Bundesliga

Leidenschaftlich, beharrlich, meisterlich gegen ängstlich, zögerlich, jämmerlich

Als der BVB 2019 in München als Tabellenführer unterging

Leidenschaftlich, beharrlich, meisterlich gegen ängstlich, zögerlich, jämmerlich

Als gar nichts ging: Der BVB ist bedient, die Bayern jubeln über eines ihrer fünf Tore.

Als gar nichts ging: Der BVB ist bedient, die Bayern jubeln über eines ihrer fünf Tore. imago images / Michael Weber

Die Ausgangslage war ähnlich an diesem 6. April 2019. Dortmund, das Team von Lucien Favre, lag zwei Punkte vor den Bayern. Mit einem Sieg in München hätten sich die Westfalen einen ordentlichen Punktespeck angefressen. Schließlich fand das Gipfeltreffen seinerzeit erst am 28. Spieltag statt wie nun am 26. Spieltag statt.

Dass die Bayern das Spiel gewannen, war das eine - das "Wie" das andere. 5:0!

Doch wie kam es eigentlich dazu, dass der kicker in seiner folgenden Montagsausgabe für den Bayern-Auftritt die Adjektive "leidenschaftlich , beharrlich, meisterlich" in der Überschrift wählte. Und für den BVB "ängstlich, zögerlich, jämmerlich"?

Spielbericht von 2018/19

In erster Linie deswegen, weil Bayern-Coach Niko Kovac die richtigen Entscheidungen traf - und Favre viele falsche. Kovac war nach dem Achtelfinal-Aus in der Champions League gegen Liverpool, einem 1:1 in Freiburg und dem Zittersieg im Pokal gegen Heidenheim (5:4) unter Druck gestanden. Er stabilisierte gegen den BVB mit Javi Martinez das Mittelfeld, zudem setzte er auf Thomas Müller anstelle von James, um das Tempo und die Beweglichkeit der Offensive zu steigern.

Profiteur war Robert Lewandowski, der zwei der fünf Tore gegen seinen Ex-Klub erzielte. Der Pole schwärmte danach von "perfekten 45 Minuten", die erste Halbzeit war für ihn "die beste in dieser Saison". Zu diesem Zeitpunkt stand es bereits nach Toren von Mats Hummels, Lewandowski, Martinez und Serge Gnabry 4:0.

Die Bayern wirbelten also. Doch sie trafen auch auf einen dankbaren Gegner, der - das darf man nicht vergessen - ja sogar beinahe in Führung gegangen wäre. Mahmoud Dahoud scheiterte in der 6. Minute am Pfosten, Manuel Neuer (erstes Spiel nach Verletzungspause) wäre chancenlos gewesen. Dass Dahoud neben Dan-Axel Zagadou dennoch als einziger Spieler die kicker-Note 6 kassierte, ist auch so eine Geschichte dieses einseitigen Gipfeltreffens. Der Mittelfeldspieler, der noch beim 3:2-Sieg des BVB im Hinspiel nach seiner Einwechslung voll überzeugt hatte, verabschiedete sich nach seiner Chance aus der Partie. 

Reus in ungeliebter Rolle

Favre begründete seine Aufstellung mit der Aussage, er habe Geschwindigkeit erzeugen wollen mit Spielern, "die in die Tiefe laufen können". Auf den verletzten Torjäger Paco Alcacer hatte er verzichten müssen. Doch Favre beorderte nicht den formstabilen Mario Götze in die Spitze, sondern Marco Reus - eine Position, die der Offensivspieler auch laut eigener Aussage nicht gerade wertschätzt.

Eingespielte Abläufe gingen dadurch verloren, von Dahoud, Thomas Delaney oder Axel Witsel bekam Reus keine Unterstützung. "Es ist leicht zu sagen, dass das keine gute Idee war", sagte Favre hinterher. Frei nach dem Motto: Danach ist man immer schlauer. Dass er auch auf Routinier Lukasz Piszczek (Note 5) nach acht Wochen Pause setzte, war allerdings noch so ein Fehlgriff des Schweizers, den er hätte vorausahnen können.

Wenn du gewinnst, hast du nichts richtig gemacht. Wenn du verlierst, hast du alles falsch gemacht.

Niko Kovac

Unvergessen ist auch noch das spruchreife Statement von Kovac, der seinem Ärger über die Kritik in den Vorwochen Luft machte. "Wenn du gewinnst, hast du nichts richtig gemacht. Wenn du verlierst, hast du alles falsch gemacht", wurde er geradezu philosophisch. Jeder müsse "an sich den Anspruch haben: Das, was ich nicht möchte, dass mir einer antut, tue ich auch keinem anderen an. Das ist das Wort zum Sonntag", sagte er.

Vorschau

Und wie ging es weiter? Die Bayern patzten zwar noch zweimal (1:1 in Nürnberg, 0:0 in Leipzig), doch der BVB leistete sich auch noch zwei Ausrutscher (2:4 gegen Schalke, 2:2 in Bremen). Letztlich fehlte den Dortmundern bei zwei Punkten Abstand eben jener eine Sieg in München für den Titel.

Die siebte Schale in Folge wäre übrigens laut Uli Hoeneß nicht mal Pflicht gewesen. "Selbst wenn wir Zweiter würden, ist das doch kein Desaster", sagte er nach dem Spiel gegen Dortmund. Eine Denkweise, die sich in München allerdings nicht durchsetzen wird, wie man jüngst erfuhr.

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