Bundesliga

Augsburgs neuer Trainer Enrico Maaßen im Porträt

ManUnited und Lok Moskau waren am FCA-Trainer dran

Kreativ, nervig, erfolgreich: So tickt Enrico Maaßen

Ist der 3. Liga entwachsen und nun in der Bundesliga gelandet: Enrico Maaßen.

Ist der 3. Liga entwachsen und nun in der Bundesliga gelandet: Enrico Maaßen. IMAGO/Kirchner-Media

Dass die Zusammenarbeit mit dem BVB in diesem Sommer nach nun zwei Jahren ein Ende nehmen könnte, deutete sich schon an. Nach kicker-Informationen stand Enrico Maaßen zuvor bereits mehrfach in Kontakt mit anderen Klubs aus Deutschland und dem Ausland. Dass dies nicht an die Öffentlichkeit geriet, lag dem Vernehmen nach ganz konkret am 38-jährigen Fußballlehrer. Sein nächstes Umfeld wies er an, dicht zu halten - das sehe sonst komisch aus, werfe kein gutes Licht auf ihn. Eine Episode, die den neuen Trainer des FC Augsburg bestens beschreibt.

Manche Trainer gehen nach dem Training eine Runde Golf spielen, Enno ist da anders. Das kann manchmal anstrengend sein, doch so ist er halt.

BVB- U-23-Manager Ingo Preuß

Einer, der überall schraubt

Maaßen ist penibel, ein Perfektionist. Einer, der überall schraubt - sei es das Geschehen auf dem Rasen oder die Außendarstellung und externe Kommunikation. Wie er in der Öffentlichkeit zitiert wird, segnete er in Dortmund immerzu selbst ab - und regelte die sportlichen Geschäfte auf ähnliche Art und Weise. "Manche Trainer gehen nach dem Training eine Runde Golf spielen, Enno ist da anders. Das kann manchmal anstrengend sein, doch so ist er halt. Und die meisten Ideen, die er hat, die sind auch gut", sagte U-23-Manager Ingo Preuß vor Monaten.

Erst Defensive, dann Offensive - dann Meister

Vom SV Drochtersen/Assel aus der Regionalliga Nord kam Maaßen, diplomierter Sporttherapeut und ausgebildeter Sport- und Fitnesskaufmann, 2018 zum SV Rödinghausen in die Regionalliga West. Dort konnte er dem Trainerdasein im Hauptberuf folgen. Zuvor war das nicht möglich gewesen. Beim SVR stärkte Maaßen erst die Defensive, entwickelte dann die Offensive - und wurde Meister. Weil es der Verein aber unterließ, sich um die Drittliga-Lizenz zu bemühen, zog der Familienvater weiter. Er hatte seinen Job erfüllt.

Also suchte er seine nächste Herausforderung bei Borussia Dortmund, seinem seit Kindheitstagen liebsten Klub, der ihm die U-23-Belegschaft anvertraute mit all den jungen Spielern, die er sortieren, positionieren und einnorden musste für das große Ziel Drittliga-Aufstieg. Seinem Team bläute er vielerlei Lehrinhalte ein - und stabilisierte die zuvor schlingernde Mannschaft. Mit seiner 3-4-1-2- oder 3-4-3-Anordnung verdichtete er die Mitte, wollte den Abwehrdienst als Gemeinschaftsarbeit verrichtet und Konterfußball wie auch lockende, in Ruhe vorgetragene Sturmläufe sehen.

Attraktiver Fußball mit dem BVB - solange es das Personal zuließ

Das gelang sowohl in der Regionalliga West, die er in seiner Premierensaison mit 93 Punkten als Tabellenerster verließ, als auch in der 3. Liga - seinem ersten Aufschlag im Profifußball. Mit 49 Zählern knackten Maaßen und Co. den internen Drittliga-Punktrekord des BVB und schafften es vor allem in der Hinrunde, als der Personalbestand mehr Möglichkeiten bot, den intensiven und attraktiven Fußball zu spielen, den sich Maaßen wünschte. Intern blieb die Meinung über ihn konstant hoch. Ab und an sei er anstrengend, nervig, ja, aber immer emphatisch, kreativ und um die beste Lösung bemüht.

Mit seiner Dreierkette ganz hinten, dem Fünferblock im Mittelfeld und seinen zwei Spitzen überlud er das Zentrum. Die Außenspieler platzierte er derweil breit - wurden sie gedeckt, blieb Raum im Rücken; war die Mitte zu, bekamen die Schienenspieler Platz. Mit dem passenden Positionsspiel sollte die nötige Dynamik entwickelt werden - diagonal raus aus dem Druck zu spielen, Spieler mit Gesicht zum Tor zu finden, um danach die Tiefe zu attackieren, so stellte es sich Maaßen vor, scheute sich aber gleichfalls nicht vor dem hohen Ball. Allein durchdacht und kreativ sollte es sein.

Starke Talentförderung - siehe Tigges, Knauff und Raschl

Sein Erfolg lässt sich dabei nicht nur auf die hohe Punkteausbeute reduzieren. Steffen Tigges (jetzt BVB-Profi), Ansgar Knauff (Eintracht Frankfurt) und Tobias Raschl (Greuther Fürth) schafften es in die Bundesliga - und sind ebenso als Beispiele für die hervorragende Talentförderung des Trainerteams zu nennen wie auch Taylan Duman (wurde zum Schienenspieler umfunktioniert, jetzt beim 1. FC Nürnberg) oder Lennard Maloney und Richmond Tachie, die es zur kommenden Saison zum 1. FC Heidenheim beziehungsweise SC Paderborn verschlägt.

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Maaßen im Fokus: Lok Moskau, "Co" von Rangnick oder Basel im Angebot

Zwangsläufig stellte sich nach all diesen Positiv-Meldungen die Frage, wie es weitergehen könnte - mit der U 23 war doch alles erreicht. So sah es Maaßen, der darum gern weiterziehen wollte. Die Anfragen und Angebote, die in den vergangenen Monaten auf seinem Tisch eintrudelten, studierte er genau und interessiert. Darunter waren nach jüngsten kicker-Recherchen auch Lokomotive Moskau, der FC Basel und Manchester United, wo Maaßen als Co-Trainer Ralf Rangnick assistieren sollte. Offerten, die darlegen, welch guten Ruf sich dieser Trainer in den vergangenen Jahren erarbeitet hat.

Gemischte Gefühle in Dortmund

Eine große Spielerkarriere konnte er nicht starten, kam als häufig verletzter Mittelfeldstratege nie über die Regionalliga hinaus. Als Fußballlehrer ist er dieser Spielklasse längst entwachsen und schlägt Anfang August gemeinsam mit Assistent Sebastian Block erstmals in der Bundesliga auf. Beim BVB gucken sie darauf mit Stolz und Wehmut - sie hätten ihn sehr gern behalten, wollten Maaßen, der vertraglich eigentlich noch bis 2024 gebunden war, seine große Chance allerdings nicht verbauen.

Leon Elspaß