichwort: 50+1-Regel. Die Mitgliederrechte würden demzufolge durch die Umstrukturierung nicht nur dauerhaft gesichert, sondern auch gestärkt. Denn: Der HSV e.V. hält derzeit nur 75,1 Prozent an der HSV Fußball AG, also der Gesellschaft, die aktuell in Person der Vorstände Jonas Boldt (Sport und Kommunikation) und Eric Huwer (Finanzen und Organisation) für den Geschäftsbetrieb im Profifußball verantwortlich ist.

Für den Rechtsformwechsel braucht der Klub eine Dreiviertelmehrheit seiner Mitglieder, die darüber an diesem Samstag auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abstimmen können.

DORTMUND, GERMANY - SEPTEMBER 25: Head coach Huub Stevens of Hamburg applauds his team during the Bundesliga match between Borussia Dortmund and Hamburger SV at the Signal Iduna Park on September 25, 2007 in Dortmund, Germany. (Photo by Thomas Starke/Bongarts/Getty Images)

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30 Millionen Euro Eigenkapital durch Kühne

So weit, so gut. Doch aus finanzieller Sicht noch viel wichtiger: Im Zuge der Ablösung der bisherigen Rechtsform HSV Fußball AG würden 30 Millionen Euro, die der Unternehmer Klaus-Michael Kühne über seine Kühne Holding AG im Juni 2023 in Form eines Wandel-Darlehens zur Verfügung gestellt hatte, zu Eigenkapital der HSV Fußball AG & Co. KGaA werden.

Die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital hätte für den HSV den Vorteil, dass Rückzahlungen und weitere Zinszahlungen entfallen. Nach der Umwandlung des Darlehens wird der Anteil der Kühne Holding AG an der KGaA dem Vernehmen nach nur knapp über den 20,6 Prozent liegen, die sie bereits einmal gehalten hatte. Aktuell hält die Kühne Holding AG 13,53 Prozent an der HSV Fußball AG, gefolgt von der HanseMerkur Holding AG als zweitgrößtem Anteilseigner (6,76 Prozent).

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Weder Multi-Club-Ownership noch reine Finanzinvestoren

Die neue Struktur einer HSV Fußball AG & Co. KGaA würde dem Zweitligisten zudem die Möglichkeit geben, weiteres Eigenkapital einzuwerben, ohne dadurch die Mitbestimmung des Vereins und damit seiner Mitglieder einzuschränken. Anders ausgedrückt: Mit dem Rechtsformwechsel öffnet sich der HSV für potenzielle neue Gesellschafter.

Ein wichtiges Detail dabei: Gesellschafter oder strategische Partner, die mehr als 7,5 Prozent der Anteile erwerben, erhalten ein Vorschlagsrecht für einen Sitz im KGaA-Aufsichtsrat. Dieser kann zwar nicht in das operative Geschäft eingreifen, aber das Gremium soll nach Klub-Angaben genutzt werden, "um alle wesentlichen Stakeholder regelmäßig zusammenzubringen, damit diese ihr Know-how im besten Sinne für den HSV einbringen können".

Wie zuletzt auf großer Ebene in der Bundesliga eindrücklich zu sehen war, schrillen in Teilen der Fanszenen beim Thema Investoren, vor allem aus dem Private-Equity-Bereich, die Alarmglocken. "Reine Finanzinvestoren oder gar Multi-Club-Investoren, die den HSV lediglich als Anlageobjekt betrachten, kommen als Gesellschafter nicht in Frage", versichert der Klub jedoch. Wer Gesellschafter des HSV werden wolle, "soll eine hohe Identifikation mit der Stadt, den hanseatischen Werten und vor allem mit dem HSV mitbringen". Besonderes Augenmerk liege dabei "auf Partnern, die den HSV nicht nur finanziell unterstützen, sondern auch inhaltlich und konzeptionell einen Mehrwert bieten".

Mindestens 50 Prozent sollen beim HSV e.V. bleiben

Während der HSV in seiner bisherigen Struktur ohne Satzungsänderung nicht mehr als 24,9 Prozent der Anteile verkaufen kann, sähe es nach dem Rechtsformwechsel anders aus: Rein theoretisch könnten alle Anteile der HSV Fußball AG & Co. KGaA veräußert werden. Ein solches Szenario hat der Klub jedoch nicht im Sinn, dem Vernehmen nach soll der e.V. auch per Satzung mindestens 50 Prozent der Aktien behalten. Darüber hinaus liegt bei einem Anteilserwerb die Höchstgrenze pro Gesellschafter bei 25 Prozent.

Vonseiten der DFL sind derartige Begrenzungen übrigens nicht erforderlich, gemäß der Regularien des Ligaverbands muss der Stammverein gar keine Anteile an der KGaA halten. Prominentestes Beispiel dafür ist die Struktur der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA: Nur 4,61 Prozent der KGaA-Anteile hält der Ballspielverein Borussia 09 e.V. Dortmund. Der Rest liegt unter anderem bei strategischen BVB-Partnern wie Evonik Industries (8,19 Prozent), Signal Iduna (5,98 Prozent), Puma (5,32 Prozent) und Ralph Dommermuth Beteiligungen (5,03 Prozent) sowie überwiegend im Streubesitz (67,24 Prozent).

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"Supporters Trust" soll Fans Kapitalbeteiligung ermöglichen

Für Mitglieder und Fans hat sich der HSV zudem eine besondere Form der Partizipation einfallen lassen, die über die Fixierung von mindestens 50 Prozent e.V.-Anteile innerhalb der KGaA hinausgeht. Mit der Gründung eines sogenannten "Supporters Trust" sollen sie die Möglichkeit der direkten Kapitalbeteiligung bekommen. Alle Gesellschafter des Trusts sollen gleichberechtigt über Vertretung und Interessenausrichtung entscheiden. Bei Erwerb von Anteilen wird dem Trust ein Vorschlagsrecht für einen Sitz im Aufsichtsrat der KGaA zugesichert.

Diese Art der Fan-Beteiligung sei eine "zentrale Komponente" in der neuen HSV-Struktur "mit dem Ziel einer engen Einbindung von Mitgliedern und Fans", heißt es vonseiten des Zweitligisten. Der Klub hat sich dabei am sogenannten "Club1872" des schottischen Vereins Glasgow Rangers orientiert.

Henning Eberhardt